Körperverletzung? Auf Masernpartys werden gesunde Kinder infiziert
Eine Impfung ist der beste Schutz gegen Masern. Anders als sogenannte Impfpartys – Ärzte halten das sogar für Körperverletzung.

Lange Zeit wurden die Masern nicht als eigenständige Krankheit erkannt. Man verwechselte sie leicht mit anderen Infektionskrankheiten. Der englische Mediziner Thomas Sydenham unterschied im 17. Jahrhundert die Masern erstmals von den Pocken. Ein Jahrhundert später differenzierte man zwischen Masern, Röteln und Scharlach – alles Krankheiten, die von einem roten Hautausschlag begleitet werden. Einen Schutz gab es jedoch weiterhin nicht. Man wusste nur: Wer als Kind einmal an Masern erkrankt war, blieb ein Leben lang immun.
Erste Masernimpfungen
Ein Impfstoff gegen Masern wurde erst 1958 entwickelt. Er ist den US-Forschern John Franklin Enders (1897 - 1985) und Thomas Peebles (1921 - 2010) zu verdanken, die damals an einem Kinderkrankenhaus in Boston arbeiteten. Als an einer Schule der Stadt eine Masernepidemie ausbrach, schickte Enders seinen jüngeren Kollegen vor Ort. Peebles machte Abstriche aus dem Rachen einiger der Kinder und isolierte den Virus. Als er Affen damit infizierte, erkrankten sie prompt. Es gelang ihm schließlich, einen Impfstoff zu entwickeln, der 1963 auf den Markt kam. Schlagartig sank die Zahl der Masernerkrankungen in den USA von einer halben Million auf wenige Fälle im Jahr.
Kombinationsimpfung: Röteln, Masern, Mumps
Heute wird meist ein Kombinationsimpfstoff verwendet, der nicht nur gegen Masern, sondern auch gegen Mumps und Röteln, manchmal zusätzlich noch gegen Windpocken schützt. Nach der ersten Impfung, die für den elften bis 14. Lebensmonat empfohlen wird, sind 95 Prozent der Kinder geschützt. Nach der zweiten Impfung entwickeln 99 Prozent eine lebenslange Immunität. Die Nebenwirkungen der Impfung sind gering. Vorwürfe, die Masernimpfung würde Erkrankungen wie Allergien, Asthma, Diabetes oder Morbus Crohn auslösen, haben sich als haltlos erwiesen.
Der Fall Wakefield
Für Aufsehen sorgte der sogenannte Fall Wakefield. 1998 hatte der britische Arzt Andrew Wakefield in einer Medizinzeitschrift einen Artikel veröffentlicht, in dem er einen Zusammenhang zwischen der Masernimpfung und Autismus bei Kindern herstellte. Darauf gingen in Großbritannien die Impfraten drastisch zurück. Einige Jahre später kam heraus, dass Wakefield von Anwälten bezahlt worden war, die Eltern autistischer Kinder vertraten. Diese wollten den Hersteller des Impfstoffes verklagen. Die Medizinzeitschrift nahm den Artikel wegen unlauterer Methoden zurück, Wakefield bekam Berufsverbot.
Kritik an Masernpartys
In Deutschland gibt es keine Impfpflicht. Etwa 85 Prozent der Bevölkerung sind gegen Masern geimpft, weniger, als den Ärzten lieb ist. Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren zu Masernepidemien, so beispielsweise 2006 vor allem in Baden-Württemberg und Bayern, über 2.300 Menschen erkrankten. Mit Unverständnis reagieren die Ärzte auf die Weigerung mancher Eltern, ihre Kinder impfen zu lassen. Heftig kritisieren sie die Unsitte sogenannter Masernpartys. Dabei lassen Eltern bewusst gesunde mit kranken Kindern zusammenkommen. Die gesunden Kinder sollen sich auf diese Weise mit Masern anstecken und immunisieren. Die meisten Ärzte halten dies nicht nur für unverantwortlich, sondern sogar für eine regelrechte Körperverletzung.