Können überstandene Erkältungen ein Schutz gegen Corona sein?

Bei Patienten, die noch nie an Corona erkrankt waren, wurden jetzt Immunzellen gegen das Virus gefunden. Ein Grund könnten überstandene Erkältungen sein.

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Der Körper entwickelt mit jeder überstandenen Erkältung Immunzellen gegen die Viren, mit denen er konfrontiert wurde. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik (MPIMG) stellten jetzt fest, dass einige dieser Zellen mit dem Coronavirus reagieren, obwohl die Probanden noch nie damit in Kontakt waren.

Wie entsteht eine Immunität gegen Corona?

Patienten, die mit dem Coronavirus infiziert waren, bilden im Körper T- oder auch "Killer"zellen. Diese speichern die Merkmale des Virus während einer Corona-Infektion. Kommt der Körper erneut mit den Viren in Kontakt, erkennen die Zellen das Virus und leiten eine Immunantwort ein.

In einer Studie des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik (MPIMG) wurden die Immunzellen gesunder Probanden mit dem Sars-CoV-2-Virus konfrontiert. Ein Drittel der untersuchten Gruppe reagierte auf das Virus mit einer Immunabwehr – obwohl sie noch nie mit Sars-CoV-2 in Kontakt waren. Eine solche Kreuzaktivität von Zellen könnte, laut der Wissenschaftler, ein Schlüssel im Kampf gegen die Verbreitung des Coronavirus sein.

Wie können kreuzaktive Zellen vor Corona schützen?

Für die Studie wurden Immunzellen von 18 COVID-19-Patienten entnommen sowie von 68 Probanden, die nachweislich noch nie mit dem Virus in Kontakt gekommen sind. Ein künstlich hergestelltes Sars-Cov-2 Spike-Protein wurde an die Zellen angedockt. Während die T-Zellen der COVID-19-Patienten die gesamte Länge des Proteins erkannten und die Immunzellen entsprechend aktiviert wurden, reagierten immerhin 35% der gesunden Zellen auf Teilabschnitte des Proteins.

Diese Abschnitte ähneln harmloseren Erkältungsviren. Eine Eigenschaft der T-Zellen ist es, dass sie nicht nur von dem exakt passenden, sondern auch ausreichend ähnlichen Erregern aktiviert werden. Sie agieren kreuzaktiv. Die Immunzellen der gesunden Probanden reagieren also auf die Coronaviren, weil sie in der Vergangenheit mit heimischen Erkältungsviren in Kontakt gekommen waren.  

Leif Erik Sander, leitender Autor der Studie, erklärte jetzt: "Grundsätzlich ist vorstellbar, dass kreuzreaktive T-Helferzellen eine schützende Wirkung haben, indem sie zum Beispiel dazu beitragen, dass der Körper schneller Antikörper gegen das neuartige Virus bildet. In diesem Fall würden kürzlich durchgemachte Erkältungen die Symptome von COVID-19 vermutlich abschwächen."

Sind auch negative Folgen der kreuzaktiven Immunzellen möglich?

"Es ist jedoch auch möglich, dass eine kreuzreaktive Immunität zu einer fehlgeleiteten Immunantwort führt - mit negativen Auswirkungen auf den Verlauf von COVID-19. Eine solche Situation kennen wir zum Beispiel beim Dengue-Virus", berichtet Studienleiter Sander. Das Dengue-Fieber ist eine infektiöse Tropenerkrankung, die durch Arboviren der Gattung Flavivirus hervorgerufen wird. Sie kann durch fehlgeleitete Immunantworten deutlich schwerer verlaufen als bei Patienten, die diese Kreuzreaktion nicht zeigen.

Die Wissenschaftler forschen mit Hochdruck an der Immunität durch kreuzaktive Zellen. Hierfür werden jetzt in einer neuen Studie Menschen untersucht, die häufig mit Erkältungen zu kämpfen und diesen Viren besonders stark ausgesetzt sind. Dazu gehören Mitarbeiter von Kinderarztpraxen sowie Mitarbeiter von Pflegeheimen. Ihr Blut wird dabei sowohl auf Antikörper gegen das Virus getestet als auch auf die Reaktivität der T-Zellen.