Inkontinenz ist heilbar

Zitrusfrüchte gegen Inkontinenz
Um Inkontinenz abzuschwächen, können Zitrusfrüchte helfen. Sie wirken harntreibend, trainieren so den Blasenmuskel. In Orangen steckt zum Beispiel das Provitamin A, das die Schleimhaut der Blasenwand stabilisiert Foto: Fotolia

Unkontrollierter Harnverlust belastet Betroffene enorm. Die gute Nachricht: Mittlerweile hat die Medizin sehr große Fortschritte gemacht. Erfahren Sie hier die aktuellen Therapie-Optionen gegen Inkontinenz.

Rund neun Millionen Menschen leiden in Deutschland an Harninkontinenz – und die Dunkelziffer ist hoch: Jeder Dritte spricht das Problem nicht einmal seinem Arzt gegenüber an. Dabei kann ein erfahrener Mediziner helfen. Er kann Ausmaß, Anlass und Begleitumstände des unkontrollierten Harnverlustes richtig einordnen und eine geeignete Therapie festlegen. Grundlage dafür sind spezielle Diagnoseverfahren wie etwa die Messung des Blasendrucks.

Inkontinenz zuerst konservativ behandeln

Neben den sogenannten konservativen Therapien wie Medikamenten, die hemmend auf die Harnblase wirken, und Krankengymnastik mit Übungen zur Stärkung des Beckenbodens, werden zunehmend auch Operationen genutzt. Inzwischen stehen über 300 verschiedene Verfahren zur Verfügung, so Professor Dr. Heinz Kölbl aus Mainz. Er rät allerdings erst zu einer OP, wenn die konservative Behandlung fehlschlägt. Auch mahnt der Experte zur Vorsicht: „Die optimale OP-Methode gibt es nicht. Wichtig ist es, eine genau auf den Patienten abgestimmte Therapie zu finden." Im Zweifelsfall sollte deshalb ein Spezialist für Harnwegserkrankungen vor der Operation zurate gezogen werden.

Zwei Hauptursachen für Inkontinenz

Schuld an einer Harninkontinenz können vor allem zwei ganz unterschiedliche Erkrankungen der Harnblase sein: Bei der sogenannten Belastungsinkontinenz ist die Beckenbodenmuskulatur geschwächt.

Bei einer Dranginkontinenz hingegen ist die Harnblase überaktiv – dies lässt sich in den meisten Fällen mit Medikamenten behandeln, sagt Professor Kölbl. Ist diese Therapie erfolglos, kommt eine OP in Betracht.

Schrittmacher für die Blase

Eine Methode ist die Neuromodulation – eine schmerzfreie elektrische Stimulierung der Blase und der Nerven am Schließmuskel. Dazu werden nach einer siebentägigen Testphase dauerhaft dünne Kabel an die Nerven im Steißbein-Bereich implantiert. Zusätzlich wird auch ein Blasenschrittmacher eingesetzt. Per Fernbedienung können so die Patienten das Wasserlassen gezielt auslösen.

Minimalinvasives Einsetzten eines „Inkontinenzbändchens“

Bei einer Beckenboden-Schwäche können sogar schon sehr kleine Eingriffe das Problem lösen. Es sind meist nur kleine Schnitte am Unterbauch nötig. Wenn nötig, dann können Operationen auch dirket über die Scheide durchgeführt werden. Zu den minimalinvasiven Methoden zählt die Einführung von Netzbandschlingen, auch Kontinenzbändchen genannt. Sie werden um die Harnröhre gelegt und verhindern, dass diese unter Belastung absinkt. „In neun von zehn Fällen führt das zu einer Heilung der Inkontinenz", weiß Professor Heinz Kölbl. Ein längerer Krankenhausaufenthalt ist so heutzutage nur noch in den wenigsten Fällen nötig.

Botox für den Blasen-Muskel

Ohne Skalpell kommt eine Behandlung aus, die aus der Schönheitschirurgie stammt: Botulinum Toxin A, besser bekannt als Botox. Stark verdünnt wird es mit einer feinen Nadel in den Blasenmuskel gespritzt. Binnen kurzer Zeit beruhigt Botox den Muskel und lindert so die Beschwerden. Mediziner loben die lange Wirksamkeit und einfache Handhabung des Mittels.

Botox ist nur eine der vielen unterschiedlichen Therapien, die in den vergangenen Jahren dazu beigetragen haben, dass Inkontinenz heute in den meisten Fällen heilbar ist.

Das können Sie für Ihre Blase tun

Obst essen

Frauen mit einer Reizblase müssen ständig zur Toilette. Da helfen Zitrusfrüchte: Sie wirken harntreibend, trainieren so den Blasenmuskel. In Orangen steckt das Provitamin A, das die Schleimhaut der Blasenwand stabilisiert.

Körperpflege wichtig bei Blasenschwäche

Hauterkrankungen sind eine häufige Folge der Blasenschwäche. Waschen Sie Urin, der auf die Haut gelangt, rasch ab. Dazu eignen sich klares Wasser oder sanfte Waschlösungen. Seife ist zu aggressiv. Trocknen Sie die Haut vollständig ab. Die richtige Pflege schützt auch vor Blaseninfekten.

Beckenbodentraining stärkt Blase

Einmal erlernt, können Sie diese spezielle Krankengymnastik leicht allein zu Hause durchführen. Gezielte Übungen stärken die Muskeln rund um die Blase. Fragen Sie Ihre Krankenkasse nach einem Kurs.

Viel trinken für starken Harndarng

Viele Betroffene versuchen ihrer Blasenschwäche zu begegnen, indem sie weniger trinken. Doch das ist genau der falsche Weg. Denn konzentrierter Urin verstärkt das Gefühl des Harndrangs. Der Toilettengang wird bei zu wenig Flüssigkeit hinausgeschoben und die Gefahr von Blasenentzündungen steigt. Trinken Sie 1,5 bis 2 Liter pro Tag. Am besten Wasser oder Früchtetee.

Kontrollverlust der Blase beim lachen
Betroffene verlieren beim Husten, Lachen oder Heben die Kontrolle über Ihre Blase Foto: Fotolia

Wenn der Beckenboden überlastet ist

Bei der sogenannten Belastungsinkontinenz ist die eigentliche Funktion der Blase vollkommen in Ordnung. Das Problem liegt im Übergang zur Harnröhre. Der dort liegende Verschlussmechanismus kann im Laufe des Lebens Schaden nehmen: durch Geburten, eine Gebärmuttersenkung, Hormonmangel in den Wechseljahren oder ganz allgemein eine Beckenbodenschwäche. In den meisten Fällen hilft hier schon eine gezielte Beckenboden-Gymnastik, um die Muskeln zu stärken.