Inkontinenz beim Mann: Diese Ursache steckt meistens dahinter

Inkontinenz beim Mann ist für die Betroffenen oder pflegende Angehörige häufig sehr belastend – es gibt aber glücklicherweise gute Behandlungsmethoden. In den meisten Fällen ist die Inkontinenz auf eine bestimmte Ursache zurückzuführen.

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Inkontinenz beim Mann tritt im Alter gehäuft auf, meist steckt dann eine bestimmte Ursache dahinter. Das Problem kann aber auch schon in jungen Jahren entstehen – dann hat es meist andere Auslöser.

Ein alter Mann fasst sich an den Unterleib
Inkontinenz bei Männern kann mit schmerzhaften Blasenkrämpfen einhergehen Foto: iStock/RealPeopleGroup

Urin nicht halten können: Beim Mann häufig eine Alterserscheinung

Unter älteren Männern ist Inkontinenz weiter verbreitet als viele denken – Schätzungen zufolge leidet etwa jeder zehnte Mann über 65 daran. Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein, da das Thema für viele schambehaftet ist und die Betroffenen trotz Beschwerden den Arztbesuch häufig scheuen.

Inkontinenz beim Mann: Symptome

Die Inkontinenz beim Mann geht mit typischen Symptomen einher, die sich aber je nach Form der Erkrankung unterscheiden können. Gemeinsam haben alle Varianten den unwillkürlichen Urinverlust. Folgende Inkontinenzformen können auftreten:

  • Dranginkontinenz: Bei der Dranginkontinenz kommt es überfallsartig zu einem heftigen Harndrang, der so stark ist, dass die betroffenen Männer den Urin nicht mehr halten können und es nicht rechtzeitig bis zur Toilette schaffen. Weitere Symptome sind häufiger (nächtlicher) Harndrang, schmerzhafte Blasenkrämpfe, sowie das Gefühl einer unvollständigen Blasenentleerung.

  • Belastungsinkontinenz: Bei dieser Art der Inkontinenz kommt es zu Urinverlust durch Belastung, beispielsweise beim Lachen, Niesen oder Heben schwerer Gegenstände. Häufig geht dabei nur wenig Urin ab.

  • Mischinkontinenz: Kommen Symptome von sowohl Dranginkontinenz als auch Belastungsinkontinenz zusammen, sprechen Mediziner:innen von einer sogenannten Mischinkontinenz. Die betroffenen Männer leiden dann sowohl an häufigem und heftigem Harndrang als auch an Urinverlust bei körperlicher Belastung.

  • Überlaufinkontinenz: Bei dieser Form der Inkontinenz kommt es zum Tröpfeln von Urin bei einer übervollen Blase. Wenn das Tröpfeln kontinuierlich stattfindet, kann insgesamt eine recht große Urinmenge zusammenkommen.

  • Funktionale Inkontinenz: Damit ist eine Form der Inkontinenz gemeint, die nicht direkt mit der Unfähigkeit zusammenhängt, die Blasenentleerung zu kontrollieren. Beispielsweise kann sie bei dementen Personen auftreten, die etwa das Badezimmer nicht mehr finden oder keine Notwendigkeit mehr sehen, für den Harnabgang die Toilette aufzusuchen.

Inkontinenz bei Männern: Die häufigste Ursache

In den meisten Fällen ist Inkontinenz bei Männern auf eine Prostatavergrößerung zurückzuführen. Das ist auch der Grund dafür, dass das Problem vermehrt im höheren Alter auftritt. Denn die sogenannte Vorsteherdrüse wächst ein Leben lang und hat im Alter häufig eine solche Größe erreicht, dass sie dauerhaft auf die Blase drückt und schon bei einer geringen Füllmenge des Organs das Signal zur Entleerung gibt. Dies kann so plötzlich geschehen, dass die betroffenen Männer es nicht mehr rechtzeitig bis zur Toilette schaffen (Dranginkontinenz).

Zusätzlich kann die vergrößerte Prostata auf die Harnröhre drücken und die Blasenentleerung so erschweren. In der Blase verbleibt dann Resturin, der sich durch ständiges Tröpfeln seinen Weg nach draußen bahnt (Überlaufinkontinenz).

Inkontinenz beim Mann: Weitere Ursachen

Folgende Ursachen können außerdem hinter einer Inkontinenz beim Mann stecken:

  • Schwäche des Blasenschließmuskel oder des Beckenbodens: Sowohl der Blasenschließmuskel auch der Beckenboden sind dafür verantwortlich, die Blase zu stützen und beispielsweise beim Niesen, Lachen und Heben zuverlässig „abzudichten“. Zu wenig Kraft in diesen Muskeln kann darum zu einer Inkontinenz führen.

  • Überaktive oder unteraktive Muskulatur der Blasenwand: Ist die Blasenwandmuskulatur überaktiv, führt das zu ständigem Harndrang und Dranginkontinenz – eine unteraktive Blasenwandmuskulatur führt dagegen dazu, dass die Blase nicht richtig entleert werden kann und es zu Urintröpfeln durch „Überlaufen“ des Organs kommt.

  • Neurogene Blasenstörungen: In diesen Fällen wird die Inkontinenz durch Nervenschädigungen verursacht. Der Auslöser sind dann Erkrankungen wie etwa ein Schlaganfall, ein unzureichend behandelter Diabetes, Parkinson, Querschnittlähmung, Multiple Sklerose, Demenz oder Gehirnverletzungen.

  • Erhöhung der Harnmenge: Durch eine Diabeteserkrankung oder beispielsweise die Einnahme von entwässernden Medikamenten (Diuretika) sowie einen erhöhten Alkohol oder Koffeinkonsum kann sich die Urinmenge erhöhen und eine in der Regel vorübergehende Inkontinenz auslösen.

  • Inkontinenz nach OP: Eine sogenannte radikale Prostatektomie, also die Entfernung der Prostata zur Krebsbehandlung, kann eine Belastungsinkontinenz bei dem Patienten nach sich ziehen. Das Risiko für diese OP-Folge hängt unter anderem von der Erfahrung des Chirurgen oder der Chirurgin, vom Operationsverfahren und vom Alter des Patienten (über 70-Jährige sind deutlich gefährdeter als unter 50-Jährige) ab – ebenso wie von bereits zuvor bestehenden Blasenentleerungsstörungen. Besonders häufig ist die Inkontinenz direkt nach der Katheterentfernung bei dem betroffenen Mann – in vielen Fällen dauert diese aber nur wenige Wochen bis Monate an.

Inkontinenz bei Männern nachts: Was steckt dahinter?

Starke Inkontinenz nachts bei Männern tritt häufig im Zusammenhang mit einer Dranginkontinenz auf. Das nächtliche Einnässen (Enuresis Nocturna) hat häufig die gleichen Ursachen wie Inkontinenz am Tag, also etwa eine Prostatavergrößerung, eine überaktive Blase oder eine Beckenbodenschwäche. Zusätzlich gibt es aber folgende Risikofaktoren:

  • Extrem tiefer Schlaf

  • Genetische Veranlagung

  • Hemmung des sogenannten antidiuretischen Hormons (ADH) – dieses sorgt nachts normalerweise dafür, dass die Urinproduktion gedrosselt wird

  • Psychische Belastungen wie Stress oder Traumata

Zusätzlich kann nächtliche Inkontinenz bei Männern auch am Alkohol liegen. Zwei Faktoren begünstigen das nächtliche Einnässen bei einem hohen Alkoholkonsum: Erstens wirkt der Alkohol stark harntreibend und zweitens ist der Schlaf im alkoholisierten Zustand unnatürlich tief, sodass der Harndrang unter Umständen nicht bemerkt wird.

Schwache Blase beim Mann in jüngeren Jahren

Eine schwache Blase oder Inkontinenz kommt bei Männern auch schon in jüngeren Jahren vor, wenn auch deutlich seltener. Die Ursache ist dann in der Regel keine Prostatavergrößerung – stattdessen können beispielsweise Auslöser wie eine Prostataentzündung oder neurologische Erkrankungen dahinterstecken. Ein Arztbesuch ist in jedem Fall angeraten.

Mittel gegen Inkontinenz bei Männern

In einigen Fällen werden Medikamente zur Behandlung der Inkontinenz bei Männern eingesetzt, meist ergänzend zu anderen Maßnahmen. Je nach Ursache kommen beispielsweise Mittel in Frage, die etwa die Blasenwand entspannen oder die Spannkraft des Blasenschließmuskels erhöhen.

Inkontinenz beim Mann: Gibt es Hausmittel?

Wirkliche Hausmittel gegen Inkontinenz beim Mann gibt es nicht – aber einige Verhaltenstipps und Übungen können zur Linderung der Symptome beitragen:

  • Beckenbodentraining: Insbesondere bei einer Belastungsinkontinenz kann Beckenbodentraining beim Mann eine Verbesserung herbeiführen. Dazu wird der Beckenboden zunächst für etwa ein bis zwei Sekunden angespannt und für zehn Sekunden wieder entspannt (beim Ausatmen anspannen, beim Einatmen entspannen) – davon werden dann dreimal täglich jeweils zehn Wiederholungen durchgeführt. Später können die Patienten die Dauer der Muskelanspannung auf zehn Sekunden erhöhen. Dazu können sie sich mit angewinkelten Beinen in Rückenlage auf den Boden legen und beim Anspannen des Beckenbodens versuchen, den Penis in Richtung des Bauchnabels zu ziehen. Damit die Übungen korrekt ausgeführt werden, kann es sinnvoll sein, sie sich zuvor von einem Physiotherapeuten oder einer Physiotherapeutin zeigen zu lassen, der oder die in diesem Gebiet spezialisiert ist. Eine Alternative zum „herkömmlichen“ Beckenbodentraining sind sogenannte Biofeedback-Verfahren, bei denen die Beckenbodenmuskeln durch elektrische Stromimpulse aktiviert werden.

  • Blasentraining: Bei diesem Training erstellen Patienten gemeinsam mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin einen Toilettenplan, nachdem sie etwa alle zwei bis drei Stunden auf Toilette gehen und für die Zeiten dazwischen Techniken erlernen, den teils starken Harndrang zu kontrollieren (beispielsweise durch bewusstes Atmen). Das Meiden Stoffen, die die Blase reizen, wie Alkohol oder Koffein kann überdies helfen, die Beschwerden zu lindern.

  • Flüssigkeitsaufnahme zu bestimmten Zeiten: Zwar sollten auch Männer mit Inkontinenz täglich 1,5 bis zwei Liter trinken. In Absprache mit dem oder der behandelnden Mediziner:in kann die Flüssigkeitsaufnahme aber auf bestimmte Zeiten begrenzt werden, die beispielsweise drei bis vier Stunden vor dem Zubettgehen enden.

Künstlicher Schließmuskel für die Blase beim Mann

In schweren Fällen und wenn keine andere Maßnahme Wirkung zeigt, kann eine Inkontinenz-OP bei betroffenen Männern infrage kommen. Eine Variante ist dabei der künstliche Schließmuskel (Sphinkter) für die Blase. Dieser besteht aus drei Komponenten: einer Manschette, einer kleinen Pumpe und einem Flüssigkeitsreservoir. Die Manschette wird um die Harnröhre gelegt. Sie ist mit Flüssigkeit gefüllt, sodass sie sich ausdehnt und die Harnröhre verschließt. Die kleine Pumpe wird in den Hodensack eingesetzt, das Flüssigkeitsreservoir im Bauchraum neben die Blase.

Nach dem Eingriff kann der Patient seine Blasenentleerung manuell kontrollieren: Dazu betätigt er die Pumpe im Hodensack. Daraufhin leert sich die Manschette und die Flüssigkeit darin fließt in das Reservoir. Nun ist die Harnröhre nicht mehr eingeengt und der Urin kann fließen. Anschließend füllt sich die Manschette automatisch wieder mit Flüssigkeit und die Blase ist wieder „verschlossen“.

Zudem gibt es verschiedene weitere minimalinvasive OP-Varianten, bei denen die Harnröhre zusammengedrückt oder stabilisiert wird – welches Verfahren im einzelnen Fall in Frage kommt, müssen Patient und Mediziner:in immer gemeinsam entscheiden.

Inkontinenz beim Mann: Hilfsmittel

Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die bei Inkontinenz Männern das Leben erleichtern können. Unter anderem folgende Inkontinenzprodukte für Männer sind auf dem Markt:

Inkontinenz-Einlagen für den Mann: Es gibt spezielle Inkontinenz-Vorlagen, die den Urin auffangen und für verschiedene Schweregrade der Inkontinenz erhältlich sind.

Windelhosen für Männer: Eine Alternative sind Windelpants, die anstelle von Unterwäsche getragen werden. Auch sie sind in verschiedenen Saugstärken erhältlich.

Eine Blasenschwäche sollten Männer immer abklären lassen

Wichtig ist es bei einer Inkontinenz oder Blasenschwäche bei Männern immer, die Ursache ärztlich abklären zu lassen. In den meisten Fällen ist eine wirksame Behandlung möglich und die Lebensqualität der Patienten kann schnell wieder gesteigert werden. Zudem kann den Betroffenen vielleicht das Wissen helfen, dass Inkontinenz beim Mann keine Seltenheit ist – viele Männer leiden daran, besonders im höheren Alter.

Quellen:

Harninkontinenz beim Mann, in: klinikum.uni-muenchen.de

Harninkontinenz bei Erwachsenen, in: msdmanuals.com

Neurogene Blasenstörungen, in: kontinenzzentrum.ch

Beckenbodentraining für Männer - Übungen und Tipps, in: prostata-hilfe-deutschland.de