Impf-Nebenwirkungen: Gibt es doch mehr als bekannt?
Eine Krankenkasse behauptet, dass es deutlich mehr Impf-Nebenwirkungen bei den Corona-Vakzinen gibt als bisher bekannt ist. Damit hat sie eine große Diskussion ausgelöst. Was ist dran an dieser Äußerung? Und was sagen andere Expert:innen?
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Medienberichten zufolge könnte es sein, dass die Zahl von Impf-Nebenwirkungen sehr viel höher liegt, als bisherige Daten es vermuten lassen. Eine Krankenkasse beklagt jetzt einen dramatischen Unterschied zu den offiziellen Zahlen des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI).
BBK Provita: Deutlich mehr Impf-Nebenwirkungen
In einem Interview mit der Welt hat der Vorstand der BBK Provita, Andreas Schöfbeck, eine deutliche Untererfassung der Zahlen beklagt. Demnach hat die Krankenkasse Abrechnungsdaten analysiert und festgestellt, dass die Zahl der Nebenwirkungen bei Corona-Impfungen wesentlich höher liegt als bisher vom PEI gemeldet.
So seien in den ersten 7 Monaten des Jahres 2021 von den 10,9 Millionen Versicherten der Betriebskrankenkassen 216.695 Personen wegen Impf-Nebenwirkungen behandelt worden. Das PEI hatte im ganzen Jahr hingegen nur 244.576 Meldungen von Nebenwirkungen bei 61,4 Millionen Geimpften registriert. Schöfbeck fordert, dass die offiziellen Zahlen „dringend plausibilisiert werden“ müssten.
BBK-Daten werfen Fragen auf
Bei den ausgewerteten Daten handelt es sich um ärztlich abgeklärte Fälle. Wie schwer – und damit meldepflichtig – oder leicht diese waren, ist allerdings unklar, genau wie die zeitliche Dauer der Probleme. Auch geht aus den Daten nicht hervor, ob wirklich die Impfung zu den Symptomen geführt hat.
Das PEI hat die Daten nicht vorliegen und kann zu den Vorwürfen daher noch keine Stellung nehmen. Es erklärte aber, dass Abrechnungsdaten nicht mit Nebenwirkungen gleichzusetzen seien.
„Schwurbelei“: Expert:innen kritisieren Vorwurf
Der Dachverband der Betriebskrankenkassen distanziert sich unterdessen von der Auswertung der BBK Provita, da die BBK-Daten nicht wie gemeldet vom ihm stammten. „Um unnötige Verunsicherungen zu vermeiden, ist es wichtig, dass Aussagen grundsätzlich auf der Basis valider Daten gemacht werden,“ erklärte der Verband.
Der Virchowbund als Vertretung der niedergelassenen Ärzt:innen hat die Darstellung der Krankenkasse unterdessen als „Schwurbelei“ bezeichnet und ihr „peinliches Unwissen oder hinterlistige Täuschungsabsicht“ vorgeworfen. Die Schlussfolgerungen aus der Datenlage sei „kompletter Unfug“, weil es die ärztliche Diagnose-Codierung und die Meldung an das PEI und damit zwei völlig unterschiedliche Bereiche vermische. Offenbar wolle man vor allem Werbung in der impfkritischen Klientel machen, vermutet Dirk Heinrich, Vorsitzender des Virchowbundes.
PEI will Impf-Nebenwirkungen besser analysieren
Das PEI nimmt den Vorwurf der BKK dennoch als Warnung und hat eine Studie angekündigt, die die offiziellen Impfquoten mit den Daten der Krankenkassen verbindet. Der BBK-Dachverband begrüßt diesen Plan, der die Diskussion versachlichen könne. Denn die Gefahr des Underreportings ist durchaus gegeben, wie Expert:innen bestätigen.
So erklärte Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin gegenüber FOCUS Online, dass die Erfassungssysteme von Impfkomplikationen nicht auf epidemiologischen (d. h. bevölkerungsbezogenen) Studien, sondern lediglich auf Einzel-Beobachtungen beruhten – eine genaue Abschätzung der Häufigkeit von Impfkomplikationen sei damit kaum möglich.
Auch wenn sich die Zahlen der BBK Provita nicht bestätigen sollten, fehlen also offenbar noch viele Daten. Sie sind nötig, um die Impfkampagne und auch folgenschwere Impf-Nebenwirkungen wirklich beurteilen zu können.
Quellen:
Ärger um Kassenaussagen zu Impfnebenwirkungen in: aerzteblatt.de
Mehr Impf-Nebenwirkungen als bisher bekannt in: welt.de
Mehr Impf-Nebenwirkungen als bekannt? Krankenkassen-Daten sorgen für Diskussionen in: focus.de