Hypnose in der Medizin

Tiefenentspannung während der klinischen Hypnose
Eine Hypnose ist der tiefste Entspannungspunkt, den wir überhaupt erreichen können Foto: Fotolia

Bei Hypnose denken viele zuerst skeptisch an Zirkusshows. Doch immer mehr Ärzte behandeln so ihre Patienten. Mit großem Erfolg.

Viele kommen damit endlich vom Rauchen los. Andere trauen sich nach Jahren wieder zum Zahnarzt. Und neuerdings bieten etliche Kliniken Geburten unter Hypnose an. Völlig verschiedene Gebiete – eine Lösung. Das hört sich nach einem Wundermittel an. Und in gewisser Weise ist die klinische Hypnose wirklich eines. Denn sie hat sich bei so vielen Beschwerden bewährt, dass man staunt. Mit Zirkus-Hypnose hat das alles wenig zu tun: Dahinter steckt eine wissenschaftlich anerkannte, absolut seriöse Therapieform.

Wo Hypnose zum Einsatz kommt

Die klinische Hypnose ist ein psychotherapeutisches Verfahren, das Zugang zum Unterbewusstsein schafft. Sie hilft so, Phobien, Zwangsstörungen oder Suchterkrankungen zu heilen. Essstörungen, Ängste und Traumata gehören ebenfalls zu den klassischen Einsatzgebieten. Dank Hypnose haben bereits viele Menschen Gewicht reduziert oder sind ohne Quälerei zum Nichtraucher geworden. Warum? Weil sie es uns erleichtert, von alten Gewohnheiten loszukommen und neue anzunehmen. Da sich unter Trance Körperfunktionen verändern – Herzschlag und Atmung werden ruhiger, die Schmerzverarbeitung wird beeinflusst – ist sie eine ideale medizinische Begleitmaßnahme, etwa während Operationen. Zahnmedizinische Eingriffe oder auch Darmspiegelungen können zeitsparender durchgeführt und Narkosemittel gespart werden. Entspannung und Schmerzlinderung sind die Zauberworte für Geburten unter Hypnose. Schwangere werden von Psychologinnen in die Selbsthypnose eingewiesen, können sich dann während des Geburtsvorgangs besser entspannen.

Auch Beschwerden, die vom autonomen Nervensystem beeinflusst werden, lassen sich häufig erfolgreich therapieren – wie etwa Neurodermitis, Psoriasis, Migräne oder Allergien.

Nils Reineking, Mentaltrainer und Geschäftsführer von Carlo Faraday
Nils Reineking, Mentaltrainer und Geschäftsführer der Carlo Faraday Mental Training GmbH in Bremen, bietet Einzel- und Gruppenseminare in über 18 Standorten deutschlandweit an Foto: privat

Wie eine Sitzung abläuft

Den Beginn macht ein eingehendes Vorgespräch. Dabei wird ergründet, was genau vorliegt und welche Bedürfnisse z.B. durch das Rauchen oder Essen gestillt werden. Und es wird ausgelotet, welche Technik greift, um die Aufmerksamkeit nach innen zu lenken: Die Konzentration auf innere Bilder oder auf bestimmte Körperteile leiten die Trance ein. Ist das Tor zum Unterbewusstsein geöffnet, beginnt der Therapeut mit Suggestionen. „Es geht dann um den kontrollierten Austausch von Verhaltensweisen. Das bedeutet, dass wir beispielsweise das Essen oder Rauchen im unbewussten Nachdenken während der Hypnose durch etwas anderes ersetzen. Das kann zum Beispiel Sport sein oder das Lesen eines Buchs. Es geht darum, die Aufmerksamkeit umzulenken. So schafft man es dann auch, die Sucht loszuwerden, ohne etwas zu vermissen. Ängste weichen einem Wohlgefühl,“ so Nils Reineking, Mentaltrainer und Geschäftsführer von CARLO FARADAY. Beispiel Rauchentwöhnung: Die Teilnehmer von Rauchentwöhnungsseminaren sind häufig Kunden, die zuvor erfolglos an anderen Seminaren teilgenommen haben oder es nicht geschafft haben, trotz zahlreicher Hilfsmittel mit dem Rauchen aufzuhören. „Meine Kunden sollen nach meiner Hypnose nicht ständig das Gefühl haben, einen Kampf mit sich selbst führen zu müssen“, betont der Mentaltrainer. Vielmehr sollen die Seminarteilnehmer durch kommunikative Prozesse und mithilfe der klinischen Hypnose ihre mentale Stärke trainieren und ihren persönlichen Weg finden. Wichtig ist, die Ursachen zu erkennen und auszuschalten. Etwa zu erklären, warum jemand raucht. Warum Essattacken kommen. Nicht selten geht es dabei um Stressverarbeitung. Neue Verhaltensstrategien und Sichtweisen können dabei helfen, das Problem zu bewältigen. Zum Schluss führt der Arzt den Patienten sanft wieder aus der Trance heraus.

Wie sich Trance anfühlt

Hypnotische Trance ist kein derart außergewöhnlicher Zustand, wie die meisten vermuten. „Es ist der tiefste Entspannungspunkt, den wir überhaupt erreichen können. Währenddessen stehen alle Probleme und Belastungen, aller Stress vollkommen im Hintergrund. Es ist vergleichbar mit dem Dösen auf dem Sofa.“ Man hört die beruhigende Stimme des Therapeuten, ist sehr aufmerksam.

Ist man dem Hypnotiseur vollkommen willenlos ausgeliefert?

„Nein, um Gottes Willen, das wäre ja schlimm. Es gilt auch während der Hypnose die innere ethische Grundeinstellung. Man lässt also nur das zu, was man auch wirklich will", sagt Nils Reineking. Viele Kunden haben Angst, willenlos zu sein oder Dinge preiszugeben, die sie nicht möchten. Aber das passiert bei klinischer Hypnose oder Hypnotherapie nicht. Die Teilnehmer bleiben zu jeder Zeit handlungsfähig und können selbst entscheiden, wann sie die klinische Hypnose beenden möchten. Tatsächlich rühren die Ängste von der Verwechslung mit Showhypnose her, die durchaus gefährlich sein kann. Gefühle, die dabei aufgewühlt werden können, rufen nicht selten psychische Probleme hervor. Im Gegensatz dazu gibt es bei der therapeutischen Hypnose keine Nebenwirkungen.

Ist jeder Mensch hypnotisierbar?

Jeder Mensch ist hypnotisierbar, jedoch sind die Tiefe der erreichten Trance sowie die Schnelligkeit, in der sie erreicht wird, von Mensch zu Mensch unterschiedlich. „Drei wichtige Faktoren, um sich erfolgreich hypnotisieren zu lassen, sind Vertrauen zu einem kompetenten Hypnotiseur, geistige Gesundheit und die Bereitschaft, sich diesem veränderten Bewusstseinszustand zu öffnen.“

Kosten & Infos

Die Carlo-Faraday-Hypnose wird bundesweit an 18 Standorten angeboten. Ein Gruppenseminar kostet 159 Euro. Kostenfreies Info-Telefon: 08 00/118 82 00, www.carlo-faraday.de

Die Kosten für eine Hypnose-Sitzung

Sie liegen bei 80 bis 120 Euro für eine Sitzung von etwa 50 Minuten. Nils Reineking ist überzeugt: „Normalerweise reicht schon eine einzige Sitzung. Der Zustand der Hypnose dauert dabei nur 15 bis 20 Minuten.“ Zahnärztliche Hypnose kostet etwa 80 bis 150 Euro. Krankenkassen zahlen nicht.

Selbsthypnose – geht das?

Und ob! Mit ein bisschen Übung kann sich jeder in Trance versetzen

Zugegeben, es ist nicht einfach. Aber ähnlich wie beim Meditieren ist es vor allem eine Frage der Konzentration – und der Erfahrung. Letztlich sind Hypnosetherapien sogar darauf ausgelegt, den Patienten auch Tipps zum Weitermachen zu Hause an die Hand zu geben. Das gewährleistet möglichst viel Selbstständigkeit und verstärkt die bereits erreichten positiven Effekte. Oft gibt der Therapeut dem Patienten gemeinsam erarbeitete Suggestionssätze mit, etwa auf CD oder einem USB-Stick.