Hyperventilation: Ursachen, Symptome, Behandlung
Hyperventilation, also eine beschleunigte und zugleich vertiefte Atmung, gilt als typische Panikreaktion. Aber stimmt das überhaupt? Und was kann man – akut wie langfristig – dagegen tun?

Hyperventilation setzt sich aus den Begriffen „hyper“ und „ventilation“ zusammen. Es findet also eine übermäßige Belüftung der Lunge statt, hervorgerufen durch eine beschleunigte und zugleich vertiefte Atmung.
Mögliche Ursachen der Hyperventilation
Diese beschleunigte und zugleich vertiefte Atmung tritt beim Menschen natürlich nicht einfach so auf. Mit Blick auf die Ursachen für Hyperventilation müssen zwei Hauptfaktoren unterschieden werden:
- Psychische Auslöser der Hyperventilation
- Physische Auslöser der Hyperventilation
Zu den psychischen Auslösern gehören starke Anspannung, Lampenfieber, Stress, Wut, Panikattacken, Angstzustände, Depressionen – also alles, was die Psyche unter Druck setzt. In diesem Fall spricht man von einem psychogenen Hyperventilatiossyndrom.
Doch nicht immer liegt die Ursache für eine Hyperventilation in der Psyche. Physisch können Krankheiten wie eine Hirnentzündung, ein Hirntumor, Schädel-Hirn-Trauma oder ein Schlaganfall zu Hyperventilation führen.
Auch Störungen des Stoffwechsels (beispielsweise Vergiftungen oder schwere Infekte), bei denen der Körper eine Übersäuerung des Blutes verhindern will, können eine Hyperventilation auslösen.
Was passiert im Körper beim Hyperventilieren?
Während der normalen Atmung sorgt die Lunge für den lebenswichtigen Gasaustausch des Blutes, indem sie frischen Sauerstoff (O2) liefert und das durch Zellatmung entstandene Kohlenstoffdioxid (CO2) wieder abatmet.
Bei der Hyperventilation wird durch das schnelle und tiefe Atmen auf der einen Seite zwar mehr CO2 abgeatmet, auf der anderen Seite allerdings nicht mehr Sauerstoff als im Normalzustand aufgenommen – ganz einfach, weil es bei der normalen Atmung bereits zu einer Sauerstoffsättigung des Blutes von fast 100 Prozent kommt.
In der Folge sinkt der CO2-Wert im Blut, was das Säure-Basen-Gleichgewicht im Körper empfindlich stört. Der pH-Wert des Blutes, der in der Regel 7,4 beträgt, fällt in den alkalischen (basischen) Bereich. Das nennt man „respiratorische Alkalose“. Kommen Menschen im Normalzustand ist diese respiratorische Alkalose, wird die Atmung unbewusst flacher. So schützt sich der Körper vor dem Absinken des CO2-Werts. In der Hyperventilation wird dieser Reflex jedoch unterbunden, sodass der Wert sinkt.
Mögliche Symptome der Hyperventilation
Beim psychogenen Hyperventilatiossyndrom treten folgende Symptome auf:
- Luftnot trotz erhöhter Atemfrequenz
- Schwindel
- Kribbeln in Fingerspitzen, Füßen und Mundbereich
- Zittern
- Herzklopfen oder Herzrasen
- Verstärktes Schwitzen
- Engegefühl in der Brust
- Sehstörungen (Schwarz vor Augen)
- Plötzlicher Reizhusten
Mögliche Folgen der Hyperventilation
Wer schon einmal hyperventiliert hat, kennt die Angst vor einer Ohnmacht als Folge. Tatsächlich kann es durch die schnelle und tiefe Atmung dazu kommen, dass der Betroffene kurzzeitig das Bewusstsein verliert. Allerdings ist das äußerst selten der Fall.
Wesentlich häufiger sind Muskelkrämpfe und Taubheitsgefühle als Symptome und auch als Folge einer Hyperventilation. Diese treten aufgrund des gestörten Säure-Basen-Gleichgewichts im Körper auf: Während der Sauerstoffgehalt im Blut durch das schnelle und tiefe Atmen gleich (gut) bleibt, sinkt der Kohlenstoffdioxidgehalt (CO2) ab und der pH-Wert verschiebt sich hin zum Alkalischen.
Diese Alkalisierung hat einen Kalziummangel im Blut zur Folge, da manche Proteine nun Protonen (positiv geladene Ionen) abgeben und anschließend negativ geladen sind. In dieser Form beginnen die Proteine, zweifach positive Kalzium-Ionen (Ca2+), die ungebunden im Blut vorkommen, abzufangen. So entsteht ein relativer Kalziummangel, Tetanie genannt. Diese Tetanie kann Kribbeln, Taubheitsgefühle und Muskelkrämpfe im Körper hervorrufen. Die Muskelkrämpfe zeigen sich häufig am Mund (das sogenannte Karpfenmaul) und an den Händen (die sogenannte Pfötchenstellung).
Was tun bei Hyperventilation?
Tritt die Hyperventilation infolge von Wut, Panik oder einem ähnlichen psychologischen Auslöser auf, ist der erste Schritt immer der, den Betroffenen zu beruhigen. Das kann sowohl ein Ersthelfer übernehmen, indem er besänftigend auf sein Gegenüber einwirkt, oder auch der Betroffene selbst, indem er versucht, sich aktiv zu erden.
Das gelingt am besten über die Bauchatmung, in der ins Zwerchfell geatmet wird und die zu einer schnellen Beruhigung führt. Hierbei legt man die Hand auf den Bauch und versucht, beim Einatmen aktiv gegen die Handfläche zu stoßen; beim Ausatmen kann man dann mit der Hand etwas nachhelfen und sanft auf den Bauch drücken.
Am besten nimmt der Betroffene zunächst eine Sitzposition ein, da in einem Angstzustand das Liegen als bedrohlich empfunden werden kann, weil es eine vermeintliche Hilflosigkeit darstellt. Erst wenn die Atmung sich wieder reguliert hat, ist Liegen eine Option.
Die Atmung über eine (Papier-)Tüte zu regulieren, ist ebenfalls ein sehr hilfreiches Mittel – denn es mindert den durch die Hyperventilation entstandenen CO2-Mangel im Blut. Atmet der Betroffene in eine Tüte, wird das ausgeatmete CO2 dort aufgefangen und kann direkt wieder eingeatmet werden. So gleicht sich der CO2-Wert im Körper wieder aus.
Bei hyperventilierenden Kindern empfehlen Experten, eine Hand auf den Bauch des Kindes zu legen und gemeinsam mit dem Kind ruhig atmen. Hat sich die Atmung nicht nach 20 Minuten normalisiert oder hat das Kind außerdem Fieber, sollte ein Notarzt gerufen werden.
Wann muss ich zum Arzt und welcher Arzt ist der richtige?
Wer häufiger hyperventiliert, sollte in jedem Fall einen Arzt aufsuchen. Ist kein nachvollziehbarer Auslöser für die Hyperventilation zu erkennen, ist der Hausarzt zunächst der richtige Ansprechpartner. Er kann unter anderem eine Blutgasanalyse durchführen und so zum Beispiel Aussagen über den pH-Wert und die Konzentration von O2, CO2 und freiem Kalzium im Blut treffen. Schließlich kann er den Betroffenen an einen Facharzt überweisen.
Treten die Atembeschwerden vorwiegend in psychisch herausfordernden Situationen auf, kann eine Psychotherapie helfen. Dort können Betroffene Stressbewältigungsmechanismen lernen, die sie in Belastungssituationen entspannter werden lässt.