Hirnblutung: "Röntgenstrahlen retteten mein Leben!"
Um die junge Studentin stand es äußerst kritisch: Tief im Inneren ihres Gehirns war eine Ader geplatzt, was eine Hirnblutung auslöste. Es bestand Lebensgefahr: Eine Operation erwies sich jedoch als schwierig. Mit einer neuen medizinischen Behandlungsmethode wurde die Studentin dennoch vollständig geheilt. Sie sagt: "Röntgenstrahlen retteten mein Leben!"
Die lebensbedrohliche Situation traf Melissa Kleinhans wie aus heiterem Himmel. "Bei einem Ausflug mit meinen Eltern wurde mir plötzlich ganz seltsam schwindelig. Dann bekam ich Sprachprobleme, lallte wie eine Betrunkene."
Mit dem Rettungswagen wurde Melissa Kleinhans in die Universitätsklinik Köln gebracht. Dort stellten die Ärzte die lebensgefährliche Hirnblutung fest und fanden auch die Ursache: Im Hirn hatte sich aufgrund eines Gen-Defekts ein Angiom gebildet – das ist eine von der Natur nicht vorgesehene Ader, die leicht platzen kann.
Bei einem Angiom kann die Gefäßwand reißen
Der Neurochirurg Dr. Mohammad Maarouf: "Bei einem Angiom ist die Gefäßwand brüchig. Ihr fehlt die Elastizität, und schon bei geringer körperlicher Anstrengung kann sie einreißen. Genau das ist bei Frau Kleinhans passiert. Sie musste sofort operiert werden."
Bei der herkömmlichen OP-Methode öffnen die Chirurgen in so einem Fall die Schädeldecke des Patienten, arbeiten sich bis zum erkrankten Gefäß vor und versuchen, die Blutung zu stillen. Ein schwerer Eingriff, der bis zu zehn Stunden dauern kann. Und er birgt extrem hohe Risiken! Dr. Mohammad Maarouf: "Dabei darf keinesfalls das Gewebe im Gehirn verletzt werden. Sonst kann es zu dauerhaften Ausfällen wichtiger Regionen kommen, wie beispielsweise dem Sprach- oder Sehzentrum."
Für Melissa Kleinhans war die bevorstehende Operation ein Albtraum: "Allein der Gedanke, dass mein Schädel geöffnet werden musste, machte mir furchtbare Angst", erinnert sie sich.
Eine Schädelöffnung ist bei einem Angiom nicht immer notwendig
Doch der Neurochirurg konnte seine Patientin beruhigen. Er wandte eine wesentlich schonendere Technik an: die Behandlung mit speziellen, ultraharten Röntgenstrahlen.
Diese Strahlen dringen computergesteuert von außen bis zum Angiom vor. Sie bewirken, dass die defekten Gefäßwände so stark anschwellen, bis die Ader zum Schluss völlig geschlossen ist. So wird die Blutung gestoppt. Die Versorgung des Gehirns mit dem notwendigen Sauerstoff wird dadurch nicht beeinträchtigt.
Damit die Strahlen exakt am gewünschten Zielpunkt ankommen, ist eine besondere Vorbereitung nötig. Sie dauert einige Stunden. Dazu wird der Kopf des Patienten in einem sogenannten "Stereotaktischen Ring" fixiert. Er hält den Kopf für die Dauer der Behandlung immer in derselben Stellung, bis der Computer die Richtung der Strahlen bis auf Millimeterbruchteile genau berechnet hat.
Röntgenbestrahlung dauert nur 30 Minuten
Dr. Maarouf: "Für die eigentliche Bestrahlung werden die Röntgen-Apparate mit den errechneten Daten programmiert. Wir bestrahlen dann das Ziel-Areal aus bis zu 20 verschiedenen Richtungen. Jeder einzelne Strahl ist dabei so schwach, dass er auf dem Weg zu seinem Ziel keinen Schaden im Gewebe hervorruft. Nur dort, wo alle Strahlen zusammentreffen, entfaltet sich ihre geballte Energie und sorgt für die gewünschte Wirkung." Die eigentliche Bestrahlung dauerte nur etwa eine halbe Stunde, dann hatte Melissa Kleinhans alles überstanden. Der Ring um ihren Kopf wurde wieder entfernt, sie musste lediglich noch zwei Tage zur Kontrolle im Krankenhaus bleiben. Nachuntersuchungen zeigten: Das lebensbedrohliche Angiom hatte sich komplett verschlossen, die Blutung war dauerhaft gestoppt worden.
Geheilt und zutiefst erleichtert kam Melissa Kleinhans aus der Klinik nach Hause zurück. "Ich bin ja so glücklich, dass die Gefahr in meinem Kopf gebannt wurde. Inzwischen mache ich sogar wieder Sport, spiele in der Mädchenmannschaft unseres Fußballvereins. Ich darf gar nicht daran denken, wie kritisch es um mich stand."
Drei Fragen an Dr. Mohammad Maarouf
Hat die Bestrahlung Risiken oder Nebenwirkungen?
Hin und wieder kann es zu lokalen Schwellungen kommen, die aber in der Regel rasch wieder abklingen. Notfalls können sie auch mit Kortisonpräparaten nachbehandelt werden.
Eignet sich die Methode auch für andere Krankheiten?
Mit dieser Form der Strahlenchirurgie können auch eine ganze Reihe verschiedener gutartiger Tumore im Gehirn und auch Gehirnmetastasen behandelt werden.
Wer zahlt für die Strahlentherapie?
Die Kosten der Behandlung werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Weitere Informationen erhalten Sie bei der Uni-Klinik Köln.