Herzrasen in der Schwangerschaft: Ist starkes Herzklopfen gefährlich?
Herzrasen in der Schwangerschaft ist keine Seltenheit. Warum klopft das Herz so schnell? Und wann ist starkes Herzklopfen in der Schwangerschaft gefährlich? Kardiologin Dr. Isabel Hörbrand vom Pregnancy Heart Team der Uniklinik Heidelberg klärt auf!
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- Herzklopfen in der Schwangerschaft: Was ist normal?
- Die Ursache für Herzrasen in der Schwangerschaft
- Herzrasen in der Frühschwangerschaft
- Herzrasen bei Schwangerschaft im 2. Trimester
- Herzrasen in der Schwangerschaft im 3. Trimester
- Wann ist Tachykardie in der Schwangerschaft gefährlich?
- Achtung bei Husten, Herzklopfen und Atemnot in der Schwangerschaft
- In der Schwangerschaft Herzrasen: Was tun?
Wenn sie ein Kind erwarten, spüren die meisten Frauen ihren Herzschlag viel deutlicher und stärker als normal. Dies muss kein Grund zur Beunruhigung sein. Weshalb es zu Herzrasen in der Schwangerschaft kommt und in welchen Fällen man sich doch Sorgen machen sollte, erklärt die Kardiologin Dr. Isabel Hörbrand vom Pregnancy Heart Team der Uniklinik Heidelberg.

Herzklopfen in der Schwangerschaft: Was ist normal?
In der Regel liegt der Ruhepuls bei gesunden und nicht schwangeren Frauen bei 60 bis 90 Schlägen pro Minute. Bei Aufregung oder Anstrengung kann der Puls auf über 100 steigen. Man misst den Puls, indem man erst ein paar Minuten zur Ruhe kommt und dann den Zeige- und Ringfinger der einen Hand auf die Innenseite des Handgelenks der anderen Hand unterhalb des Daumens legt, bis man den Puls spürt. Nun werden die Schläge 30 Sekunden lang gezählt und dann verdoppelt: Dies ergibt den Ruhepuls.
Ein schneller Herzschlag in der Schwangerschaft kann den Puls auf eine Frequenz zwischen 140 und 180 Schläge hochschnellen lassen – ohne dass ein Grund dafür erkennbar ist. Ärzt:innen sprechen dann von der sogenannten Tachykardie in der Schwangerschaft: Das Herz verfällt unvermittelt in einen regelrechten Galopp. Sorgen muss man sich deshalb aber nicht gleich machen – Herzrasen ist ein typisches Schwangerschaftsanzeichen.
Die Ursache für Herzrasen in der Schwangerschaft
„Für Tachykardien gibt es zunächst viele Ursachen. Im Rahmen einer normalen Schwangerschaft kommt es häufig zu einer erhöhten Herzfrequenz - ganz ohne Krankheitswert. In seltenen Fällen kann eine zuvor unbekannte Herzerkrankung sich während einer Schwangerschaft erstmalig bemerkbar machen, diese Frauen haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen“, erklärt Dr. Isabel Hörbrand.
Starkes Herzklopfen in der Schwangerschaft ist ein ganz normales Phänomen. Bei Schwangeren nimmt die Blutmenge im Körper um 40 bis 50 Prozent zu, um das Ungeborene über den Blutkreislauf und die Plazenta mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen. Für das Herz bedeutet es jedoch, dass es Höchstleistung erbringen muss, um das Blut durch den Körper zu pumpen und Sauerstoff zu den Organen zu transportieren.
Je größer das Baby wird, desto mehr Blut wird produziert und desto mehr muss das Herz arbeiten. Dies macht sich als Herzrasen oder manchmal auch als Herzstolpern bemerkbar und tritt auch auf, wenn man ganz ruhig auf dem Sofa sitzt oder im Bett liegt. Schwangere mit niedrigem Blutdruck – nicht selten bei werdenden Müttern – spüren das starke Herzklopfen sogar noch deutlicher.
Darüber hinaus kann das Herzrasen noch andere Ursachen haben:
Hormonelle Schwankungen
Magnesiummangel
Vitaminmangel
Stellt die Ärztin bzw. der Arzt einen Nährstoffmangel fest, sollte dieser behoben werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Herzrasen in der Frühschwangerschaft
Im ersten Schwangerschaftsdrittel kommt es häufig zu typischen Anfangssymptomen wie Übelkeit und Erbrechen. Kann es dann auch schon zu Herzrasen kommen? Tatsächlich ist das möglich: In der Schwangerschaft kann Herzrasen ab der 6. Schwangerschaftswoche (SSW) auftreten, denn ab diesem Zeitpunkt nimmt das Blutvolumen zu.
Zugleich weiten sich unter anderem die Beinvenen: Der Blutdruck fällt ab, aber das Herz muss trotzdem die wachsende Blutmenge durch den Körper pumpen. Dazu muss es verstärkt arbeiten und vermehrt schlagen, was die Schwangere deutlich spürt.
„Davon abzugrenzen sind Tachykardien, die durch eine fehlerhafte elektrische Erregungsleitung im Herzen zustande kommen“, so die Expertin vom Pregnancy Heart Team. „Eine solche Tachykardie kann zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft auftreten und sollte ärztlich abgeklärt werden.“
Herzrasen bei Schwangerschaft im 2. Trimester
Die 13. bis 27. SSW erleben die meisten werdenden Mütter in der Regel als relativ beschwerdefrei. Übelkeit und Erbrechen legen sich meist, der Umfang der Gebärmutter und das Gewicht stören die Bewegungsfreiheit und die Atmung noch nicht (sehr). Allerdings bleibt das Herzrasen, wenn man schwanger ist, auch in dieser Zeit bestehen – denn die Blutmenge nimmt weiterhin zu. Auch das Atemvolumen nimmt langsam zu, was zunehmend zu Kurzatmigkeit führt.
Herzrasen in der Schwangerschaft im 3. Trimester
Im letzten Drittel nehmen die Beschwerden deutlich zu. Das Kind in der Gebärmutter wächst, sodass diese an Volumen zunimmt und die inneren Organe verdrängt. Dies kann unter anderem zu Sodbrennen, Verstopfung und vermehrtem Harndrang führen.
Auch das Herz muss noch mehr arbeiten. Ist man schwanger, ist das Herzrasen im Liegen im letzten Drittel besonders stark zu spüren – vor allem, wenn man auf dem Rücken oder auf der rechten Seite liegt. Dies liegt daran, dass die Gebärmutter nun sehr groß ist und auf die im Rücken verlaufende große Hohlvene, die sogenannte Vena cava, drückt. Diese transportiert das Blut aus der unteren Körperhälfte zurück zum Herzen.
Wird sie eingeengt, muss das Herz noch stärker pumpen, um das Blut durch die Vene zu befördern. Nicht selten kommen daher auch Übelkeit und Schwindel dazu, weil der blockierte Blutfluss für Kreislaufprobleme sorgt.

Schlimmstenfalls kann es zum sogenannten Vena-cava-Kompressionssyndrom kommen, wenn der Blutfluss durch den Druck der Gebärmutter auf die Hohlvene zu lange unterbrochen wird. Dr. Isabel Hörbrand erklärt: „Assoziierte Symptome sind Herzrasen, Schwindel, Ohnmacht, Atemnot sowie eine Sauerstoffminderversorgung des ungeborenen Kindes. Um einem Vena-cava-Kompressionssyndrom vorzubeugen, sollte eine längere Rückenlage vermieden werden und im Liegen eine Linksseitenlage bevorzugt werden.“
In dieser Lage drückt die Gebärmutter nicht länger auf die große Hohlvene und das Herzrasen beruhigt sich.
Wann ist Tachykardie in der Schwangerschaft gefährlich?
In den meisten Fällen sind die normalen Veränderungen während der Schwangerschaft für das Herzklopfen verantwortlich. Allerdings kann die Tachykardie auch Symptom einer Erkrankung sein. Wann sollte man bei Herzrasen in der Schwangerschaft Arzt bzw. Ärztin aufsuchen?
„Symptome, die im Zusammenhang mit Herzrasen ernst genommen werden sollten und einer unmittelbaren ärztlichen Vorstellung bedürfen, sind zum Beispiel starker Schwindel, eine eingetretene Bewusstlosigkeit, Brustschmerzen und zunehmende Atemnot“, schildert Dr. Hörbrand.
Tritt das Herzrasen sehr häufig auf oder ist unregelmäßig und wird möglicherweise von einem Druckgefühl im Kopf, Sehstörungen, Schweißausbrüchen oder Übelkeit begleitet, sollte dies außerdem abgeklärt werden.
Auch im Zusammenhang mit Erkrankungen kann Herzrasen in der Schwangerschaft gefährlich werden:
Tachykardie der Herzkammern: Wird das Herzrasen von den Vorhöfen des Herzens ausgelöst, droht keine akute Gefahr. Anders sieht es bei der Kammertachykardie aus: Diese kannist eine Herzerkrankung dafür verantwortlich, die es zu diagnostizieren gilt.
Bluthochdruck: Vorhofflimmern ist möglicherweise ein Anzeichen von zu hohem Blutdruck. Neben Herzrasen kann es dabei auch zu Schwindel, Sehstörungen oder Übelkeit kommen. Auch wenn es nicht akut lebensbedrohlich ist, bilden sich leicht Blutgerinnsel, die zu einem Schlaganfall führen können.
Überfunktion der Schilddrüse: Eine kranke Schilddrüse macht sich unter anderem durch Herzrhythmusstörungen, ständiges starkes Herzklopfen Schweißausbrüche und Schlaflosigkeit bemerkbar. Es besteht ein erhöhtes Risiko für ein frühes Ablösen der Plazenta sowie einer Früh- oder Fehlgeburt.
Ist schon vor der Schwangerschaft eine Erkrankung des Herzens, der Schilddrüse, Bluthochdruck oder eine andere Krankheit bekannt, sollte man sich mit der Frauenärztin bzw. dem Frauenarzt besprechen und sich regelmäßig untersuchen lassen. zum Kammerflimmern und dieses innerhalb weniger Minuten zum Herztod führen. Meist
Achtung bei Husten, Herzklopfen und Atemnot in der Schwangerschaft
Treten gegen Ende der Schwangerschaft Symptome wie Atemnot, Herzrasen, Abgeschlagenheit, Husten und/oder geschwollene Beine auf, kann eine seltene Erkrankung dahinterstecken: die sogenannte peripartale Kardiomyopathie (PPCM), auch Schwangerschafts-Kardiomyopathie genannt.
Dr. Isabel Hörbrand erklärt: „Die peripartale Kardiomyopathie ist eine seltene Herzmuskelerkrankung, die zu einer Herzschwäche führen kann. Sie tritt meist gegen Ende der Schwangerschaft, im Rahmen der Entbindung oder in den ersten Monaten nach der Geburt auf.“
Ein Risiko stellen unter anderem folgende Faktoren dar:
Ein höheres Alter der Mutter
Rauchen
Mehrlingsschwangerschaften
Bluthochdruck
Allerdings können auch junge, gesunde Schwangere betroffen sein: Ohne Vorwarnung kommt es kurz vor, während oder in den Monaten direkt nach der Geburt kommt es zu einer Herzinsuffizienz. Diese schreitet schnell fort, sodass sich die Herzfunktion verschlechtert. Schlimmstenfalls führt die peripartale Kardiomyopathie zum Tod.
Expert:innen schätzen, dass sich pro Jahr bei 1.500 bis 2.000 Schwangeren eine PPCM entwickelt. Die genaue Ursache kennt man noch nicht, allerdings wird vermutet, dass das Stillhormon Prolaktin ein möglicher Auslöser sein könnte und zu einer Erkrankung der Blutgefäße führt. Das Problem: Da die Symptome den typischen Beschwerden in der Spätschwangerschaft ähneln, wird die PPCM oft nicht erkannt.
Bei einer rechtzeitigen Diagnose stehen die Heilungschancen für die Mehrzahl der Patientinnen gut. Zudem zeigt ein eigentlich zum Abstillen verwendetes Medikament eine sehr positive Wirkung: Das Mittel Bromocriptin hemmt die schädliche Wirkung von Prolaktin. Wichtig ist es daher, bei den genannten Symptomen eine PPCM durch einen Bluttest sowie eine Ultraschall-Untersuchung auszuschließen bzw. die Erkrankung frühzeitig zu behandeln.
„Wichtig zu betonen ist, dass bei der weiten Mehrzahl aller Frauen eine Schwangerschaft komplikationslos verläuft“, weiß die Expertin vom Pregnancy Heart Team.
In der Schwangerschaft Herzrasen: Was tun?
Generell kann man einige Tipps beherzigen, um das Herzrasen zu beruhigen. Dr. Hörbrand rät: „Bei bestimmten harmlosen Herzrhythmusstörungen kann beispielsweise das Trinken von kaltem Wasser oder eine Bauchpresse das Herzrasen beenden. Weiterhin gibt es verschiedene Medikamente, die auch während einer Schwangerschaft bedenkenlos eingesetzt werden können.“
Diese Maßnahmen können außerdem helfen:
Stress und Anstrengung meiden
Entspannungstechniken wie Atemübungen, Meditation oder Autogenes Training können gegen entstehende Ängste wirken und den Herzschlag normalisieren.
Auch ein warmer Entspannungstee kann beruhigend wirken.
Bewegung ist wichtig, außerdem wird durch einen Spaziergang bei Tageslicht der Vitamin-D-Spiegel angehoben.
Manche Schwangere setzen auf das pflanzliche Mittel Bryophyllum, das beruhigend wirkt und auch bei Schlafstörungen helfen kann. Die Einnahme sollte jedoch ebenfalls mit der bzw. dem Gynäkolog:in abgesprochen werden.
Mit diesen Tipps kann ein starker und schneller Herzschlag in der Schwangerschaft beruhigt werden. Macht man sich allerdings Sorgen oder bemerkt Unregelmäßigkeit, sollte man bei Herzrasen in der Schwangerschaft auf keinen Fall zögern, das Problem ärztlich abklären zu lassen.
Die Assistenzärztin Dr. Isabel Hörbrand ist Kardiologin und Teil des Pregnancy Heart Teams an der Universität Heidelberg. Dabei handelt es sich um ein interdisziplinäres Team, unter anderem bestehend aus Spezialist:innen der Kardiologie, Gynäkologie, Gerinnungsmedizin und der Kinderkardiologie. Es wurde gegründet, um Patientinnen im Falle einer Risikoschwangerschaft bei kardialer Vorerkrankung oder bei Auftreten von schwangerschaftsassoziierten kardialen Komplikationen, wie z. B. der peripartalen Kardiomyopathie, optimal behandeln zu können. So soll eine fächerübergreifende Betreuung während und nach der Schwangerschaft gewährleistet werden.
Quellen:
Kindliche und mütterliche Entwicklung in den Schwangerschaftsdritteln, in: frauenaerzte-im-netz.de
Herzrasen: Ursachen unbedingt abklären lassen, in: herzstiftung.de
Plötzlich herzkrank! - Wenn die Schwangerschaft aufs Herz schlägt in: Bundesministerium für Bildung und Forschung