Herzgeräusche: Symptome und Ursachen bei Kindern und Erwachsenen

Herzgeräusche beim ungeborenen Baby abzuhören, gehört zur Vorsorgeuntersuchung in der Schwangerschaft. Was ist aber, wenn Kinder, Jugendliche und Erwachsene plötzlich Herzgeräusche im Brustkorb hören? Wie sie sich von Herztönen unterscheiden, welche Ursachen dahinterstecken können und warum es wichtig ist, die Symptome ärztlich abklären zu lassen, um das Risiko für eine Herzschwäche einzudämmen.

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Im Durchschnitt schlägt das Herz eines Menschen 100.000-mal pro Tag. Bei jedem Schlag pumpt der Herzmuskel sauerstoffreiches Blut in den Körper – eine lebenswichtige Funktion, die ganz unbemerkt abläuft. Umso größer ist die Sorge, wenn in der Herzgegend plötzlich Geräusche zu hören sind. Dabei handelt es sich in vielen Fällen um sogenannte „funktionelle Herzgeräusche“. Was es damit auf sich hat und wie gefährlich Herzgeräusche sind.

Arzt überprüft mit Stethoskop auf der Brust Herzgeräusche
Herzgeräusche können mithilfe eines Stethoskops abgehört werden Foto: iStock/PeopleImages

Herzgeräusche: Was ist damit gemeint?

Bei einem Herzschlag zieht sich das Herz zusammen (Systole) und entspannt sich anschließend (Diastole). Während dieses Ablaufs entstehen vier Herztöne, von denen mithilfe eines Stethoskops in der Regel nur die ersten beiden hörbar sind: der Ton während der systolischen Anspannungsphase und der diastolische Klappenschlusston, bei dem sich die Herzklappen schließen. Die Laute entstehen, weil das Blut während des Herzschlags schwingt. Zwischen den Tönen ist es in der Regel still.

Mischen sich zwischen die Herztöne andere Geräusche, so sprechen Kardiolog:innen von „Herzgeräuschen“. Damit sind Laute gemeint, die etwas länger sind als Herztöne und zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Herzschlags auftreten können.

Systolikum und Diastolikum: Diese Formen von Herzgeräuschen gibt es

Herzgeräusche können während der systolischen oder diastolischen Phase auftreten – auch eine Mischform ist möglich:

  • Systolische Herzgeräusche (Systolikum): Herzgeräusche während der 2. Phase der Systole, auch Austreibungs- oder Auswurfphase genannt, in der das Herz Blut in die Aorta pumpt.

  • Diastolische Herzgeräusche (Diastolikum): Herzgeräusche während der 2. Phase der Diastole, auch Füllungsphase genannt, in der sich das Herz mit Blut füllt. Sauerstoffangereichertes Blut gelangt in den linken Vorhof, sauerstoffarmes Blut in den rechten Vorhof.

  • Kontinuierliche Herzgeräusche: Laute, die sowohl in der Systole als auch in der Diastole zu hören sind, die an ein Maschinengeräusch erinnern.

Herzgeräusche-Symptome: Geräuschmuster und Lautentwicklung

Herzgeräusche lassen sich klar von Herztönen unterscheiden, zum Beispiel im Geräuschmuster, in der Lautstärke und im Zeitpunkt des stärksten Lauts. Diese Merkmale haben Herzgeräusche:

Klangmuster von Herzgeräuschen:

  • spindelförmig: Geräusch wird immer lauter und nimmt an Lautstärke wieder ab

  • bandförmig: gleichbleibendes Geräusch

  • decrescendoform: lautes Geräusch, das leiser wird

  • crescendoform: leises Geräusch, das lauter wird

Neben dem Klangmuster unterteilen Kardiolog:innen Herzgeräusche auch nach ihrer Lautstärke. Dafür gibt es sechs Grade: Herzlaute des 1. Grades sind kaum hörbar; beim 6. Grad sind die Geräusche auch ohne Stethoskop deutlich zu hören.

Für die Diagnostik ist es ebenfalls wichtig zu wissen, ob das Herzgeräusch auch woanders im Körper hörbar ist, beispielsweise in der Achselhöhle oder Aorta. Ein weiteres Diagnosekriterium ist, zu welchem Zeitpunkt der Laut seinen Höhepunkt (Punctum maximum) erreicht.

Diagnostik bei Herzgeräuschen

Bei ungewöhnlichen Geräuschen, die vom Herzen ausgehen, sollte immer ein:e Ärzt:in zurate gezogen werden, um schwerwiegende Erkrankungen auszuschließen – oder Erkrankungen an den Herzklappen oder Gefäßen möglichst frühzeitig festzustellen, damit eine Behandlung eingeleitet wird.

Wichtiger Bestandteil der Untersuchung von Herzgeräuschen ist das Anamnesegespräch, in dem der Arzt bzw. die Ärztin Fragen zur Symptomatik, familiären Herz-Kreislauf-Erkrankungen und möglichen Ursachen wie Schwangerschaft, Fieber oder Blutarmut stellt.

Danach erfolgt die körperliche Untersuchung mithilfe eines Stethoskops, auch Auskultation genannt. Damit können Lautstärke und der Punctum Maximum bestimmt werden. Weitere Diagnostik-Maßnahmen umfassen zum Beispiel EKG, Ultraschall (Echokardiogramm), Belastungs-EKG und eine Herzkatheteruntersuchung.

Herzgeräusche bei Babys, Kindern und Erwachsenen

Herzgeräusche kennen kein Alter: Schon bei Säuglingen können solche Laute festgestellt werden genauso wie bei Kleinkindern, Jugendlichen und Erwachsenen.

Bei Babys können Herzgeräusche eher auffallen, weil sich das Herz noch sehr nah an der Hautoberfläche befindet. Im ersten halben Jahr verschwinden die Laute oft wieder. Bei Kindern sind Herzgeräusche in 70 Prozent der Fälle harmlos, wie der Kinder- und Jugendärzte e.V. mitteilt. „Ein wirklicher Befund findet sich aber nur bei 1 Prozent der Kinder. Dennoch muss eventuell eine Untersuchung beim Kinderkardiologen ausschließen, dass sich dahinter ein Herzproblem verbirgt“, sagt Kinderkardiologe Dr. Hermann Josef Kahl.

Wenn keine organische Ursache gefunden wird, sprechen Mediziner:innen von „funktionellen“ oder „akzidentellen“ Herzgeräuschen, die keinen Krankheitswert haben. In der Regel handelt sich dann um ein systolisches Herzgeräusch, das infolge von Aufregung oder körperlicher Anstrengung auftritt. Auch Schwangere können von funktionellen Herzgeräuschen betroffen sein. Ein Systolikum ist in der Regel nicht gefährlich.

Aufhorchen sollten Eltern, wenn ihr Kind schneller atmet, blaue Lippen hat, nicht essen mag und nicht an Gewicht oder Länge zunimmt (Gedeihstörung). Auch rasche Erschöpfung und Brustschmerzen sind Symptome, die Eltern kinderärztlich abklären lassen sollten.

Wichtig ist, das Kind vorsichtshalber untersuchen zu lassen, um eine krankheitsbedingte Gefahr auszuschließen.

Bei Erwachsenen treten die Beschwerden oftmals im Zuge einer Erkrankung auf, die mit diastolischen Herzgeräuschen in Verbindung stehen.

Herzgeräusche-Ursachen: Diese Krankheiten können dahinterstecken

Die Ursachen von diastolischen Herzgeräuschen sind im Herzen verortet. Häufig liegt ein Defekt von einer der insgesamt vier Herzklappen vor:

  • Linke Seite des Herzes: Mitralklappe und Aortenklappe

  • Rechte Seite des Herzens: Trikuspidalklappe und Pulmonalklappe

Grafik Anatomie des Herzens
Foto: PraxisVITA/Vivian Mule

Als Erkrankung kommt beispielsweise die Aortenklappenstenose, die zu den häufigsten Herzklappenerkrankungen zählt, infrage. Bei einer Stenose kommt es zu einer Verengung von Gefäßen, in diesem Fall die Öffnung der Aortenklappe, die sich zwischen der Hauptschlagader und der linken Herzkammer befindet. Ist die Klappe verengt, so kann das Blut vom Herzen nicht richtig durch die Öffnung gepumpt werden und muss deshalb stärker arbeiten. Dabei vergrößert sich das Herz, insbesondere unter Belastung.

Über einen längeren Zeitraum kann dies dazu führen, dass es zu einem Blutrückstau in der Lunge kommt, wie es auch bei der Linksherzinsuffizienz der Fall ist. Die Symptome sind dann nicht nur Herzgeräusche, sondern auch Atemnot, verringerte Leistungsfähigkeit und Brustschmerzen. Zur Behandlung einer Aortenklappenstenose ist in der Regel ein chirurgischer Eingriff erforderlich, bei dem die Herzklappe durch biologische oder mechanische Klappen ersetzt wird.

Daneben gibt es noch die Aortenklappeninsuffizienz, bei der die Aortenklappe nicht richtig schließt. Das Blut fließt daher während der diastolischen Phase zurück in die linke Herzkammer, sodass das Herz stärker arbeiten muss. In der Medizin werden die akute und die chronische Aortenklappeninsuffizienz unterschieden – erstere ist dringend behandlungsbedürftig, weil das Herz nicht in der Lage ist, die akute Klappenschwäche auszugleichen. Bei der chronischen Form hingegen ist das Herz längere Zeit in der Lage, das zu kompensieren.

Symptome einer Aortenklappeninsuffizienz sind Müdigkeit, Leistungsschwäche, Schmerzen in der Herzgegend, Herzrasen oder Herzstolpern, Schwindel, Gleichgewichtsstörungen, Atemnot bis hin zur Ohnmacht. Leichte und mittelschwere Formen dieser Insuffizienz sind meist nicht behandlungsbedürftig. Gegebenenfalls kann der Arzt oder die Ärztin prophylaktisch Antibiotika geben. Auch ein vorhandener Bluthochdruck sollte richtig eingestellt werden. Als konservative Therapie steht eine Nachlastreduktion im Vordergrund. Damit ist eine Reduktion des Widerstands gemeint, gegen das das Herz arbeitet, wenn es das Blut in das Gefäßsystem pumpt. Eine Operation ist ebenfalls denkbar.

Auch die Mitralklappe in der linken Herzhälfte kann defekt sein. Medizinisch ist dann von einer Mitralklappeninsuffizienz die Rede. Sie lässt sauerstoffreiches Blut aus der Lunge über den linken Vorhof in die linke Herzkammer fließen. Ist die Klappe defekt, fließt das Blut zurück in die Lunge. Auch hier ist das Herz gefordert, den Klappenfehler zu kompensieren. Auf Dauer kann dies zu einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz) oder Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern führen. Wie bei anderen Insuffizienzen am Herzen können Betroffene unter Luftnot, Leistungsminderung sowie anderen Herz-Kreislauf-Symptomen leiden. Je nach Ursache gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten bei einer Mitralklappeninsuffizienz, medikamentös und operativ.

Daneben gibt es noch andere Erkrankungen, die mit Herzgeräuschen einhergehen:

  • Entzündung des Herzbeutels (Perikarditis)

  • Verkalkungen der Herzklappen, bedingt durch Arteriosklerose

  • Mitralklappenstenose

  • Angeborene Herzfehler wie zum Beispiel ein Ventrikelseptumdefekt

  • Blutarmut (Anämie)

Wichtig ist, die zugrundeliegende Ursache von Herzgeräuschen frühzeitig behandeln zu lassen, damit eine Herzinsuffizienz möglicherweise noch abgewendet werden kann. In vielen Fällen weisen die Laute jedoch noch keinen Krankheitswert auf – dennoch ist es ratsam, Beschwerden wie Herzgeräusche, Atemnot und Leistungsminderung ärztlich abklären zu lassen.

Quellen
  • Haas, N. A., & München, K. R. S. Krankheitsbezeichnung: Abklärung eines Herzgeräuschs.
  • Herzgeräusche: In den meisten Fällen harmlos, in: kinderaerzte-im-netz.de (Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.)
  • Aortenklappeninsuffizienz, in: dhzb.de (Deutsches Herzzentrum der Berliner Charié)