Heißhungerattacke oder Essstörung?
Dipl.-OEC. TROPH Stefan Koffinke ist diplomierter Ernährungsberater und erklärt das Phänomen Heißhunger. Lesen Sie hier, wie Sie eine Essstörung von einer Heißhungerattacke unterscheiden können.
Heißhunger kennt wohl jeder von uns. Der plötzliche Appetit auf Süßes oder Fettiges kommt ebenso unerwartet wie heftig – Keksen und Co. zu widerstehen, wird schier unmöglich. Doch solche Essattacken können auch einen krankhaften Grund haben: Das sogenannte Binge Eating ist eine Essstörung, bei der Betroffene vollkommen die Kontrolle über ihre Essanfälle verlieren. Schlimmer wird es noch, wenn die Person nicht nur Unmengen von Lebensmitteln zu sich nimmt, sondern auch Dinge isst, die eigentlich gar nicht gegessen werden sollten. Beim sogenannten Pica-Syndrom verspeisen die Patienten unter anderem Steine und andere Gegenstände.
Die psychische Erkrankung erkennt man an folgenden Merkmalen:
- Binge Eater essen, ohne überhaupt Appetit oder Hunger zu verspüren, und empfinden das Essen als einen Zwang, den sie nicht kontrollieren können.
- Während einer Essattacke schlingen sie innerhalb kürzester Zeit riesige Mengen an fettigen und zuckerhaltigen Lebensmitteln herunter – mit Genuss hat das nichts zu tun.
- Das viele Essen bringt einem Binge Eater kein Sättigungsgefühl. Er isst so lange, bis er ein unangenehmes Völlegefühl empfindet – und kann selbst dann oft nicht zu essen aufhören.
- Die Essattacken treten über mehr als sechs Monate hinweg an mindestens zwei Tagen in der Woche auf.
- Im Gegensatz zu Magersüchtigen ergreifen Binge Eater nach dem Essen keine Maßnahmen wie Erbrechen oder exzessiven Sport, um die überhöhte Kalorienzufuhr auszugleichen.
- Die Folge sind meist Übergewicht und Depressionen. Wer diese Symptome bei sich selbst feststellt, sollte Hilfe bei seinem Hausarzt, einem Ernährungstherapeuten oder einem Psychiater suchen.
Doch keine Sorge: Gelegentliche Heißhunger-Attacken sind etwas ganz Natürliches. Es gibt viele Gründe, warum der Körper spontan Energie in Form von Essen fordert. Zum einen kann die Ursache in einer unausgewogenen Ernährung liegen. Lebensmittel mit viel Zucker und Weißmehlprodukte lassen den Blutzuckerspiegel schnell ansteigen und genau so schnell wieder fallen – wir bekommen wieder Hunger. Ein Croissant mit Marmelade zum Frühstück ist beispielsweise ein Garant dafür, dass wir nach spätestens zwei Stunden erneut Hunger haben. Mit Vollkornprodukten, Obst, Gemüse oder Eiweiß in Form von Fisch, hellem Fleisch oder Milchprodukten kann man das verhindern – denn diese Lebensmittel lassen den Blutzuckerspiegel nur langsam wieder sinken und machen lange satt.
Neben falscher Ernährung können auch Stress, schlechte Laune, Schlafmangel, Diäten, Langeweile, eine Schwangerschaft oder die Wachstumsphase in der Pubertät Auslöser für Heißhunger sein. In der Regel dauern die Hunger-Attacken gerade einmal eine Viertelstunde – ein Glas Wasser oder zuckerfreier Kaugummi dämpft den Appetit.
Wenn weder die Ernährungsumstellung noch die kleinen Tricks gegen den Heißhunger helfen, kann eine Erkrankung der Schilddrüse oder Diabetes die Ursache sein. Ein Gespräch mit dem Hausarzt oder eine professionelle Ernährungsberatung bringt Klarheit.