Hämorrhoiden – Das lästige Leiden im Analbereich

Wenn Betroffene mit Beschwerden im Anal einen Proktologen aufsuchen, sind sie mitunter verblüfft: Viele Hämorrhoiden sind in Wirklichkeit Thrombosen. Unser Experte Dr. med. Philipp Holch ist Facharzt für Chirurgie und Proktologie am Enddarmzentrum Eppendorf in Hamburg und klärt über Missverständnisse, Mythen und Behandlungsmethoden im Zusammenhang mit Hämorrhoidal-Leiden auf.

Es heißt, Hämorrhoiden-Beschwerden seien nur schwer von schwarzem Hautkrebs im Analbereich zu unterscheiden. Stimmt das?

Ja, letztendlich stimmt das so. Allerdings ist schwarzer Hautkrebs im Analbereich extrem selten. Hämorrhoidal-Beschwerden dagegen treten sehr häufig auf. Die Wahrscheinlichkeit einer Diagnose von Hautkrebs ist also sehr gering. Die Angst davor ist sicherlich groß, aber dennoch glaube ich nicht, dass mir ein solcher Fall in meinem Berufsleben häufig begegnen wird.

Welche Möglichkeiten habe ich selber, den Unterschied zwischen Hämorrhoiden und Hautkrebs festzustellen?

Grundsätzlich ist es so, dass Sie zunehmende oder bleibende Beschwerden im Analbereich beim Proktologen abklären lassen müssen. Anale Beschwerden treten manchmal auf und verschwinden wieder, aber sobald sie anhalten oder sich verschlimmern, müssen sie von einem Spezialisten abgeklärt werden.

Wie lange kann ich warten, bis ich zum Arzt gehe?

Alles, was innerhalb von 14 Tagen kommt und von alleine wieder verschwindet, muss nicht behandelt werden. Wenn Sie aber über Wochen Beschwerden im Analbereich haben, die sich vielleicht sogar verschlimmern, müssen Sie diese abklären lassen. Chronische Beschwerden wie ständiges Nässen oder Schmerzen können Sie nicht selbst behandeln.

Experte Holch: Hämorroiden werden häufig mit Thrombosen verwechselt
Experte Dr. Holch: „Viele verwechseln Thrombosen mit Hämorrhoiden, auch zuweisende Ärzte. Aber das ist nicht schlimm, denn dafür gibt es Proktologen. Wir können das unterscheiden.“ Foto: privat

Gehen viele erst zum Arzt, wenn es schon zu spät ist?

Das Problem beim Hämorrhoidal-Leiden ist, dass der Befund meistens überhaupt nicht mit den Beschwerden einhergeht, das heißt Sie können einen Patienten mit einem ausgeprägten Befund haben, der kaum Schmerzen hat oder andersherum. Daher kann man niemandem vorwerfen, er käme zu spät zum Arzt. Schmerzen sind kein klassisches Symptom für ein Hämorrhoidal-Leiden, da sie im unsensiblen Teil des Analkanals sind. Wenn Sie Schmerzen haben, liegt meist eine Analfissur vor: Das sind Einrisse im sensiblen Teil des Analkanals, im „äußeren Körper“.

Eine OP an den Hämorrhoiden – das klingt für viele nach einem Albtraum. Ist eine OP immer zwangsläufig nötig?

Nein. Bei einigen Hämorrhoidal-Leiden ist sie allerdings sinnvoll und liefert gute Ergebnisse. Wenn Sie Hämorrhoiden ersten Grades operieren, die noch nicht sichtbar sind, gibt das allerdings eine Katastrophe, genau wie der Versuch, Hämorrhoiden vierten Grades, die permanent außen liegen, konservativ zu behandeln.

Wie sieht die konservative Methode denn aus?

Die konservative Therapie bei vergrößerten Hämorrhoiden besteht darin, sie wieder kleiner zu machen. Klassische Methoden sind Verödung oder Gummibandligatur, wobei die Hämorrhoiden abgebunden werden. Viele Patienten glauben aber, sie hätten ein Hämorrhoidal-Leiden, obwohl sie eine Thrombose haben. Dabei gerinnt Blut in Blutschwämmen der Hämorrhoiden –  eine Hämorrhoidal-Thrombose – oder in äußeren Venen – eine Analvenen-Thrombose.

Kann man diese Thrombosen beispielsweise mit einer Beinvenen-Thrombose vergleichen?

Im Prinzip ja, denn bei beiden Thrombosen gerinnt Blut. Das ist aber auch das einzige, was diese beiden Thrombosen gemeinsam haben. Das Problem bei einer Beinvenen-Thrombose ist, dass sich der Thrombus, dieses Blutgerinnsel, lösen kann. Wandert er durch das Herz in die Lunge, besteht die Gefahr einer Lungen-Embolie. Deswegen ist eine Thrombose so gefährlich. Eine Thrombose im Analbereich ist jedoch ungefährlich.

Warum ist eine Thrombose im Analbereich ungefährlich?

Das kommt daher, dass die Thrombose nicht in einer Vene auftritt, wo sie sich lösen und wandern kann, sondern in einem Gefäßgeflecht. Die Blutgefäße in diesem Geflecht werden größer und dann wieder kleiner, wodurch der Thrombus in dem Geflecht bleibt.

Gibt es nach einer OP die Gefahr eines erneuten Hämorrhoidal-Leidens?

Es gibt eine Veranlagung zur Ausbildung von Hämorrhoiden. Hat ein Mensch mit 25 Jahren bereits Hämorrhoiden ausgebildet, die operativ behandelt werden müssen, erwarte ich schon, dass er im Laufe seines Lebens erneut von einem Hämorrhoidal-Leiden betroffen sein wird, da er eine starke Veranlagung dazu hat. Bei Patienten, die Hämorrhoiden ersten Grades ausbilden, behandelt man mit einer konservativen Therapie. Sie können natürlich auch wiederkommen, aber das geht nicht so schnell und ist meist erneut konservativ behandelbar.

Haben Sie zunehmende oder bleibende Beschwerden im Analbereich, sollten Sie diese beim Proktologen abklären lassen

Ist es schädlich, viel im Sitzen zu arbeiten?

Nein, das stimmt nicht – ein wissenschaftlicher Nachweis liegt nicht vor.

Bekommt jeder in seinem Leben irgendwann ein Hämorrhoidal-Leiden?

Diese Aussage ist sicherlich falsch. Es bezieht sich vielmehr auf das Phänomen Thrombose, denn das wird wohl jeder einmal in seinem Leben bekommen. Viele verwechseln Thrombosen mit Hämorrhoiden, auch zuweisende Ärzte. Aber das ist nicht schlimm, denn dafür gibt es Proktologen. Wir können das unterscheiden.

Es gibt Methoden, die innerhalb weniger Tage eine Heilung für immer versprechen, nur durch natürliche Hausmittel, Gewohnheits- und Ernährungsumstellungen. Was halten Sie von solchen Therapien?

Ich glaube nicht daran. Medizin ist meist viel komplexer als man denkt. Selbst unter den Proktologen gibt es unterschiedliche Ansichten. Es herrscht beispielsweise die Meinung, vergrößerte Hämorrhoiden kämen von verstärktem Pressen. Es gibt aber überhaupt keinen Hinweis, dass dem wirklich so ist. Es gibt keine Studien, die dies belegen. Ich glaube, dass die Ursache für Hämorrhoidal-Leiden im Kern einfach nicht verstanden ist. Deswegen bin ich auch skeptisch gegenüber jeglichen Heilversprechen. So ist es oft auch mit teuren Cremes bei Analthrombosen, die verschrieben werden: Die Thrombosen werden durch sie nicht schneller zurückgebildet. Man kann sich darauf verlassen, dass der Körper das selber macht. Schmerzmittel können aber Symptome lindern und die Heilung für den Patienten angenehmer machen.

Im Interview: Dr. med. Philipp Holch
Der Experte Dr. med. Philipp Holch ist Facharzt für Chirurgie und Proktologie am Enddarmzentrum Eppendorf in Hamburg. Als Koloproktologe und Proktochirurg ist Dr. Holch spezialisiert auf Krankheitsbilder des Dick- und Enddarmes sowie des Analbereichs.