Haben Frauen eine Prostata? Das sagt die Wissenschaft!

Es ist eine Frage, mit der sich die Wissenschaft seit Langem beschäftigt: Haben Frauen eine Prostata? Studien liefern viele Ergebnisse, die eine Antwort darauf erlauben.

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Haben Frauen eine Prostata? Auf diese Fragen würden die meisten Menschen wohl mit einem klaren "Nein" antworten. Denn die Prostata wird als spezifisch männliches Geschlechtsorgan angesehen. Die Wissenschaft sieht das anders.  

Haben Frauen eine Prostata?

Bereits 1672 sprach der Gynäkologe Reinier De Graaf, der auch als Entdecker der Eifollikel gilt, von einer weiblichen Prostata. Eine genaue Beschreibung erfolgte im 19. Jahrhundert durch den schottischen Arzt Alexander J.C. Skene. Er bezeichnete sie als Paraurethraldrüse, also als spezifisch weibliches Organ. Skene gilt daher als „Verhinderer der weiblichen Prostata“. Denn diese Bezeichnung wird heute noch verwendet. Von einer Prostata der Frau war seitdem keine Rede mehr.

Die Paraurethraldrüsen (auch Skene-Drüsen genannt) zählen zu den weiblichen Keimdrüsen und befinden sich nahe am Scheideneingang. Sie bestehen aus mehreren Ausführungsgängen, die in die Harnröhre münden. Lange Zeit war nicht viel mehr über die Paraurethraldrüsen bekannt, auch nicht über mögliche Parallelen zur männlichen Prostata. Das änderte sich mit einer im Jahr 2011 veröffentlichten Studie aus Österreich. Die Kernaussage der Forschenden: Auch Frauen haben eine Prostata.

Studie: Frauen können Prostata haben

Zu diesem Ergebnis kam Studienleiter Wolf Dietrich mit seinem Team der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Wien, nachdem sie Gewebeproben von an Blasenkrebs erkrankten Frauen näher untersucht hatten. Ausgangspunkt der Studie war die Beobachtung, dass auch Frauen Tumore entwickeln können, die aus Gewebe der Paraurethraldrüsen bestehen. Unklar war jedoch, ob es sich dabei um das gleiche Gewebe handelt wie bei der männlichen Prostata.

Mittels Laboruntersuchungen wiesen die Wissenschaftler:innen in 14 von 25 Proben Gewebe nach, das Ähnlichkeit zum männlichen Prostatagewebe hatte. Unter anderem wurde Prostata-spezifisches Antigen (PSA) nachgewiesen – ein Eiweiß, das in der Prostata gebildet wird und in erhöhten Mengen auf ein Karzinom hinweisen kann.

Zuvor habe es nur vereinzelt Hinweise darauf gegeben, dass der Eiweißstoff auch bei Frauen vorkommt, so Studienleiter Dietrich damals. Er schlussfolgerte daraus, dass „mögliche Neubildungen aus diesem Gewebe heraus als 'weibliche Prostatakarzinome' bezeichnet werden“ könnten. Auch wenn dies sehr selten vorkommt, kann demnach Prostatakrebs bei Frauen entstehen. Zugleich ist das ein Beweis dafür, dass Frauen eine Prostata haben können.

Wie entsteht eine weibliche Prostata?

Der Studienleiter vermutete, dass die Drüsen der Prostata sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Embryos angelegt seien, aber durch hormonellen Einfluss unterschiedlich ausreiften. Die Prostata bildet sich bei Embryos ab dem dritten Monat, was allen voran durch das männliche Hormon Testosteron bewerkstelligt wird. Aus diesem Grund entwickelte sich das Drüsengewebe in weiblichen Embryos nicht weiter – in Ansätzen bleibt die Prostata aber bestehen.  

Prostata bei Frauen: Große individuelle Unterschiede

Während die männliche Prostata in Form und Größe keine großen interindividuellen Unterschiede aufweist – sie ist walnussförmig und misst etwa vier Zentimeter –, kann die Prostata bei der Frau verschiedene anatomische Erscheinungsformen annehmen. Das haben Autopsien an rund 200 Patientinnen vom slowakischen Arzt Milan Zaviačič in den 1980er- und 90er-Jahre zutagen gebracht. Zaviačič wies insgesamt sechs verschiedene Formen der weiblichen Prostata nach. Und auch hinsichtlich der Größe und der Anzahl der Ausführungsgänge gab es Abweichungen.

Frauen-Prostata: Zusammenhang zur weiblichen Ejakulation

Dass Frauen eine Prostata haben können, wird durch eine weitere Beobachtung untermauert: Klinische Untersuchungen konnten zeigen, dass beim weiblichen Orgasmus ein Sekret abgesondert werden kann, das von den Paraurethraldrüsen austritt und Ähnlichkeit zum männlichen Ejakulat aufweist. Das sogenannte „Squirting“ ist der Wissenschaft schon lange bekannt, allerdings nahm man zuvor an, dass es sich bei der Flüssigkeit um Urin handelt, das infolge einer Belastungsinkontinenz während des Orgasmus austritt.

Welche Funktion die Flüssigkeit aus den Paraurethraldrüsen hat, ist noch unklar. Zwei Wissenschaftlerinnen stellten aber bereits 2009 die These auf, dass es sich um einen evolutionsbiologischen Vorteil handeln könnte. So habe das Sekret möglicherweise eine antibakterielle Wirkung, die die Frau vor allem während und nach dem Geschlechtsverkehr vor einer Harnröhren-Infektion schützen soll.

Zwar sind noch nicht alle Geheimnisse rund um die Paraurethraldrüsen gelüftet. Doch zumindest die Frage, ob Frauen eine Prostata haben, scheint geklärt zu sein.

Quellen:

Die Paraurethraldrüsen, in: springer.com

The Human Female Prostate—Immunohistochemical Study with Prostate-Specific Antigen, Prostate-Specific Alkaline Phosphatase, and Androgen Receptor and 3-D Remodeling, in: onlinelibray.wiley.com

Zysten des Ausführungsgangs der Skene-Drüsen, in: msdmanuals.com prost

Does female ejaculation serve an antimicrobial purpose?, in: sciencedirect.com

Female ejaculation: An update on anatomy, history, and controversies, in: pubmed.ncbi.gov (National Library of Medicine)

Die Prostata - Anatomie und Funktion, in: krebgesellschaft.de