Glutamat-Allergie: Gibt es das wirklich?

Als Glutamat-Allergie werden körperliche Reaktionen bezeichnet, die nach dem Genuss von Lebensmitteln und Gerichten auftreten, in denen der Geschmacksverstärker Glutamat enthalten ist. Aber handelt es sich wirklich um eine Allergie?

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Ob Fertiggerichte, Kantinenessen oder Speisen im Restaurant: Oftmals steckt Glutamat als Geschmacksverstärker im Essen. Manche Menschen reagieren empfindlich auf diesen Stoff und entwickeln allergieähnliche Symptome. Dabei kann es sowohl Frauen als auch Männer treffen, auch bei Kindern tritt die sogenannte Glutamat-Allergie häufig auf. Aber was genau steckt dahinter?

Löffel und Schälchen mit Sojasoße, dahinter ein Teller mit Essen
In Soajsoße ist besonders viel Glutamat enthalten Foto: iStock/ahirao_photo

Was ist Glutamat?

Glutamat – oder Mononatriumglutamat – ist ein Geschmacksverstärker. Der Stoff kommt natürlich im menschlichen Körper vor, es handelt sich um eine Aminosäure, die als Botenstoff dient – das sogenannte endogene Glutamat. Das Gehirn reagiert darauf, mit der Folge, dass Geschmack intensiver wahrgenommen wird.

Auch in vielen Lebensmitteln steckt Glutamat von Natur aus, etwa in Tomaten, Fisch und Soja. Es wird als exogenes Glutamat bezeichnet. Dieses ist zum überwiegenden Teil jedoch an Proteine gebunden, nur wenig davon ist als freies Glutamat verfügbar. Letzteres gilt als Auslöser für die Glutamat-Allergie.

Glutamat schmeckt „umami"

Japanische Wissenschaflter:innen haben inzwischen herausgefunden, dass der Begriff Geschmacksverstärker eigentlich nicht zutreffend ist: Glutamat hat einen eigenen Geschmack, der in Japan als „umami“ – köstlich oder herzhaft – bezeichnet wird.

Die Lebensmittelindustrie nutzt die geschmacksintensivierende Wirkung unter anderem in Fertiggerichten, Fast Food, Soßen, Gewürzmischungen, Chips und vielen anderen Lebensmitteln, um sie noch aromatischer zu machen. In der Zutatenliste muss angegeben werden, ob Glutamat enthalten ist.

Der Zusatz „Frei von Geschmacksverstärkern“ muss übrigens nicht bedeuten, dass kein Glutamat enthalten ist. Achten Sie daher auf die Kennzeichnungen E 620 bis 625 in der Zutatenliste oder darauf, ob zum Beispiel Hefeextrakt, Sojawürze, Fleischextrakt oder ähnliches in dem Produkt steckt – denn auch darin ist Glutamat enthalten. Vorsicht auch bei Sojasoße, die oft in Restaurants genutzt wird: In ihr steckt ein hoher Anteil an Glutamat.

Glutamat-Allergie – das „China-Restaurant-Syndrom“

Besonders oft wird Glutamat in chinesischen Restaurants verwendet. Deshalb wird eine körperliche Reaktion darauf umgangssprachlich auch als „China-Restaurant-Syndrom“ bezeichnet. Dies geht auf eine Begebenheit von 1968 zurück: Der Arzt Dr. Robert Ho Man Kwok aus den USA hat nach dem Essen in China-Restaurants regelmäßig Beschwerden bekommen und seine Erfahrungen veröffentlicht. Kritiker:innen halten den Begriff für nicht wissenschaftlich und rassistisch, zutreffender ist Glutamat-Allergie bzw. -Unverträglichkeit.

Vor allem der Geschmacksverstärker Glutamat wurde verdächtigt, schuld an den gesundheitlichen Problemen zu sein. Bislang konnte der Zusammenhang wissenschaftlich allerdings noch nicht belegt werden – keine Studie hat bisher einen Nachweis erbracht. Interessant ist, dass überwiegend Amerikaner und Europäer an den Beschwerden leiden. In China und Japan, wo ein Großteil des weltweit produzierten Glutamats verzehrt wird, tritt die Glutamat-Allergie nur sehr selten auf.

Wie sehen die Glutamat-Allergie-Symptome aus?

Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird der Stoff zwar nicht als gesundheitsgefährdend eingestuft, er sorgt jedoch bei vielen Menschen für Beschwerden. So treten verschiedene Symptome auf, die sich typischerweise schon kurz nach dem Essen zeigen, aber auch erst Stunden später auftreten können:

  • Kopf- und/oder Gliederschmerzen

  • Hautrötungen

  • Schnupfen

  • Schweißausbrüche

  • Herzrasen

  • Taubheitsgefühle

  • Übelkeit

  • Bauchschmerzen

  • Blähungen

Schlimmstenfalls kann es auch zu Herzrhythmusstörungen und Ohnmacht oder bei Asthmatikern zu einem allergischen Schock kommen. In diesen Fällen ist eine sofortige ärztliche Versorgung wichtig. In der Regel sind die Beschwerden jedoch eher leicht und klingen mit der Zeit wieder ab.

Allergie oder Glutamat-Unverträglichkeit?

Auch wenn diese Anzeichen eine Allergie gegen Glutamat vermuten lassen, so handelt es sich tatsächlich um eine Unverträglichkeit. Anders als bei einer Allergie werden die Beschwerden nicht von einer Überreaktion des Immunsystems ausgelöst. Daher schlägt bei Glutamat ein Allergie-Test nicht an. Stattdessen sind andere Rezeptoren im Körper beteiligt. Experten bezeichnen das Krankheitsbild deshalb als pseudoallergische Reaktion.

„Bei einer Pseudoallergie ähneln die Symptome einer Lebensmittelallergie, obwohl keine immunologische Abwehrreaktion nachweisbar ist. Hierzu zählen Reaktionen auf Zusatzstoffe, Aromastoffe oder biogene Amine, die besonders in Hartkäse, Rotwein oder Sauerkraut vorkommen.“
Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.

Ob Glutamat wirklich für die Beschwerden verantwortlich ist, wird in der Fachwelt diskutiert. Studien haben belegt, dass die Symptome nicht nur von Glutamat, sondern auch von anderen Bestandteilen der Speisen hervorgerufen werden können – zum Beispiel durch

  • Erdnüsse,

  • Garnelen,

  • Fisch- und Sojasauce,

  • Kräuter oder

  • Zusatzstoffe.

In anderen Versuchen wurde auch der sogenannte Nocebo-Effekt nachgewiesen: Proband:innen verspürten die Beschwerden allein durch die Befürchtung, dass im Essen Glutamat enthalten sein könnte, was in Wirklichkeit nicht der Fall war.

Vermutet wird zudem eine enge Verbindung zu einer Histamin-Intoleranz, einer weiteren Nahrungsmittel-Unverträglichkeit, bei der der Körper auf ein Ungleichgewicht zwischen dem mit der Nahrung aufgenommenen und dem selbst gebildeten Histamin reagiert. Auch diese Stoffwechselerkrankung kann nur sehr schwer nachgewiesen werden.

Expert:innen halten es zudem für möglich, dass (Pollen-)Allergiker und Asthmatiker empfindlicher auf Glutamat reagieren und hier ein Zusammenhang bestehen könnte. Erwiesen ist dies allerdings bislang nicht. Daher gibt es auch keine speziellen Therapien oder Medikamente gegen die Beschwerden.

Was hilft bei Glutamat-Allergie?

Wenn Sie den Verdacht haben, unter einer Glutamat-Unverträglichkeit zu leiden, sollten Sie zunächst bei einem Allergologen oder einer Allergologin ausschließen lassen, dass Sie an einer anderen Lebensmittel-Allergie leiden.

Um eine Glutamat-Unverträglichkeit zu testen, kann man dann ein Ausschluss- und Provokationsverfahren unter ärztlicher Beobachtung anwenden: Dabei meiden Sie für mehrere Wochen Speisen und Lebensmittel, die Ihre Beschwerden möglicherweise auslösen. Dann nehmen Sie sie langsam wieder zu sich. So können Sie feststellen, bei welchen Nahrungsmitteln sich die Symptome zeigen und sollten auf diese in Zukunft komplett verzichten.

Bei einer Glutamat-Allergie ist es empfehlenswert, industriell hergestellte Speisen sowie glutamathaltige Würze zu vermeiden, mit frischen Zutaten zu kochen und sich generell gesund und abwechslungsreich zu ernähren.

Quellen:

Glutamat: Harmlos oder Nervengift? In: ugb.de

Nahrungsmittelunverträglichkeiten - Intoleranz und Allergie, in: medizin1.uk-erlangen.de

Nicht jede Lebensmittelunverträglichkeit ist eine Allergie, in: dge.de