Glukosetoleranztest: Ablauf und Auswertung
Mittels eines Glukosetoleranztests erfahren Patienten, ob bei ihnen Diabetes mellitus oder (bei werdenden Müttern) Schwangerschaftsdiabetes vorliegt. Wie läuft der Zuckerbelastungstest ab und was sagen die Werte aus?
Oraler Glukosetoleranztest (oGTT): Was ist das?
Ein Glukosetoleranztest dient dazu, herauszufinden, ob der Körper Glukose (Traubenzucker) normal verwerten kann. „Der orale Glukosetoleranztest (oGTT) ist ein Verfahren zur Aufdeckung einer gestörten Zuckerverstoffwechselung, eines beginnenden Diabetes Mellitus Typ II sowie Schwangerschaftsdiabetes”, sagt der Hamburger Diabetologe und Bestsellerautor Dr. Matthias Riedl. „Während des Tests wird der Blutzuckerverlauf vor und nach oraler Aufnahme einer definierten Glukoselösung in einem bestimmten Zeitintervall überprüft und nach genau definierten Grenzwerten ausgewertet.”
Wann wird ein Glukosetoleranztest durchgeführt?
„Die Indikation zur Durchführung eines Glukosetoleranztests in der Diabetologie ist bei erhöhtem Risiko zur Entwicklung eines Diabetes Mellitus Typ II gegeben”, sagt Dr. Riedl.
Faktoren, die zu einem erhöhten Diabetesrisiko führen:
- ein erhöhter Nüchternglukose- (< 100mg/dl) oder HbA1c (Langzeitzucker)-Wert
- Risikosituationen wie erstgradige Verwandte mit Typ-II-Diabetes
- Übergewicht mit BMI >27 kg/m^2
- Bluthochdruck
- eine Fettstoffwechselstörung
- ein zurückliegender Schwangerschaftsdiabetes
In der Gynäkologie dient der Glukosetoleranztest (auch Zuckerbelastungstest genannt) außerdem als Vorsorgeuntersuchung zum Ausschluss eines Schwangerschaftsdiabetes. „Der Test kann auch zur Abklärung eines unerfüllten Kinderwunsches bei zumeist Insulinresistenz im Rahmen eines PCO-Syndroms durchgeführt werden.”
Zuckerbelastungstest: Welche Varianten gibt es?
Es gibt laut dem Experten aktuell zwei unterschiedliche Formen von Glukosetoleranztest: Den sogenannten 50g-Screening-Test, der durch die Gynäkologen im Rahmen der Schwangerenvorsorge durchgeführt wird, sowie den 75g-Glukosetoleranztest, der den Standard in der Diabetologie ausmacht. Heißt: eine Kurzvariante (auch: Glukose-Challange-Test) und einen längeren oralen Glukosetoleranztest (oGTT). Beide Testverfahren werden oft auch einfach Zuckertest genannt.
Glukose-Challenge-Test: die Durchführung
Die beiden Testvarianten unterscheiden sich im Ablauf entscheidend voneinander: Der Glukose-Challenge-Test ist kürzer in der Anwendung und kann quasi zu jeder Tageszeit durchgeführt werden. Der Ablauf ist simpel: Der Patient trinkt ein großes Glas konzentrierte Zuckerlösung: 50 Gramm Glukose (Traubenzucker) aufgelöst in 250 bis 300 Milliliter Wasser. Nach der einstündigen Wartezeit erfolgt eine Blutabnahme, um die Höhe des Blutzuckers zu bestimmen.
Oraler Glukosetoleranztest: Ablauf
Erscheinen Sie nüchtern in der Arztpraxis, wenn der Zuckertest ansteht. Heißt: nicht frühstücken, die letzte Mahlzeit am Vorabend einnehmen. Dasselbe gilt für Getränke (außer Wasser). „Zunächst erfolgt die Bestimmung der Nüchtern-Glukose”, sagt Dr. Riedl. Es wird Blut abgenommen (aus Vene, Finger oder Ohrläppchen), um den Blutzucker im nüchternen Zustand bestimmen zu können. „Daraufhin erhält der Patient eine 300 Milliliter umfassende Lösung mit 75 Gramm Glukose zu trinken. Nach zwei Stunden wird dann erneut der Blutzucker gemessen. Daraufhin erfolgt die Auswertung”, erklärt der Diabetologe. Kinder erhalten eine Glukose-Menge, die an ihr Körpergewicht angepasst wird.
Wird der Test aufgrund eines Verdachts auf Diabetes mellitus durchgeführt, erfolgt nach rund zwei Stunden eine erneute Blutentnahme bzw. Messung des Blutzuckers. Besteht der Verdacht auf Schwangerschaftsdiabetes, nimmt der Arzt eine Stunde nach dem ersten Test nochmals Blut ab und dann erneut nach zwei Stunden.
Der Zuckertest sollte im Liegen oder Sitzen durchgeführt werden. Außerdem wird empfohlen, bis zur letzten Blutentnahme nicht zu essen, nicht zu trinken und nicht zu rauchen. „Voraussetzung für die Durchführung des Tests ist, dass der Patient zuvor über zehn Stunden nüchtern ist”, betont der Experte. Achten Sie an den Tagen vor dem Test auf eine normale Ernährung. Diäten bzw. Abweichungen von der gewohnten Ernährungsweise können die Aussagekraft des Testergebnisses verfälschen.
Auch spezielle Medikamente können das Ergebnis beeinflussen. „Außerdem sollte kein akuter Krankheitszustand vorliegen. Ein Diabetes mellitus Typ I stellt eine Kontraindikation dar”, sagt Dr. Riedl. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber und lassen Sie sich genau erklären, worauf Sie achten sollten.
Glukosetoleranztest: Werte im Normbereich?
Die Ergebnisse des oralen Glukosetoleranztests werden in den Einheiten Milligramm pro Deziliter (mg/dl) oder Millimol pro Liter (mmol/l) angegeben. Bei der Auswertung der Glukosetoleranztest-Werte gilt: Ein Diabetesverdacht besteht bei einem Nüchternblutzucker ab 126 mg/dl bzw. 7,0 mmol/l sowie bei einem Wert ab 200 mg/dl bzw. 11,1 mmol/l zwei Stunden nach Einnahme der Lösung.
Birgt der Zuckertest Risiken?
Der Zuckerbelastungstest ist generell eine sehr risikoarme Untersuchung. „Ein spezielles Risiko ist die Gefahr der Überzuckerung durch zu hohe Zuckerbelastung”, sagt Dr. Riedl. Dies sollte aber durch das Messen der Nüchtern-Glukose weitestgehend ausgeschlossen sein, da der Test bei eindeutig pathologischer Nüchtern-Glukose (< 126mg/dl) nicht durchgeführt wird. „Ansonsten können allgemeine Risiken wie Unverträglichkeit der Glukoselösung natürlich nicht ausgeschlossen werden”, so der Experte. Diese treten beim Glukosetoleranztest allerdings selten auf.
Dr. Matthias Riedl, Diabetologe, Ernährungsmediziner, Internist, Bestsellerautor, Geschäftsführer und ärztlicher Direktor im MEDICUM HAMBURG, Europas größtes und ältestes Zentrum für Diabetes und Ernährungsmedizin. 2019 feierte die Diabetesabteilung 75-jähriges Jubiläum.