Ghosting in der Freundschaft: So kündigt sich der Kontaktabbruch an

Im Dating ist Ghosting schmerzhaft, aber meist verkraftbar, da es sich in der Regel um eine Person handelt, die man noch gar nicht richtig kannte. Ghosting in der Freundschaft hingegen ist nicht so leicht zu verdauen. Schon gar nicht, wenn es langjährige Freund:innen sind, die sich von heute auf morgen nicht mehr melden. Aber ganz so plötzlich, wie es scheint, kommt das Ende der Freundschaft nicht. Alles zu Ursachen und frühen Anzeichen für Ghosting in der Freundschaft.

JW Video Platzhalter
Zustimmen & weiterlesen
Um diese Story zu erzählen, hat unsere Redaktion ein Video ausgewählt, das an dieser Stelle den Artikel ergänzt.

Für das Abspielen des Videos nutzen wir den JW Player der Firma Longtail Ad Solutions, Inc.. Weitere Informationen zum JW Player findest Du in unserer Datenschutzerklärung.

Bevor wir das Video anzeigen, benötigen wir Deine Einwilligung. Die Einwilligung kannst Du jederzeit widerrufen, z.B. in unserem Datenschutzmanager.

Weitere Informationen dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Ghosting kennen viele aus dem Dating-Leben: Inmitten der Kennenlernphase meldet sich das Gegenüber plötzlich nicht mehr. Aber Ghosting in der Freundschaft kommt ebenso häufig vor. Was bringt Menschen dazu, Freund:innen ohne Erklärung aus ihrem Leben zu streichen?

Eine Frau schaut sorgenvoll auf ihr Handy
Wenn Freund:innen sich plötzlich nie mehr melden, kann das sehr schmerzhaft sein Foto: iStock_tommaso79

Ghosting in der Freundschaft: Wenn Freunde sich nicht mehr melden

Nachrichten bleiben unbeantwortet, Anrufe werden ignoriert und auch auf sozialen Medien bekommt man keine Reaktion mehr: Ghosting fühlt sich so an, als existiere das Gegenüber plötzlich nicht mehr – eben wie ein Geist. Er oder sie verschwindet ohne Erklärung oder Vorwarnung von der Bildfläche.

Wenn eine Nachricht ein paar Tage unbeantwortet bleibt, denkt man noch lange nicht an Ghosting. Vielleicht hat er:sie einfach keine Zeit. Aber wenn die erste Woche ohne Antwort rum ist, ahnt man, dass etwas nicht stimmt. Das Gedankenkarussell setzt ein: Ist er/sie krank oder versinkt gerade im Stress? Doch wenn man sieht, dass der Online-Status aktuell ist und die Person sogar auf sozialen Medien aktiv ist, weiß man: es liegt an mir. Genau das ist von Ghostern intendiert. Sie wollen dem anderen zu verstehen geben, dass sie die Freundschaft nicht mehr weiterfortführen wollen.

Ghosting greift das Selbstwertgefühl an

Wenn eine Freundschaft durch Ghosting beendet wird, ist das für Betroffene ein herber Schlag. Man kann nicht anders, als es persönlich zu nehmen. Das Selbstwertgefühl leidet extrem – nicht nur aufgrund der erfahrenen Ablehnung, sondern auch weil das Ghosting eine Geringschätzung zum Ausdruck bringt: Man ist dem Ghoster scheinbar so unwichtig, dass er es nicht für nötig erachtet, seinen Rückzug zu erklären.

Der plötzliche Kontaktabbruch kann einen verwirrt, hilflos und mit einem Gefühl der Wertlosigkeit zurücklassen, was mitunter eine depressive Verstimmung verursachen kann, wenn der Selbstwert ohnehin schon angegriffen ist. Daneben kann in anderen Beziehungen eine Angst vor Ablehnung und Verlustangst infolge des Ghostings aufkommen.

Ghosting in der Freundschaft: Was sind mögliche Auslöser?

Wenn man geghostet wird, kreisen die Gedanken unablässig um die eine Frage: Was habe ich Schlimmes getan, dass er/sie den Kontakt zu mir abbricht? Die Antwort ist gar nicht so leicht. Es können unterschiedliche Motive dahinterstecken, wenn sich jemand dazu entschließt, sang- und klanglos aus dem Leben eines früheren Freundes zu verschwinden.  

Ghosting tritt gerade in langjährigen Freundschaften, die seit Kindheitstagen oder der Schulzeit bestehen, nicht selten auf. Denn genau wie in romantischen Beziehungen kann man sich auch in einer Freundschaft auseinanderleben. Während die eine beispielsweise mit Mann und Kind in der Heimatstadt lebt, führt die andere ein Single-Leben in der Großstadt. Irgendwann teilt man nichts mehr außer Erinnerungen an vergangene Zeiten.

Häufig geht das Ghosting auch auf Probleme in der Freundschaft zurück, wie etwa

  • lange schwelender Unmut oder Ärger, der aber nie thematisiert wurde,

  • unausgesprochene Konflikte,

  • häufige Streitsituationen,

  • stark unterschiedliche Ansichten oder Lebensweisen,

  • Fehlverhalten des Gegenübers (verletzende Worte, wiederholtes Versetzen oder Verschieben von vereinbarten Treffen) oder

  • eine toxische Freundschaft (z.B. häufiges Lügen, Manipulation oder Rücksichtslosigkeit).

Was sind das für Menschen, die ghosten?

Es kann nachvollziehbare Gründe haben, eine Freundschaft zu beenden. Aber warum entscheidet man sich dazu, dies mithilfe von Ghosting zu tun? Menschen, die ghosten, haben in der Regel nie gelernt, mit Konflikten umzugehen und offen zu kommunizieren. Sie beenden die Freundschaft auf eine passive Art, weil sie die Konfrontation meiden.

Auch Bindungsangst kann Menschen dazu bringen, bei aufkommender emotionaler Nähe die Verbindung ohne erklärende Worte zu kappen. Ein solches Verhaltensmuster tritt vor allem in romantischen Beziehungen auf, es kann sich aber auch in Freundschaften zeigen. Manche ziehen das Ghosting einer Aussprache auch vor, um die betroffene Person mit der Wahrheit nicht zu verletzen.

Allerdings wird das Ghosting in der Freundschaft nicht immer mit Absicht betrieben. Sich nicht mehr bei seinen Freund:innen zu melden, kann auch eine Folge von Depressionen sein.

Frühe Anzeichen für Ghosting in der Freundschaft

Für die meisten Betroffenen kommt der Kontaktabbruch völlig unerwartet. Dabei kündigt sich Ghosting in einer Freundschaft in der Regel lange vorher an: Nachrichten werden immer öfter ignoriert oder erst nach einigen Tagen beantwortet. Ihr Gegenüber ist kurz angebunden, geht nicht auf Gesprächsversuche ein und fragt Sie nicht mehr, wie es Ihnen geht. Die Online-Kommunikation dient dazu, Distanz zu schaffen, um so die Weichen für das spätere Ghosting zu stellen. Zudem werden Treffen immer häufiger abgesagt. Kommt es doch nach Ewigkeiten zu einem Treffen, hat das Gegenüber nicht viel Zeit für Sie und wirkt desinteressiert.

Der Kontakt wird immer seltener, bis er irgendwann komplett eingestellt wird. Für Betroffene kann sich der Kontaktabbruch wie ein harter Schnitt anfühlen. Aber für die Ghoster ist er der Endpunkt eines langen Prozesses, in dem sie den Kontakt bewusst und schrittweise auslaufen lassen.

Was kann man tun, wenn man geghostet wird?

Wenn Sie merken, dass Sie gerade mehr und mehr geghostet werden, wenn also der Kontakt immer sporadischer wird, können Sie versuchen gegenzusteuern: Möchten Sie die Freundschaft aufrechterhalten, sollten Sie das Gespräch suchen und Ihr Gegenüber mit Ihren Bedenken konfrontieren – am besten bei einem Treffen, bei dem Sie über unausgesprochene Konflikte reden und Nähe wiederherstellen können.

Allerdings ist es manchmal auch besser, das Ghosting – so ärgerlich und verletzend es auch ist – hinzunehmen. Wenn Sie schon länger das Gefühl haben, dass es sich um eine einseitige Freundschaft handelt, die Beziehung zu einer Pflichtübung geworden ist oder das Gegenüber auf keine Nachrichten mehr reagiert, also das Ghosting bereits im vollen Gange ist, bringen weitere Kontaktversuche nichts.

Bei einer engen Freundschaft kann es schwierig sein, loszulassen und das Ghosting zu akzeptieren. Einfacher wird es, wenn man sich stärker auf Menschen konzentriert, die einem Wertschätzung und aufrichtiges Interesse entgegenbringen. Das stärkt zugleich das angeschlagene Selbstwertgefühl. Es kann auch helfen, eine letzte Nachricht an den Ghoster zu schicken, in der Sie Ihre Wut rauslassen können. Um über Ghosting in der Freundschaft hinwegzukommen, sollten Sie sich zudem eines vor Augen führen: Es gibt viele andere Menschen in Ihrem Leben, die gerne mit Ihnen zusammen sind.