Podcast: Darmflora adé! Wenn Antibiotika den Darm angreifen
Das Antibiotikum gilt als eine der wichtigsten Säulen unserer Gesundheitsversorgung. Trotzdem führt seine Einnahme zu einem Ungleichgewicht in der Darmflora, was Darmbeschwerden und Durchfall hervorrufen kann. Krankenhaushygienikerin und Infektiologin Eva Laubrecht erklärt, was man unter ABS (Antibiotic Stewardship) versteht, wie sich der Einsatz von Antibiotika auf unsere Darmflora auswirkt und worauf geachtet werden sollte.
Die Darmflora: Was ist das eigentlich?
Als Darmflora bezeichnet man die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die den Darm von Mensch und Tier besiedeln. Dabei handelt es sich in erster Linie um Bakterien. Die Darmflora gehört zum Mikrobiom des Menschen, worunter man sämtliche Mikroorganismen versteht, die dem menschlichen Körper anhaften. Diese Milliarden Bakterien im menschlichen Darm sind dafür zuständig, Nahrung zu verdauen, Vitamine zu produzieren und unser Immunsystem zu stärken und so vor krankheitserregenden Artgenossen zu schützen.
Allerdings ist unser Mikrokosmos im Darm besonders störanfällig. Gerät die Darmflora aus dem Gleichgewicht, drohen Infektionen, Diabetes, Übergewicht, entzündliche und neurologische Erkrankungen, laut Dr. Sophia Forslund, schwedische Bioinformatikerin an der MDC Berlin.
Gesundheitspodcast VITATALK: Wenn das Antibiotikum die Darmflora zerstört
Weshalb verursachen Antibiotika Durchfall?
Antibiotika bekämpfen Bakterien, die Infektionen auslösen. Bei Krankheiten, die durch Viren ausgelöst werden, erzielt ein Antibiotikum keine Wirkung. Das Mikrobiom im Darm besteht aus unterschiedliche Bakteriengruppen. Einige befinden sich vermehrt im Mund-, Rachen- oder Lungenbereich, andere sind im Darm bzw. Teil der Darmflora. Somit existieren unterschiedliche Antibiotika für unterschiedliche Bakterien, erklärt Eva Lauprecht.
Ein Antibiotikum wirkt nicht gezielt an einem bestimmten Ort, sondern verteilt sich überall im Körper. Dies stellt im Zusammenhang mit der Darmflora ein Problem dar. Denn jedes verabreichte Antibiotikum greift nicht nur die "bösen Bakterien", sondern auch die "guten Bakterien" an. Es hemmt also nicht nur das Wachstum der krankheitsverursachenden Bakterien, sondern auch das der Bakterien, die das Immunsystem fördern. Nach der Einnahme von Antibiotika ist die ursprüngliche Zusammensetzung und die Vielfalt der Darmbakterien aus dem Gleichgewicht geraten. Das Ungleichgewicht zwischen den schlechten (Fäulnisbakterien) und guten (Lactobakterien) Bakterien, führt zu Darmproblemen und häufig zu Durchfall.
Was ist ABS? ABS (Antibiotic Stewardship) beschreibt ein Programm, welches die optimale, zielgerichtete Vergabe von Antibiotika bei Infektionskrankheiten gewährleisten soll. Bei jedem einzelnen Patienten soll der Einsatz von Antibiotika verbessert und die Infektion somit möglichst gut und mit wenig Nebenwirkungen bekämpft werden.
Schutz und Stärkung bei Antibiotika: Prä- oder Probiotika?
Probiotika sind einzelne Stämme guter Darmbakterien, die in Form von z.B. Nahrungsergänzungsmitteln oral aufgenommen werden. Präbiotika hingegen versteht man als Nahrung für die guten Bakterien im Darm, die wie Düngemittel oder Nährstoffe wirken. Der Studie von Eva Lauprecht zufolge regenerierte sich die Darmflora nach der Zugabe von Präbiotika deutlich besser als ohne weitere Unterstützung. Wer also seinen Darm während der Einnahme von Antibiotika unterstützen will, kann präbiotische Lebensmittel in seinen Speiseplan integrieren, am besten in gekochter Form.
Präbiotische Lebensmittel sind zum Beispiel:
- Chicorée
- Knoblauch
- Zwiebeln
- Lauch
VITATALK: Der Gesundheitspodcast online
Hier gibt es noch mehr VITATALK! Hören Sie rein! Entweder hier bei uns, auf iTunes, TuneIn, Soundcloud und podcast.de.
Anne Eva Lauprecht, Leitung Infektionsprävention & Krankenhaushygiene, Evang. Kliniken Essen-Mitte
Dr. Sofia Forslund, Forschungsgruppe Wirt-Mikrobiom Faktoren in Herz-Kreislauferkrankungen, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft