Brisante Anpassungen: Weder genesen noch geboostert? Regel-Wirrwarr in Deutschland
Eine Anpassung des RKI in Bezug auf den Genesenenstatus sorgt für ebenso heftige Diskussionen wie das Chaos um den Booster-Status nach einer Johnson & Johnson-Impfung. Die Änderungen im Überblick.
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Als Reaktion auf die dramatisch steigenden Infektionszahlen in der Omikron-Welle hat das RKI den Genesenenstatus verkürzt. Auch Neuregelungen zur Booster-Impfung nach einer Immunisierung mit Johnson & Johnson gelten ab sofort.
Was gilt wann und vor allem, wie lange gilt was? Ein Überblick.
Genesenenstatus verkürzt: Ab wann gilt die Änderung?
Am Wochenende machte das RKI auf seiner Homepage eine überraschende Ankündigung: Ab sofort gelten Menschen, die eine COVID-19-Infektion durchgestanden haben, nur noch 90 Tage statt wie bisher 180 Tage als genesen.
Das RKI begründet die Neuregelung auf seiner Homepage mit der dramatischen Infektionslage, die die Omikron-Variante derzeit verursacht:
"Die Dauer des Genesenenstatus wurde von 6 Monate [sic.] auf 90 Tage reduziert, da die bisherige wissenschaftliche Evidenz darauf hindeutet, dass Ungeimpfte nach einer durchgemachten Infektion einen im Vergleich zur Deltavariante herabgesetzten und zeitlich noch stärker begrenzten Schutz vor einer erneuten Infektion mit der Omikronvariante haben."
Der verkürzte Genesenenstatus gilt ab 15. Januar 2022.
Keine 90 Tage: Wie lange gilt man als Genesen?
Offiziell bleibt der Genesenenstatus 90 Tage bestehen. Effektiv aber können Personen, die eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, ihren Genesenenstatus keine kompletten drei Monate nutzen.
Denn: Die 90 Tage werden ab dem Zeitpunkt der Testabnahme gerechnet, der Genesenenstatus gilt aber erst ab dem 28. Tag. Faktisch haben Genesene also ihren Status nur 62 Tage, in denen sie dieselben Vorteile wie vollständig Geimpfte nutzen können. Ohne anschließende Impfung fallen sie danach aus den 2G bzw. 2G-Plus-Regelungen heraus.
Ab 15. Januar: Gilt der neue Genesenenstatus rückwirkend?
Der Neuregelung ist Teil der Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Coronavirus-Einreiseverordnung vom 14. Januar, die am 15. Januar bundesweit in Kraft getreten ist.
Wichtig: Der verkürzte Genesenenstatus gilt rückwirkend für alle Genesenenzertifikate. Wessen COVID-19-Infektion also länger als 90 Tage zurückliegt, gilt ab sofort nicht mehr als genesen.
Kritik: Entscheidung zum Genesenenstatus nicht wissenschaftlich
Der geänderte Genesenenstatus hat eine hitzige Diskussion in Gang gesetzt. Befürworter:innen gehen mit Blick auf die sich schnell ausbreitende Omikron-Variante davon aus, dass die Neuerung langfristig für einen besseren Schutz der Genesenen sorgen wird. Wer sich nach einer Erkrankung früher impfen bzw. boostern lässt, ist wahrscheinlicher vor einem Impfdurchbruch geschützt.
Kritiker:innen weisen auf ein grundlegendes Problem hinsichtlich der neuen RKI-Vorgabe hin: Es fehle die wissenschaftliche Grundlage, die einen verkürzten Genesenenstatus rechtfertigt.
Das RKI nennt zwar drei Quellen in seiner Bekanntgabe. Aus keiner der drei lässt sich aber auf den ersten Blick eine wissenschaftliche Erklärung für die Zeitspanne von 90 Tagen finden. "Wir müssen wirklich aufpassen, dass die Entscheidungen auf fundiertem Wissen basieren und nicht willkürlich getroffen werden", mahnt Virologe Hendrik Streeck, Mitglied des Corona-Expertenrats der Bundesregierung, im Interview mit "Welt".
RKI: Am Stiko-Zeitplan orientiert?
Virologe Jörg Timm zeigte sich im "BR24"-Interview indes verständnisvoller. "Mit der Omikron-Variante gibt es neue Rahmenbedingungen", sagte der Studienleiter am Institut für Virologie des Universitätsklinikums Düsseldorf. Die 90 Tage entsprechen der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), nach drei Monaten eine Auffrischungsimpfung durchführen zu lassen. "[Beim verkürzten Genesenenstatus] hat man sich sicher an dem empfohlenen Nachimpftermin orientiert", mutmaßt der Experte.
Johnson & Johnson-Chaos: Booster oder nicht?
Einher mit der Diskussion um den Genesenenstatus geht das Chaos um die Booster-Impfung bei Johnson & Johnson. In vielen Bereichen des öffentlichen Lebens gilt 2G-Plus, wodurch nur Geimpfte und Genesene Personen Zutritt zu bestimmten Lokalitäten haben, wenn sie zusätzlich einen aktuellen, negativen Corona-Test vorweisen. Geboosterte Personen müssen diesen Nachweis nicht erbringen.
Johnson & Johnson-Booster: Gültig ab welcher Impfung?
Bisher haben es Bund und Länder nicht geschafft, in Bezug auf das Vakzin von Johnson & Johnson einheitliche Regelungen zu schaffen.
Zunächst galten Personen, die eine Impfung mit Johnson & Johnson erhalten hatten, als vollständig geimpft. In Zukunft ändert sich das: Für den Status "vollständig geimpft" benötigen J&J-Geimpfte ab sofort zwei Impfungen.
Das Problem: Nach der zweiten Impfung gelten sie in manchen, aber längst nicht allen Bundesländern als geboostert.
Nur in Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen gelten Johnson & Johnson-Geimpfte nach einer Auffrischimpfung als geboostert. In den anderen Bundesländern müssen für den Booster-Status mindestens zwei Nachfolgeimpfungen vorliegen.
Bei der Frage um den Booster-Status nach einer Johnson & Johnson-Impfung zeigt sich ebenso wie beim verkürzten Genesenenstatus vom RKI: Je transparenter und verständlicher die Corona-Regeln sind, desto besser werden sie von der Bevölkerung aufgenommen.
Quellen:
Fachliche Vorgaben des RKI für COVID-19-Genesenennachweise, in: rki.de
Wie kam es zum plötzlichen Verlust des Genesenenstatus?, in: welt.de
Wirbel um verkürzten Genesenen-Status: Das sagen Experten, in: br.de
Johnson & Johnson: Die Booster-Regeln der Bundesländer, in: morgenpost.de