Gefahr Hypertonie – Die Wahrheit über hohen Blutdruck
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Was macht Hypertonie eigentlich so gefährlich? Und warum bereitet es Ärzten heute immer häufiger Probleme, kritische Werte zu senken? Professor Heribert Schunkert erklärt, wie Experten schwierige Fälle behandeln und warum es ein Kunstfehler ist, Hypertonie-Patienten nicht richtig einzustellen.
Herr Professor Schunkert, warum wird ständig empfohlen, den Blutdruck messen zu lassen? Was soll die Panikmache? Verdienen die Ärzte nicht genug?
Auf keinen Fall. Hoher Blutdruck – Hypertonie – ist ein stiller Killer. Viele Menschen ahnen gar nicht, dass sie von einer Hypertonie betroffen sind. Denn es gibt kaum Warnsignale. Dennoch hat Hypertonie lebensgefährliche Folgeschäden – Schlaganfall, Herzinfarkt oder Nierenschäden.
Der Blutdruck eines Freundes beträgt 170/110 – obwohl er täglich fünf verschiedene Medikamente einnimmt. Sein Internist ist ratlos. Was kann ihm helfen?
Der Internist sollte ihn an einen Hypertensiologen überweisen. Das sind in der Regel Fachärzte für Innere Medizin, Herzspezialisten oder Fachärzte für Nierenkrankheiten, die sich auf die Behandlung von Hypertonie-Patienten spezialisiert haben und sich auf diesem Gebiet laufend fortbilden.

Was passiert dort mit ihm?
Zunächst wird überprüft, ob die bisher verordneten Medikamente richtig zueinander passen, ob die Dosierung stimmt oder ob es da noch eine Lücke gibt. Der nächste Schritt wäre, zu sehen, wie sich der Blutdruck im Tagesverlauf entwickelt. Hierzu führt man eine 24-Stunden-Messung durch.
Wie funktioniert das?
Dem Patienten wird eine aufblasbare Blutdruckmanschette am Oberarm angelegt, die über einen Schlauch mit einem elektronischen Messgerät verbunden ist. Mehrmals in der Stunde wird die Manschette automatisch aufgeblasen und der Blutdruck gemessen. Zudem führt der Patient Protokoll über seine täglichen Aktivitäten.
Auf welche weiteren Untersuchungen sind Hypertensiologen spezialisiert?
In vielen Fällen spielen Atemaussetzer im Schlaf bei Hypertonie eine Rolle. Deshalb messen wir nachts mit einem Gerät den Luftfluss und die Sauerstoffsättigung des Patienten. Auffälligkeiten sollten im Schlaflabor gecheckt werden. Bei vielen Patienten kann eine Atemmaske die nächtlichen Atemaussetzer verhindern. Ein anderer Ansatz ist, genauer auf die Nierenfunktion zu schauen oder die Salze im Blut zu überprüfen.
Warum ist es häufig so schwierig, die richtige Therapie für Patienten mit Hypertonie zu finden?
Es ist nicht so, dass man mit seinem ersten Therapieansatz bei Hypertonie gleich Erfolg hat, also dass der Blutdruck dann gleich richtig eingestellt ist, nicht zu hoch und nicht zu tief. Gerade bei schwer einstellbaren Patienten ist das ein Geduldsspiel, das heißt, da müssen sich Arzt und Patient schon zwei, drei Monate Zeit nehmen, in denen sie sich dann mehrmals sehen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass sich eine Art Teamgeist zwischen Patient und Arzt bildet: Sie müssen sich gegenseitig vertrauen, um gemeinsam das Ziel zu erreichen, den Blutdruck richtig einzustellen.
Ab welchem Wert kommt man mit Hypertonie an Medikamenten nicht vorbei?
Es hängt immer davon ab, wie hoch die Motivation und die Disziplin des Patienten sind. Ich habe einen Patienten vor Augen, der hatte eine schwere Hypertonie, aber eben auch 40 Kilo Übergewicht. Er hat sehr hart an sich gearbeitet. Er hat intensiv Sport getrieben und sein Gewicht normalisiert, sodass er schließlich wieder einen normalen Blutdruck hatte. Insofern soll man den Lebensstilmaßnahmen am Anfang schon eine Chance geben. Aber wenn sich nach etwa vier Wochen kein Erfolg einstellt, ist eine Medikation erforderlich.
Gibt es auch operative Methoden, um den Blutdruck zu regulieren?
Ja, es gibt ein neues Verfahren für Patienten mit schwer behandelbarer Hypotonie, also Patienten, die mindestens drei oder vier Bluthochdruckmedikamente einnehmen und trotzdem erhöhte Blutdruckwerte haben, ohne dass man eine Ursache dafür findet. Bei dieser Operation werden über spezielle Katheter die Nierennerven durchtrennt und verödet. Und danach geht bei mindestens 80 Prozent der Patienten der Blutdruck runter. Auch ihr Allgemeinbefinden verbessert sich häufig. Bei manchen Patienten mit Hypertonie lassen sich nach der Operation die Medikamente reduzieren, in ganz seltenen Fällen kann man die Medikamente auch absetzen.

Und wenn nun selbst die Therapieansätze des Hypertensiologen keinen Erfolg zeigen? Gibt es noch eine andere Möglichkeit, dem Patienten mit Hypertonie zu helfen?
Ja, eine weitere Methode gibt es noch bei Hypertonie, eine Operation, bei der über eine Art Schrittmacher die Nerven stimuliert werden. Das muss man sich folgendermaßen vorstellen: Der Körper selbst hat Blutdruckmessfühler, die sitzen an den großen Arterien, insbesondere am Hals. Und wenn diese Messfühler dauerhaft stimuliert werden, wird dem Gehirn suggeriert: Der Blutdruck ist viel zu hoch. Der Körper versucht dann, dies zu regulieren und den Blutdruck zu senken. Diese OP wird aber nicht allgemein empfohlen, weil es durch Implantation des Schrittmachers ein sehr großer Eingriff ist. Aber für die Fälle, in denen keine andere Therapie wirkt, wäre es noch eine Möglichkeit.
Wie hoch sind die Heilungschancen für Patienten, die einen Hypertensiologen aufsuchen?
Heilung im engeren Sinne gibt es bei den meisten Hypertonie-Patienten nicht, weil ein Großteil von ihnen leider dauerhaft Medikamente einnehmen muss, um den Blutdruck konstant zu halten. Von Heilung könnte man nur sprechen, wenn eine körperliche Ursache Auslöser für den Bluthochdruck ist. Beispielsweise eine Verengung der Nierenarterie, eine Schlafapnoe oder Fehlernährung. Hier ist der sogenannte sekundäre Bluthochdruck gemeint, den man gezielt behandeln kann – durch eine Operation, das Tragen einer Atemmaske oder eine Ernährungsumstellung. Wenn die Hypertonie aber primär ist, weil keine organischen Ursachen vorliegen, dann können wir dauerhaft normale Blutdruck-Werte nur unter Medikation erreichen.

Und wie kann ich eine Hypertonie verhindern?
Bleiben Sie schlank und ernähren Sie sich gesund. Ganz wichtig: Schränken Sie Ihren Salzverbrauch ein! In Ländern, in denen sich die Menschen salzarm ernähren, gibt es viel weniger Bluthochdruckpatienten. Kleine Mengen Alkohol sind erlaubt, aber zwei Flaschen Bier am Tag erhöhen den Blutdruck. Und natürlich: Geben Sie das Rauchen auf.
Im Interview: Prof. Dr. med. Heribert Schunkert
Kardiologe und Direktor der Klinik für Erwachsenenkardiologie am Deutschen Herzzentrum München.
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