Gedächtnistraining bei Demenz: Diese 10 Tipps helfen Angehörigen – plus Beispielübungen!

Gedächtnistraining bei Demenz ist Bestandteil des Therapiekonzepts und hat zum Ziel, die vorhandenen kognitiven Fähigkeiten der Demenzerkrankten noch lange zu erhalten. Welche positiven Auswirkungen das mentale Training hat und welche Übungen und Spiele sich dafür eignen.

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Mit Gedächtnistraining bei Demenz gelingt es, die Konzentration und die Merkfähigkeit zu erhalten – und somit den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Neben mentalem Training durch fachliches Personal im Rahmen der Demenzbehandlung hilft es, wenn Angehörige sich Zeit nehmen und mit ihren Liebsten Spiele oder leichte Übungen durchgehen. Das tut nicht nur dem Demenzerkrankten gut, sondern stärkt auch die Bindung zueinander, die Sozialkompetenz und das Selbstwertgefühl des Betroffenen. Was Sie dabei berücksichtigen sollten und welche Alltagsspiele sich für das Gedächtnistraining bei Demenz anbieten.

Junge Frau schaut sich Fotos mit alter Frau an, um das Geträchnis zu trainieren
Gedächtnistraining hilft Demenzerkrankten, Ihre vorhandenen Fähigkeiten zu fördern, damit die Erkrankung langsamer voranschreitet Foto: iStock/eclipse_images

Gedächtnistraining bei Demenz: Was ist damit gemeint?

Mentales Training eignet sich für Demenzerkrankte, bei denen sich die Krankheit im Anfangs- oder fortgeschrittenen Stadium befindet. Dabei geht es weniger um typische Gedächtnisübungen wie Kreuzworträtsel lösen, sondern um individuell, zugeschnittene Übungen, die die kognitiven Fähigkeiten der Betroffenen fördern und erhalten – ohne Leistungs- oder Zeitdruck und in einer entspannten Atmosphäre.

Mit gezieltem Gedächtnistraining können Demenzerkrankte und Angehörige selbst etwas tun, um der abnehmenden Hirnleistung entgegenzuwirken – es stärkt also nicht nur die kognitiven Fähigkeiten, sondern auch das Selbstwertgefühl und die Selbstwirksamkeit. Nebenbei verbringen Angehörige und ihre Liebsten so wertvolle Zeit miteinander, in der Sie Spaß haben und kleine Erfolge erleben.

Diese positive Wirkung hat ganzheitliches Gedächtnistraining für Demenzkranke

Die positiven Effekte auf das Gehirn von Demenzerkrankten wurden bereits in vielen Studien bestätigt. Es zeigte sich zum Beispiel, dass die Gehirnfunktion der Betroffenen auf einem konstanten Niveau bleibt, wenn sie ihr Gedächtnis trainieren. Bleibt das Training aus, so verschlechtert sich die Gehirnleistung in der Regel immer weiter.

Auch der sogenannte MMSE-Wert bleibt stabil, wie sich in Studien gezeigt hat. MMSE steht für „Mini-Mental-Status-Test“ und dient als wichtiges Diagnoseinstrument, um kognitive Störungen bei älteren Menschen zu erfassen.

Gedächtnistraining bei Demenz ist ganzheitlich ausgerichtet und hat zum Ziel,

  • die Merkfähigkeit durch bestimmte Techniken zu fördern,

  • Gedächtnishilfen zu erlernen, um den Abbau des Kurzzeitgedächtnisses auszugleichen,

  • das Langzeitgedächtnis zu fördern,

  • die Konzentration zu steigern,

  • Erfolgslebnisse herbeizuführen, um der abnehmenden Gehirnleistung entgegenzuwirken,

  • die Kommunikation zu fördern,

  • die Sinnenorgane zu stimulieren,

  • soziale Teilhabe aufrechtzuerhalten

  • und die Alltagskompetenzen zu erhalten.

Gedächtnis bei Demenz trainieren: Frust vermeiden!

Sie haben sich vorgenommen, mit Ihrem Angehörigen, der an Demenz erkrankt ist, das Gedächtnis zu trainieren – und kommen schnell an ihre Grenzen? Wichtig beim Gedächtnistraining ist, dass bei keinem der Beteiligten Frustgefühle entstehen. Denn wenn die Aufgaben zu schwer sind und sich Demenzerkrankte unter Druck gesetzt fühlen, können sie schnell an Motivation verlieren, was wiederum Angehörige frustrieren könnte.

Wenn Sie daher Hilfe bei der Ausgestaltung des Gedächtnistrainings benötigen, wenden Sie sich an fachkundiges Pflegepersonal und Ärzt:innen, der/die für die Behandlung zuständig sind.

So gelingt das Gedächtnistraining bei Demenz: 10 Tipps für Angehörige

Damit sowohl Demenzerkrankte als auch ihre Angehörigen nicht zu schnell frustriert, sondern motiviert bei der Sache sind, helfen diese Tipps:

  1. Schaffen Sie eine angenehme, entspannte und ruhige Atmosphäre, in der sich Betroffene sicher und geborgen fühlen. Laute vom Radio, Fernsehen oder von anderen Menschen stören nur und sollten daher ausgeschaltet werden.

  2. Ein Gefühl von Geborgenheit kommt auch auf, wenn Sie Blickkontakt aufnehmen und hin und wieder den Demenzerkrankten an der Hand berühren.

  3. Erklären Sie jede Aufgabe, damit der andere weiß, worum es geht und wozu Sie das machen. Sprechen Sie dabei klar und deutlich und verwenden Sie einfache Sätze.

  4. Die Aufgaben sollten nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen – kürzere Übungen sind besser, um schneller Erfolgserlebnisse zu haben. Meistens reichen zehn Minuten.

  5. Suchen Sie Aufgaben oder Spiele heraus, die einen Alltagsbezug haben und Spaß machen.

  6. Nutzen Sie bekannte Gegenstände und Hilfsmittel – damit werden die Sinne gestärkt. Es eignen sich beispielsweise Steine, Eicheln und Kastanien aus dem Wald, Plättchen mit Zahlen und Buchstaben, Murmeln oder andere Dinge, zu denen der Erkrankte einen Bezug hat.

  7. Schauen Sie, wo die Stärken des Demenzerkrankten liegen und fokussieren Sie sich in der Auswahl der Übungen darauf – und weniger auf die Defizite.

  8. Aktivieren Sie das Langzeitgedächtnis, in dem Sie einfache Fragen über die Kindheit oder Jugend stellen – aktuelle Themen aus der Politik sind dagegen fehlt am Platz, weil der Betroffene sich das Tagesgeschehen nicht mehr merken kann.

  9. Üben Sie sich in Geduld und seien Sie emphatisch, wenn der Betroffene sich plötzlich ärgert oder frustriert ist.

  10. Sprechen Sie Lob aus – das motiviert die Betroffenen sehr.

Tipp: In Pflegekursen erhalten Angehörige Hilfe beim Gedächtnistraining

Wenn Sie beim Gedächtnistraining oder generell beim Umgang und der Pflege des Demenzerkrankten Hilfe benötigen, können Sie einen Pflegekurs für Angehörige besuchen. Wenden Sie sich dafür an Ihre gesetzliche Pflegeversicherung. Die Teilnahme an diesen Kursen ist für pflegende Angehörige und Menschen, die sich ehrenamtlich in der Pflege engagieren, kostenlos. Ein weiterer Pluspunkt: Sie lernen andere Angehörige kennen, stoßen auf Verständnis und können sich austauschen.

Die Kurse werden zum Beispiel von der Pflegekasse direkt oder in Kooperation mit ambulanten Pflegediensten, Volkshochschulen oder Nachbarschaftshilfen angeboten.

Gedächtnistraining bei Demenz: Übungen für die 5 Sinne – und das Langzeitgedächtnis

Kinderspiele wie „Ich sehe was, was du nicht siehst“ oder das Mitsingen von Liedern bieten sich an, um die Sinne wie Sehen und Hören zu schärfen, aber auch um das Langzeitgedächtnis zu aktivieren. Denn häufig sind damit Erinnerungen aus der Kindheit verbunden. Je nach dem, in welcher Zeit der Demenzerkrankte aufgewachsen ist, können Sie Lieder oder Gedichte vortragen oder sich anhören, zum Beispiel von Heinz Erhardt oder Freddy Quinn – Sie werden merken, wie allein schon diese Erinnerung ein Lächeln auf das Gesicht zaubert.

Auch diese Übungen bieten sich an, um die Sinnesorgane anzusprechen:

  • Riechen: Geben Sie ihm bzw. ihr ein Stück gut riechender Seife, die der Demenzerkrankte früher immer benutzt hat – auch Parfum oder ein paar Tropfen ätherische Öle auf ein Kissen funktionieren gut.

  • Sehsinn: Was sind die Lieblingsfarben des Demenerkrankten? Welche Muster mag er/sie? Suchen Sie sich einen Stoff, in dem diese Farben und Muster zu sehen sind, sodass er/sie es sich konzentriert ansehen kann. Anschließend könnten Sie in der Umgebung nach ähnlichen Farben/Mustern suchen.

  • Hören: Geräusche oder Tierstimmen Erraten ist bei Kindern sehr beliebt und kann auch beim Gedächtnistraining hilfreich sein. Mimen Sie dafür ein Tier nach oder machen Sie ein Geräusch, zum Beispiel Pfeifen durch den Mund, mit dem Stift auf Papier schreiben oder den Wasserhahn aufdrehen. Der andere muss dann erraten, was es ist.

  • Tasten: Kuscheltiere, Murmeln, Steine oder Kastanien bieten sich zum Beispiel an, um den Tastsinn zu fördern. Suchen Sie dafür Gegenstände aus, die einen Bezug zum Alltag haben.

  • Schmecken: Für diese Übung können Sie Lebensmittel aussuchen, die der andere gerne mag. Zum Beispiel verschiedene, kleingeschnittene Obstsorten oder die Lieblingssüßigkeiten. Eine weitere Möglichkeit ist zum Beispiel, den geschmacklichen Unterschied zwischen Zitrone und Orange zu erkennen.

Demenz-Übungen: Arbeitsblätter und vorgefertigte Übungen – wo gibt es die?

Zunächst lohnt es sich, beim ambulanten Pflegedienst, im Betreuten Wohnen oder Seniorenheim nach Arbeitsblättern zu fragen. Auch im Internet finden Sie eine Vielzahl an vorgefertigten Übungen, wenn Sie zum Beispiel nach „Aktivierungskarten für Senioren“ suchen. Unter den Stichwörtern wie „Demenz Übungen Arbeitsblätter“ oder „Gedächtnisübungen Demenz“ finden Sie online viele Arbeitsblätter, die Sie sich kostenlos herunterladen können.

Eine andere Möglichkeit ist, die kostenlose App „Auguste“ von der Alzheimer Gesellschaft Niedersachen e.V. zu nutzen. Darin sind Spiele integriert, in denen es darum geht, vorgegebene oder hochgeladene Bilder zu erkennen und sich zu merken.

Empfehlenswerte Bücher, die Übungen zum Gedächtnistraining bereithalten, sind zum Beispiel „Gedächtnistraining nach Jahreszeiten für Senioren“ von Natali Mallek.

Weitere Übungen für das Gedächtnistraining bei Demenz

Es gibt noch viele andere Übungen, die die Fähigkeiten (besondere Talente) und Fertigkeiten (erworbene Kenntnisse) zu fördern, zum Beispiel:

  • Sprichwörter zu Ende sprechen, zum Beispiel „Morgenstund hat Gold im …“

  • Fotografien von früher zeigen

  • Märchen raten

  • Leichtes Kopfrechnen

  • Zahlenreihe merken

  • Römische Zahlen erraten

  • Handgymnastik-Übungen, zum Beispiel die Arme erst nach oben, nach vorne und zur Seite strecken – zwischendurch auf dem Tisch ablegen

  • Mit den Fingern „Klavier spielen“ auf dem Tisch

Demenz: Spiele für Gedächtnistraining, die jeder aus der Kindheit kennt

Für das Gedächtnistraining eignen sich Spiele, die viele noch aus der Kindheit kennen: Puzzle und Memory. Wichtig ist jedoch, das Spiel leicht zu halten und nicht sofort mit einem 500-Teile-Puzzle oder umfassenden Memory zu beginnen.

Tipps für Puzzle und Memory als Gedächtnistraining bei Demenz:

  • Starten Sie mit einem leichten Puzzle, damit es schnell zu Erfolgserlebnissen kommt, zum Beispiel mit 24 Teilen. Mehr als 100 Teile können überfordernd sein.

  • Achten Sie bei den Motiven darauf, was der andere mag und positive Erinnerungen hervorrufen könnte, zum Beispiel Blumen, Tiere oder Haushaltsgegenstände.

  • Motiv-Puzzle sind beliebt, weil es sie zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten gibt. Beispielsweise Werkzeug-, Wiesenblumen- oder Sommerurlaub-Puzzle.

  • Im Handel gibt es viele Spiele, die speziell auf die Bedürfnisse von Demenzerkrankten abgestimmt sind.

  • Sie können auch selbst ein Memory basteln, zum Beispiel mit alten Fotografien oder Motiven aus dem Alltag.

Wenn Sie sich diese Tipps zu Herzen nehmen und mit Ihren Liebsten üben, werden Sie mit der Zeit feststellen, welche positive Wirkung das Training auf das Wohlbefinden des Demenzerkrankten hat. Gedächtnistraining bei Demenz hilft übrigens nicht nur dem Erkrankten selbst – auch wenn Sie Ihr Gehirn regelmäßig trainieren, ist das die beste Maßnahme, um Demenz vorzubeugen!

Quelle:

Schloffer, H., & Wolf, D. (2021). Gedächtnistraining bei Demenz. Gedächtnistraining: Theoretische und praktische Grundlagen, 197-208.