Was sind Gedächtnisstörungen? Symptome, Ursachen und Behandlung

Gedächtnisprobleme sind nicht ungewöhnlich. Jeder Mensch hat manchmal Schwierigkeiten damit, sich an vermeintlich einfache Alltagsdinge zu erinnern – zum Beispiel, ob die Tür abgeschlossen wurde oder wo das Auto genau steht. Gehen die Gedächtnislücken allerdings über die normale Zerstreutheit hinaus, sollten die Beschwerden ärztlich abgeklärt werden. Neben psychischen Störungen und Drogenkonsum kommen auch körperliche Erkrankungen als Ursache von Gedächtnisstörungen infrage. Bei welchen Symptomen ein Arztbesuch angeraten ist, welche Arten von Gedächtnisstörungen es gibt und wie sie behandelt werden.

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Das menschliche Gehirn ist mit seinen rund 100 Milliarden Nervenzellen das komplexeste Organ – bisher sind nur ein paar Prozent des Gehirns wirklich erforscht. So faszinierend unsere Schalt- und Steuerzentrale auch ist, ist sie dennoch anfällig für Funktionsstörungen, die zum Beispiel das Gedächtnis betreffen. Doch was bedeutet es, wenn das Gedächtnis nicht mehr wie gewohnt funktioniert? Welche Ursachen können diese Gedächtnisstörungen haben – und welche Warnsignale sollten ein Anlass für einen Arztbesuch sein? Ein Überblick über Symptome, Ursachen und Behandlung von Gedächtnisstörungen.

Grafik Kurzübersicht Gedächtnisstörungen
Foto: PraxisVITA/Vivian Mule
Gedächtnisstörungen: 3 Fragen an den Experten

Wann sollte Vergesslichkeit ärztlich abgeklärt werden und welchen Einfluss hat Stress auf unsere Gedächtnisleistung? Antworten gibt Dr. med. Hans-Georg Bredow.

1. Wie erkenne ich, ob ich nur vergesslich bin oder an einer ernstzunehmenden Gedächtnisstörung leide?

Entscheidend ist, ob eine Veränderung stattgefunden hat. Wenn ich mir schon immer Namen, Ereignisse oder Orte schlecht merken konnte und das tritt nun geringfügig verstärkt auf, ist das nicht besorgniserregend. Kommt es aber im Vergleich zu meiner bisherigen Gedächtnisleistung zu einer auffälligen Veränderung, sollte ich einen Arzt aufsuchen. Beim Hausarzt oder Facharzt, gegebenenfalls auch in einer Klinik, kann anhand verschiedener Tests festgestellt werden, ob tatsächlich eine krankhafte Veränderung der Gedächtnisleistung vorliegt und worin die Ursache liegt.

2. Erleben Sie Fälle, bei denen sich keine körperliche Ursache für die Gedächtnisstörung finden lässt?

Das passiert sogar relativ häufig. Ich erlebe in meiner Praxis oft eine vorweggenommene Angst vor einer Demenz. Die Patienten erinnern zum Beispiel Namen schlechter und sind beunruhigt. Aber: Es ist ein normaler Vorgang, dass eine Sekretärin, die ihr ganzes Berufsleben lang ein extrem gutes Namensgedächtnis hatte, zwei Jahre nach der Pensionierung wahrscheinlich eine Verschlechterung auf diesem Gebiet feststellt. Das ist in der Regel auf einen mangelnden Trainingseffekt zurückzuführen. Einzelne, erklärbare Gedächtnisstörungen sollten nicht überbewertet, sondern immer im Kontext beurteilt werden.

3. Löst Stress Gedächtnisstörungen aus?

Definitiv, allerdings handelt es sich dabei nicht um eine krankhafte Gedächtnisstörung, auch wenn die Symptome, die erlebt werden, diesen sehr ähnlich sind. Es ist ganz einfach nachzuvollziehen: Wenn mein Speicher voll ist, dann wird es für das Gehirn immer schwerer, neue Informationen aufzunehmen. Der Betroffene muss dann priorisieren, das heißt seine Aufmerksamkeit den wirklich wichtigen Sachverhalten widmen. Ereignisse wie den Schlüssel irgendwo ablegen, geschehen unbewusst, da die Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt sind – später wird der Schlüssel deshalb nicht wiedergefunden. Stress schränkt unsere Konzentration – unsere Aufmerksamkeit – ein und mit eingeschränkter Aufmerksamkeit können wir vieles schlechter abspeichern.

Über den Experten Dr. Hans-Georg Bredow

Dr. med. Hans-Georg Bredow ist Experte für neurologische und seelische Erkrankungen mit biologischem oder psychologischem Ursprung. Als niedergelassener Facharzt für Neurologie und Psychiatrie praktiziert Dr. Bredow am Neuen Wall in Hamburg. Mehr Infos unter www.neurologie-neuer-wall.de.

Was sind Gedächtnisstörungen?

So effektiv das menschliche Gehirn darin ist, Informationen zu verarbeiten, so gut kann es auch selektieren bzw. „vergessen“: Informationen, die nicht regelmäßig abgerufen werden und somit langfristig offenbar überflüssig sind, verschwinden wieder aus unserem Gedächtnis. Nur das, was das Gehirn entweder sehr eindrücklich wahrnimmt – vor allem geknüpft an starke Emotionen – oder was es immer wieder benötigt und wiederholt, wird auch über Jahre hinweg gespeichert.

Dass einzelne Informationen im Selektionsprozess verloren gehen oder von anderen verdrängt werden, weist also nicht zwangsläufig auf Gedächtnisstörungen hin. Auch kurzzeitige Vergesslichkeit von Dingen, die man eigentlich jeden Tag immer wieder abruft – wie die PIN-Nummer oder die eigene Telefonnummer – ist in der Regel noch nicht besorgniserregend.

Wenn jedoch die Erinnerungs- und Merkfähigkeit über ein halbes Jahr lang deutlich nachlässt, kann es sich um eine Gedächtnisstörung handeln, die behandlungsbedürftig ist. Auch leichte Beeinträchtigungen werden als Gedächtnisstörung bezeichnet – der Begriff ist also recht allgemein gehalten.

Bei Gedächtnisstörungen handelt es sich um Fehlfunktionen im Gehirn, die ganz unterschiedliche Ursachen haben kann – ein Arztbesuch ist also unabdingbar, um sich körperlich und psychisch untersuchen zu lassen.

Je nach Ursache gibt es verschiedene ICD-Codes für Gedächtnisstörungen. Beispielsweise ist die anterograde Amnesie unter R.41.1 aufgeführt, die dissoziative Amnesie unter F.44.0 und die verschiedenen Demenzformen finden sich unter F00 bis F03.

Welche Gedächtnisformen gibt es?

Expert:innen unterscheiden zwischen Ultrakurzzeit-, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis:

  • Das Ultrakurzzeitgedächtnis bezieht sich auf einen Zeitraum von wenigen Millisekunden. Es ist eine Art Zwischenspeicher für ganz aktuelle Sinneswahrnehmungen und wird daher auch als sensorisches Gedächtnis oder Immediatgedächtnis bezeichnet.

  • Das Kurzzeitgedächtnis ist der Speicher, in dem das Gehirn seine Wahrnehmungen verarbeitet und in wichtige und unwichtige Informationen gliedert. Die Speicherdauer beträgt einige Minuten. Manchmal wird das Kurzzeitgedächtnis auch als Arbeitsgedächtnis bezeichnet.

  • Im Langzeitgedächtnis werden Informationen tage-, wochen- oder sogar jahrelang gespeichert. Nur ein Bruchteil der aufgenommenen Informationen erhält einen Platz im Langzeitgedächtnis, doch die Verankerung ist dort oft umso tiefer – beispielsweise können sich viele Menschen noch im hohen Alter an ihren ersten Schultag erinnern.

Grafik Gedächtnisformen
Foto: PraxisVITA/Vivian Mule

Welche Ursachen können Gedächtnisstörungen haben?

Gedächtnisstörungen können eine Vielzahl an Ursachen haben. Manchmal spielt eine genetische Veranlagung eine Rolle. Auch das Alter und Übergewicht zählen zu den Risikofaktoren (vor allem von Alzheimer), genauso wie Flüssigkeits- und Bewegungsmangel.

In vielen Fällen sind die Auslöser eher harmlos. So ist bekannt, dass sich langanhaltender Stress negativ auf die Gedächtnisleistung auswirkt – hier sollten die Symptome dennoch ernst genommen und Maßnahmen zur Stressreduktion ergriffen werden, weil psychische Belastung auf lange Sicht krankmacht. Was viele nicht wissen: Auch Orgasmen können kurzzeitig die Gedächtnisleistung verringern.

Gedächtnisstörungen können aber auch krankheitsbedingt sein – das Spektrum an möglichen neurologischen, organischen und psychischen Ursachen ist groß. Ist der Gedächtnisverlust neurologisch bedingt, können zum Beispiel

  • Demenz,

  • Schädel-Hirn-Trauma,

  • Schlaganfall,

  • Parkinson,

  • Epilepsie und

  • Multiple Sklerose

die Auslöser sein.

Organische Schädigungen durch Medikamentenmissbrauch oder starken Alkoholkonsum, Hirnhautentzündungen und Vergiftungen gehören ebenfalls ins Ursachenspektrum. Auch eine Schilddrüsenunterfunktion, ein Vitamin B12-Mangel sowie eine Schlafstörung können mit Gedächtnisstörungen einhergehen.

Ein weiteres Feld sind psychische Erkrankungen und Störungsbilder, die das Gedächtnis beeinträchtigen. Dazu zählen beispielsweise

Anhand der Ursachen und Ausprägungen lassen sich Gedächtnisstörungen in verschiedene Bereiche einteilen.

Welche Gedächtnisstörungen gibt es?

Alkoholkonsum kann dazu führen, dass die Erinnerung nicht richtig abgespeichert wurde – dann handelt es sich um eine qualitative Gedächtnisstörung. Bei einer abnehmenden Gedächtnisleistung im Alter könnte es sich eine quantitative Gedächtnisstörung wie Alzheimer handeln. Und bei einem Schädel-Hirn-Trauma kann es zu einer anterograden Gedächtnisstörung kommen. Doch was bedeutet das genau?

Hier ein Überblick über die Ausprägungen von Gedächtnisstörungen:

1. Qualitative Gedächtnisstörungen

Wenn jemand inhaltliche Gedächtnislücken hat, wird dies als qualitative Gedächtnisstörung bezeichnet. So kann es beispielsweise vorkommen, dass in Stresssituationen oder bei starker Müdigkeit falsche Erinnerungen abgespeichert werden.

Aber auch bei Alkohol- und Drogenmissbrauch kann es zu qualitativen Gedächtnisstörungen kommen. Die Gedächtnislücken werden dann mit Erinnerungen gefüllt, die so nicht stattgefunden haben. Die betroffene Person meint aber, dass sie wahr sind.

2. Quantitative Gedächtnisstörungen

Zu den quantitativen Gedächtnisstörungen zählt die Amnesie, die in vier Formen unterteilt wird. Expert:innen unterscheiden diese vier Amnesie-Formen:

Anterograde Gedächtnisstörung

Der Begriff „anterograd“ bedeutet „nach vorne gerichtet“ – die anterograde Gedächtnisstörung beeinträchtigt somit die Abspeicherung von neuen Ereignissen ins Langzeitgedächtnis und zählt zu den häufigsten Amnesie-Formen. Betroffene können nur für wenige Minuten neue Eindrücke im Gedächtnis behalten. Es fällt ihnen daher schwer, sich neue Namen oder Wissen anzueignen. Oftmals ist ein Schädel-Hirn-Trauma im Zuge eines Unfalls die Ursache für diese Form der Gedächtnisstörung. An die Zeit nach dem Unfall können sich Betroffene gar nicht oder nur bruchstückhaft erinnern. Traumatische Erlebnisse wie Unfälle können auch zu einer sogenannten kongraden Gedächtnisstörung führen. Betroffene haben in diesem Fall keine Erinnerung an das traumatische Ereignis selbst, können sich aber an die Zeit davor und danach erinnern.

Auch Erkrankungen können die anterograde Gedächtnisstörung auslösen. Eine weitere Ursache ist das Korsakow-Syndrom, welches unter anderem durch einen chronischen Alkoholmissbrauch entsteht und daher umgangssprachlich als Alkohol-Demenz bezeichnet wird. Im Zuge einer Depression, Schizophrenie, eines Schlaganfalls sowie bei Gehirnentzündungen kann es ebenfalls zu einer anterograden Amnesie kommen.

Retrograde Gedächtnisstörung

Bei dieser Amnesie-Form leiden Betroffene unter einem Gedächtnisverlust vor einem bestimmten Ereignis, zum Beispiel eines Unfalls, bei dem es zu einer Hirnverletzung gekommen ist. Die Erinnerungslücken können nur einige Woche betreffen, manchmal auch Jahre vor dem Ereignis. Problematisch ist diese Gedächtnisstörung, weil Betroffene sich bisweilen nicht an wichtige Dinge erinnern, die ihr Leben ausmachen und somit einen Identitätsverlust erfahren.

Die retrograde Gedächtnisstörung kann zusammen mit der anterograden Gedächtnisstörung auftreten, zum Beispiel beim Korsakow-Syndrom. In der Fachsprache ist dann von globaler Amnesie die Rede.

Semantische Gedächtnisstörung

Bei Alzheimer-Erkrankten ist der Temporallappen im Gehirn geschädigt, sodass sie unter einer semantischen Gedächtnisstörung leiden. Betroffene verlieren ihr fachliches Wissen in einem Bereich oder kennen die Bedeutung bestimmter Wörter nicht mehr.

Dissoziative Gedächtnisstörung

Bei der dissoziativen Amnesie handelt es sich um Gedächtnisstörungen, die durch starken Stress oder Traumata ausgelöst worden sind. Der Gedächtnisverlust betrifft Erinnerungen aus der Vergangenheit, manchmal sind ganze Jahre aus der Erinnerung verschwunden, manchmal nur einzelne Informationen. Betroffen ist vor allem das autobiographische Gedächtnis.

Hypermnesie – wenn die Erinnerung stärker ist als sonst

Die sogenannte Hyperamnesie ist kein Gedächtnisverlust, sondern eher das Gegenteil: Dabei handelt es sich um eine gesteigerte Gedächtnisleistung, die zum Beispiel bei Fieber oder durch Drogenkonsum auftritt. Auch im Traum kann eine Hyperamnesie längst vergessene Informationen zutage fördern. Manche Menschen mit der Autismus-Spektrum-Störung können ebenfalls betroffen sein. Die Hyperamnesie zählt zu den quantitativen Gedächtnisstörungen.

Demenz – Gedächtnisverlust mit vielen Gesichtern

Demenz zählt ebenfalls zu den quantitativen Gedächtnisstörungen. Eine verminderte Denk- und Merkfähigkeit zählt zu den ersten Anzeichen einer Demenz – zu Beginn ist eher das Kurzzeitgedächtnis betroffen, im weiteren Verlauf das Langzeitgedächtnis.

Es gibt viele verschiedene Demenzformen. Die wohl am bekanntesten und auch am weitverbreitetsten ist die Alzheimer-Krankheit, die vor allem ab dem 65. Lebensjahr auftritt. Die Alterserkrankung ist auf Ablagerungen von Eiweiß im Gehirn zurückzuführen. Nervenzellen sterben nach und nach ab, sodass durch die Gedächtnisleistung immer weiter eingeschränkt ist. Auch von der Lewy-Körperchen-Demenz sind hauptsächlich ältere Menschen betroffen, allerdings macht diese nur etwa fünf Prozent aller Demenzerkrankungen aus

Daneben gibt es noch die frontotemporale Demenz, an der auch jüngere Menschen erkranken können. Erste Anzeichen sind Verhaltensauffälligkeiten, Teilnahmslosigkeit und Persönlichkeitsveränderungen. Erst im weiteren Verlauf kommt es zu Gedächtnisstörungen.

In manchen Fällen geht Demenz auf eine gestörte Durchblutung des Gehirns zurück, dann liegt eine sogenannte vaskuläre Demenz vor. Erste Anzeichen sind hier Konzentrationsstörungen und eine langsame Denkgeschwindigkeit. Je weiter die Erkrankung fortgeschritten ist, desto stärker fallen die Gedächtnisstörungen aus.

Gut zu wissen: Demenz ist nicht zu verwechseln mit der sogenannten transienten globalen Amnesie (TGA), die im höheren Lebensalter vermehrt auftreten kann. Dabei handelt es sich um eine vorrübergehende Gedächtnisstörung, die zwar als harmlos gilt, jedoch zu großer Sorge und Unsicherheit seitens des Betroffenen und seinen Angehörigen führen kann. Die Merk- und Orientierungsstörung dauert in der Regel nicht länger als 24 Stunden an. Die Ursachen sind vielfältig. Neben körperlicher Anstrengung und Stress können auch Schmerzen und ein plötzliches Eintauchen in heißes oder kaltes Wasser die TGA auslösen.

Abzugrenzen von der eigentlichen Demenz ist die Schwangerschaftsdemenz, die sich nach einiger Zeit von alleine wieder legt. Dasselbe gilt für eine Stilldemenz, die nur vorrübergehend auftritt.

Welche Gedächtnisstörung-Symptome gibt es?

Gedächtnisstörungen gehen oft mit typischen Symptomen einher, die je nach Form und Ursache sehr unterschiedlich ausgeprägt sein können. Die Gedächtnisschwierigkeiten können das Kurzzeit- sowie das Langzeitgedächtnis betreffen – über einen längeren Zeitraum oder nur für wenige Minuten. Bei einigen Formen kann es zu Wortfindungsstörungen kommen oder falsche Erinnerungen mischen sich mit dem, was tatsächlich stattgefunden hat.

Mögliche Symptome von Gedächtnisstörungen sind (vereinfacht dargestellt):

  • Eingeschränkte Merkfähigkeit von Namen, neuem Wissen usw.

  • Vergesslichkeit, zum Beispiel das Verlegen von Dingen

  • Wortfindungsstörungen

  • Orientierungslosigkeit

  • Schwierigkeiten, Gesprächen zu folgen

  • Konzentrationsstörungen

  • Bestimmte Zeitabschnitte der Vergangenheit sind wie ausgelöscht

  • Unfähigkeit, sich an wichtige persönliche Dinge zu erinnern

  • Falsche Erinnerungen an Ereignisse

Damit einher können eine erhöhte Reizbarkeit, längere Reaktionszeit und ein sozialer Rückzug gehen. Liegen der Gedächtnisstörung neurologische (z.B. Schlaganfall), psychische (z.B. Depression) oder organische (z.B. Hirnhautentzündungen) Ursachen zugrunde, kommen noch weitere körperliche oder psychische Beschwerden hinzu – Gedächtnisstörungen sind daher in der Regel Teil eines ganzen Symptomspektrums.

Wann zum Arzt bei Gedächtnisstörungen?

Hin und wieder etwas zu vergessen, ist ganz normal – das kann vor allem passieren, wenn Sie gestresst oder müde sind.

Wenn allerdings häufiger Gedächtnisstörungen auftreten, sollten Sie einen Arzttermin vereinbaren, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Es kann auch sein, dass Angehörige Veränderungen wahrnehmen – auch hier ist es dann Zeit, sich ärztlich durchchecken zu lassen.

Ein Arztbesuch ist insbesondere bei diesen Warnsignalen angeraten:

  • Die gleichen Fragen werden immer wieder gestellt, obwohl die Antwort bekannt ist

  • Geschichten werden immer wieder erzählt (mehrmals in einer Stunde)

  • Alltagstätigkeiten bereiten Probleme

  • Erinnerungsverlust von Dingen, die nur wenige Minuten vorher geschehen sind

  • Gedächtnisverlust von wichtigen Geschehnissen in der Vergangenheit

  • Orientierungslosigkeit

Daneben sollten auch eine Antriebslosigkeit und ein sozialer Rückzug Anlass sein, die Beschwerden mit einem Arzt bzw. einer Ärztin zu besprechen.

Wie wird eine Gedächtnisstörung mittels Tests diagnostiziert?

Die Diagnose, die hinter einer Gedächtnisstörung steht, stellt in vielen Fällen der Hausarzt bzw. die Hausärztin. Je nach Ursache der Gedächtnisstörung können Fachärzt:innen der Neurologie und Psychiatrie, aber auch Psychotherapeut:innen an der Diagnosefindung beteiligt sein.

Zu Beginn steht immer eine ausführliche Anamnese: Der Arzt bzw. die Ärztin fragt den Betroffenen, seit wann die Beschwerden bestehen, wie genau sie sich äußern, wie oft und in welchen Situationen sie auftreten. Bereits diese Angaben liefern, zusammen mit dem Alter und dem Eindruck, den Betroffene vermitteln, wichtige Hinweise auf die Ursache der Gedächtnisstörung.

Gegebenenfalls kann es auch sinnvoll sein, Angehörige in die Diagnostik einzubeziehen – oder auch Pflegekräfte, falls der Betroffene zum Beispiel in einer Senioreneinrichtung wohnt.  Gerade Menschen mit eingeschränkter geistiger Leistungsfähigkeit oder plötzlichen Aussetzern haben häufig Probleme, ihren Zustand realistisch einzuschätzen. Die sogenannte Fremdanamnese erleichtert daher bei Gedächtnisstörungen oft die Diagnose.

Um die Gedächtnisleistung zu testen, gibt es sogenannte psychometrische Verfahren. Dazu zählen zum Beispiel Papier-Bleistift-Aufgaben und computergestützte Testverfahren. Es gibt mittlerweile auch Tests, bei denen eine Virtual-Reality-Brille zum Einsatz kommt.

Bei Verdacht auf bestimmte Erkrankungen gibt es spezifische Testverfahren. Bei einer Demenz finden in der Regel der Mini-Mental-Status-Test, Demenz-Detextion-Test (zur Abgrenzung zwischen Demenz und Depression) oder der Uhren-Test Anwendung. Liegt ein Schädel-Hirn-Trauma vor, werden die Dauer der Amnesie ermittelt, Orientierungsfragen gestellt sowie Namen erfragt. Auch die Findung von Begriffen mittels Bildkarten stellt ein Diagnosemittel dar.

Darüber hinaus wird gegebenenfalls in neurologischen Untersuchungen ermittelt, inwiefern die Koordinations- und Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist. Weitere Maßnahmen zur Diagnostik sind zum Beispiel bildgebende Verfahren wie eine Computertomografie (CT) oder eine Magnetresonanztomografie (MRT) des Kopfs. Diese können eventuelle Veränderungen im Gehirn sichtbar machen.

Eine Elektroenzephalografie (EEG) misst mittels vieler Elektroden am Kopf die elektrische Aktivität des Gehirns. Zudem gibt es verschiedene Spezialverfahren der neurologischen Diagnostik, die in besonderen Fällen bei Gedächtnisstörungen zum Einsatz kommen.

Wie lassen sich Gedächtnisstörungen behandeln?

So verschieden die Ursachen von Gedächtnisstörungen sein können, so unterschiedlich ist ihre Behandlung. Liegt eine krankhafte Gedächtnisstörung vor, können Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen eine entsprechende Therapieempfehlung geben. In einigen Fällen können die Betroffenen sich wieder vollständig erholen, wenn die Ursachen der Gedächtnisstörung erfolgreich behandelt wurden – zum Beispiel, wenn es sich um die Folge- oder Begleiterscheinung einer Depression handelt, die schließlich wieder abklingt.

Auch eine Amnesie infolge eines Traumas hat in der Regel eine gute Prognose; die Erinnerungen kehren nach und nach wieder zurück. In solchen Fällen kann eine Psychotherapie dabei helfen, die Gedächtnislücken zu füllen und mit unangenehmen Erinnerungen umzugehen.

Gedächtnisstörungen, denen körperliche Ursachen wie eine Schilddrüsenunterfunktion oder ein Vitamin B12-Mangel zugrunde liegen, bessern sich ebenfalls, wenn die zugrundeliegende Erkrankung oder Mangelerscheinung behandelt wird.

Eine Demenz ist dagegen nicht heilbar – allerdings hilft eine adäquate Behandlung dabei, das Fortschreiten zu verlangsamen. Hilfreich ist zum Beispiel gezieltes Gedächtnistraining bei Demenz. Auch Fingergymnastik bei Demenz ist eine Maßnahme, um die kognitiven und motorischen Fertigkeiten möglichst lange zu erhalten. Zur Demenz-Behandlung zählen zudem unter anderem Reminiszenz-, Psycho-, Physio-, Ergotherapie und Medikamente wie Antidementiva und Antidepressiva, die allesamt den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.

Heilpflanzen mit positiver Wirkung auf das Gehirn

Es gibt einige natürliche Mittel gegen Vergesslichkeit, die sich positiv auf das Gehirn auswirken können. Dazu zählen beispielsweise Ginkgo, Salbei und Taigawurzel. Heilpflanzen sind zwar kein Allheilmittel und sollten nicht als alleinige Maßnahme bei Gedächtnisstörungen eingesetzt werden. Manchmal können jedoch natürliche Mittel die schulmedizinische Behandlung ergänzen – am besten immer nach ärztlicher Absprache.

Wie lassen sich Gedächtnisstörungen vorbeugen?

Es ist nicht möglich, sich vollständig vor jeder Art von Gedächtnisstörung zu schützen. Doch es gibt einige Maßnahmen, die dabei helfen, das Gehirn langfristig leistungsfähig zu halten – bis ins Alter.

Was also tun gegen Vergesslichkeit? Das sind Maßnahmen, um Gedächtnisstörungen vorzubeugen und das Gehirn länger fit zu halten:

  • Gedächtnisübungen und geistige Anregung (z. B. lesen, rätseln, Sprachen lernen)

  • körperliche Bewegung und Fitness (mindestens dreimal pro Woche 30 Minuten)

  • Stresslevel senken und für Entspannungsphasen im Alltag sorgen

  • ausreichend Schlaf

  • gesunde Ernährung mit Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Omega-3-Lebensmitteln

  • ausreichend trinken (etwa 2 Liter täglich)

  • mäßiger Alkoholkonsum

  • nicht rauchen

Darüber hinaus ist es wichtig, soziale Kontakt zu pflegen. Denn wer viel allein ist, hat ein höheres Risiko, an Alzheimer zu erkranken, als jemand mit einem regen sozialen Umfeld. Auch neue Begegnungen fordern und fördern unser Gehirn. In einem Ehrenamt oder einem Verein beispielsweise lernen Sie neue Menschen kennen und tun dabei sowohl sich selbst als auch anderen etwas Gutes. Das alles beugt zwar Gedächtnisstörungen vor, ist aber kein Garant – deshalb ist es wichtig, sich bei Veränderungen der Gedächtnisleistung immer ärztlich untersuchen zu lassen.

Quellen:

Thöne-Otto, A., Ackermann, H., & Benke, T. (2020). Diagnostik und Therapie von Gedächtnisstörungen bei neurologischen Erkrankungen, S2e-Leitlinie. Leitlinien fur Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Deutsche Gesellschaft fur Neurologie, Berlin, S1-82.

Gedächtnisverlust, in: msdmanuals.com