Fieberkrampf: großer Schreck, aber halb so schlimm
Wer noch nie einen Fieberkrampf gesehen oder zumindest davon gehört hat, für den ist der Anblick eines krampfenden Kindes ein großer Schock. Warum bekommen manche Kinder Fieberkrämpfe? Wie können Sie helfen? Expertin Dr. med. Nadine McGowan gibt Rat.
Das sagt die Kinderärztin Dr. med. Nadine McGowan: So entsteht ein Fieberkrampf
Die Gehirne von Kindern sind in bestimmten Entwicklungsphasen insgesamt etwas anfälliger für Reize von außen. Erhöhte Temperatur bzw. Fieber – und hier besonders der schnelle Fieberanstieg – erhöhen die Reizanfälligkeit noch zusätzlich. Besonders häufig kommt ein Fieberkrampf also bei plötzlichem, hohem Fieber vor, wie beispielsweise bei Dreitagefieber. Auch nach der ersten Vierfachimpfung mit Masern-Mumps-Röteln-Windpocken wurden vermehrt Fieberkrämpfe beobachtet, weswegen die aktuelle Impfempfehlung vorsieht, die erste Impfung mit diesen Erregern getrennt – also Masern-Mumps-Röteln in den einen Arm, Windpocken in den anderen Arm – vorzunehmen.
Fieberkrampf – das sind die Symptome
Bei einem einfachen Fieberkrampf wird das hochfiebernde Kind meist plötzlich das Bewusstsein verlieren und dann mit allen Körperteilen rhythmisch zu zucken beginnen. Die Atmung wird flacher, es kann auch sein, dass das Kind bläulich verfärbte Haut und Lippen bekommt und man das Gefühl hat, es hat völlig aufgehört zu atmen. Nach 2-3 Minuten ist dann in der Regel alles genauso schnell wieder vorbei, wie es angefangen hat. Dauert ein Fieberkrampf mehr als 15 Minuten, ist fokal (das heißt, es zuckt beispielsweise nur ein Bein oder ein Arm), ist das Kind unter sechs Monate oder über fünf Jahre alt und tritt ein weiterer Fieberkrampf innerhalb von 24 Stunden auf, spricht man von einem komplizierten Fieberkrampf.
Maßnahmen bei einem Fieberkrampf – das können Sie tun
Wenn Ihr Kind einen Fieberkrampf erleidet, ist das Wichtigste, Ruhe zu bewahren. Versuchen Sie, alles, woran Ihr Kind sich verletzen könnte, aus der Umgebung zu entfernen. Wenn es der erste Fieberkrampf ist und Ihr Kind unter einem Jahr alt ist, sollten Sie unter 112 einen Notarztwagen anfordern. Wenn der Krampf vorbei ist, kann es gut sein, dass Ihr Kind Sie für einige Zeit nicht erkennt, sehr schläfrig ist und Ihnen auch sonst wesensverändert vorkommt. Das ist ganz normal, schließlich ist ein Krampfanfall wie „ein Gewitter im Kopf“ und das Gehirn braucht einige Zeit – oft bis zu 30 Minuten – um sich davon wieder zu erholen.

Im Krankenhaus wird Ihr Kind gründlich untersucht werden, meist ist eine Blutentnahme notwendig. Beim geringsten Verdacht auf eine Hirnhautentzündung oder ein im Gehirn örtlich begrenztes Geschehen ist auch eine Punktion von Rückenmarksflüssigkeit und eine Schichtbildaufnahme des Kopfes angebracht. Auch kann im Verlauf eine Hirnstrommessung (EEG) gemacht werden, um eine generelle Krampfneigung des Kindes auszuschließen. Diese – harmlose – Untersuchung ist allerdings erst nach Abklingen des Infekts ratsam, um ein wirklich aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten; es wird auch kontrovers diskutiert, ob dies bei einem einmaligen Krampfanfall wirklich notwendig ist.
Grundsätzlich sind unkomplizierte Fieberkrämpfe nur sehr selten der erste Vorbote eines generellern Krampfleidens (Epilepsie). Studien ergaben ein Risiko von circa zwei Prozent für die Entwicklung einer manifesten Epilepsie nach einem unkomplizierten Fieberkrampf. Bei komplizierten Fieberkrämpfen liegt die Rate allerdings etwas höher.
Ein Fieberkrampf lässt sich nicht verhindern
Wirklich verhindern kann man einen Fieberkrampf nicht. Die Wirkung diverser Medikamente, unter anderem die frühzeitige Gabe von fiebersenkenden Mitteln wie Paracetamol oder Ibuprofen oder auch die Verabreichung von Antiepileptika bei Fieber brachte keinen signifikanten Vorteil. Im Gegenteil, die Nebenwirkungen überwogen die tatsächliche Wirkung zum Teil deutlich. Dauert ein Fieberkrampf länger als 3 Minuten, können Medikamente wie zum Beispiel Diazepam oder Dormicum verabreicht werden. Ihr Kinderarzt wird Sie gern beraten, welches Präparat für Ihr Kind als Notfallmedikament geeignet ist.
Genetische Veranlagung für einen Fieberkrampf
Warum einige Kinder zu Fieberkrämpfen neigen und andere nicht, ist nicht ganz klar. Insgesamt sind Fieberkrämpfe relativ häufig – etwa fünf Prozent aller Kinder in Europa erleiden zwischen dem sechsten Lebensmonat und dem fünften Lebensjahr einen Fieberkrampf. In Japan kommen Fieberkrämpfe sogar noch etwas öfter vor. Es gibt definitiv eine familiäre Häufung: Wenn ein Elternteil als Kind auch Fieberkrämpfe hatte, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für die Nachkommen. Einige Genloci für diese Veranlagung wurden bereits identifiziert.[1] Ungefähr zwei Drittel aller betroffenen Kinder erleiden nur einen einzigen Fieberkrampf. Es bedeutet also nicht, dass der Fieberkrampf – einmal aufgetreten – ein Symptom ist, das die gesamte Kindheit begleitet.
[1] Nakayama J: Progress in searching for the febrile seizure susceptibility genes. Brain Dev 2009 May;31(5):359-65