Faszientraining: Die besten Übungen für feines Muskelgewebe
Jeder fünfte Deutsche ist von chronischen Schmerzen wie Kopfschmerzen, Rückenproblemen und Co. betroffen. Eine häufige, doch unbekannte Ursache sind Faszienverklebungen und Muskelverspannungen.
Zu wenig Bewegung, anhaltender psychischer Stress, aber auch körperliche Überbelastung setzen dem Fasziengewebe zu. Weil diese Stressfaktoren Tag für Tag auf sie einwirken, verkleben unsere Faszien. Anhaltende Rückenbeschwerden, Spannungskopfschmerzen, aber auch ein Beckenschiefstand sind die Folge.
Was sind Faszien?
Faszien sind feine Häute, die unsere Muskeln umhüllen und sie voneinander abgrenzen. Sie machen knapp 20 kg unseres Körpergewichts aus. Kommt es zu Verklebungen, entsteht Schmerz, der sich wie Muskelkater anfühlt. Weil die Beweglichkeit der Muskelfasern eingeschränkt ist und die sensiblen Nervenenden gequetscht werden, leiden wir unter „Faszienkater“.
Wie entstehen Schmerzen in den Faszien?
Die Faszien umhüllen nicht nur alle Muskeln und Organe, sie halten dabei unseren Körper auch noch innerlich zusammen. Verändert sich jedoch deren Struktur, verspüren wir Schmerzen. Am Anfang dieser Problematik stehen laut dem Schmerztherapeuten Dr. Torsten Pfitzer oft Gewebeverspannungen und -verhärtungen, die durch Fehlhaltungen oder einseitige Belastungen entstanden sind. Die damit einhergehende verminderte Durchblutung und der reduzierte Lymphfluss können unter anderem dazu führen, dass die Faszien nicht ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt sind.
Gleichzeitig sammeln sich giftige Stoffwechselendprodukte an, die Mikroentzündungen triggern und so die Verklebungen des Gewebes vorantreiben. „Die Veränderungen in der Faszie haben einen negativen Einfluss auf ihre Gleitfähigkeit, die verminderte Elastizität und Funktion sowie Schmerz sind eine Folge davon“, erklärt der Buchautor. Werden die Faszien dann nicht trainiert, bleiben sie verhärtet. Faktoren wie Bewegungsmangel, Stress und pausenlose Leistung verschlimmern diesen Kreislauf um den chronischen Schmerz noch. Um das Netz der Faszien wieder zu strukturieren und das Gewebe elastischer zu machen, empfiehlt sich das Training mit Faszienrolle und -ball.
Was bringt Faszientraining?
Bereits tägliche Sequenzen von höchstens 10 Minuten lindern Schmerzen gezielt. Als Training auf längere Sicht bieten sich zwei bis drei Einheiten pro Woche an, die nicht länger als 10 bis 20 Minuten dauern. Auch ein täglicher Wechsel der einzelnen Körperbereiche ist möglich. Unter Roll- und Akkupressur-Techniken entspannen sich Faszie und Muskel und sorgen für eine bessere Durchblutung und Entlastung betroffener Stellen.
Faszientraining: Die 12 besten Übungen mit Blackroll und Faszienball
Mithilfe von Duo-Faszienball und Faszienrolle (auch Blackroll genannt) lassen sich passend zum jeweiligen Beschwerdebild Schmerzen lindern. Die Anzahl der Wiederholungen ist abhängig vom eigenen Empfinden und kann individuell erfolgen. Häufig ist eine therapeutische Unterstützung, die parallel zum Workout stattfindet, sinnvoll. Wenn die Schmerzen überhand nehmen, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
Übung 1: Stirn und Oberkopf massieren
Beschwerden: Migräne, Spannungskopfschmerzen
Übung: Platzieren Sie sich etwa 20 cm entfernt mit dem Gesicht zur Wand. Den Duoball oberhalb der Augenbrauen ansetzen und den Nacken durch etwas Muskelanspannung stabilisieren. Nun langsam und mit leichtem Druck die Stirn massieren, indem Sie den Kopf leicht vor und zurück nicken. Wenn Entspannung eintritt, den Abstand vergrößern und die Massage fortsetzen. Dabei am oberen Kopf und dem Scheitel entlang bis hin zum hinteren Haarwirbel massieren.
Übung 2: Brustbein ausrollen
Beschwerden: Schmerzen im Brustkorb
Übung: Ausgangslage ist die Froschposition: Dabei sind die Beine gespreizt, die Knie werden hüftbreit platziert, der Fußrücken abgelegt. Vorne locker auf den Ellenbogen stützen. Die Faszienrolle befindet sich dabei im oberen Teil des Brustbeins direkt unter den Schlüsselbeinen. Nun das Brustbein vorsichtig nach unten hin ausrollen und die Rolle vor und zurückschieben.
Übung 3: Nacken lockern
Beschwerden: Nackenverspannungen
Übung: Etwa 20 cm entfernt mit dem Rücken zur Wand stellen, den Duoball auf Schulterhöhe ansetzen. Der Punkt zwischen den Bällen befindet sich dabei zentral zur Wirbelsäule. Während dieses Faszientrainings den Nacken stabilisieren, indem Sie das Kinn etwas nach hinten und unten ziehen. Langsam und konzentriert mit wenig Druck den Nacken in Auf- und Abbewegungen bis zum Hinterkopfknochen ausrollen, indem die Beine gestreckt und gebeugt werden.
Übung 4: Unterarmmuskeln ausrollen
Beschwerden: Schmerzen im Unterarm oder Ellenbogen
Übung: Im Fersensitz platzieren und die Rolle etwa eine Unterarmlänge vor den Knien ablegen. Die Finger mit der Handfläche auf die Rolle legen. Dann die inneren Unterarme langsam bis hoch zum Anschlag am Ellenbogen ausrollen. Die Arme drehen und den Vorgang am äußeren Unterarm wiederholen. Damit die Übung effektiv ist und die relevanten Armmuskeln erreicht werden, müssen die Arme an den Ellenbogen eng nebeneinander liegen und die Handflächen stark nach außen gedreht werden.
Übung 5: Obere Flanke ausrollen
Beschwerden: Schulterprobleme
Übung: Mit der schmerzenden Schulter seitlich zur Wand stellen, das zur Wand befindliche Bein wird weiter vorne platziert. Die Hand des inneren Armes entspannt auf den Kopf legen und die Faszienrolle eine Hand breit unterhalb der Achsel seitlich am Brustkorb ansetzen. Langsam den rückwärtigen Bereich der Flanke bis hoch zum Arm ausrollen – dabei wird der obere Teil des Armes mitbehandelt. Nun beim Schmerzpunkt verweilen, den Arm strecken und parallel zur Wand mehrmals nach unten und wieder nach oben bewegen.
Übung 6: Brustwirbelsäule mobilisieren
Beschwerden: Schmerzen im oberen Rücken und zwischen den Schulterblättern
Übung: Bei dieser Faszienübung in den Vierfüßlerstand gehen und die Rolle längs und mittig zwischen Armen und Beinen platzieren. Das rechte Handgelenk liegt mit der Handfläche nach oben auf der Rolle. Den Arm mit dem gesamten Oberkörper so weit wie möglich nach links eindrehen. Mit dem Blick der Hand folgen, sodass sich der Kopf mitdreht. Die Rotation findet nur in der Burstwirbelsäule statt, das Becken bleibt stabil. Anschließend wieder in die Ausgangslage zurückdrehen. Nach fünf bis acht Wiederholungen die Seite wechseln.
Übung 7: Unteren Rücken entlasten
Beschwerden: Schmerzen im unteren Rücken
Übung: Mit aufgestellten Beinen auf den Boden setzen. Die Arme hinten abstützen und die Rolle knapp über der Gürtellinie am unteren Rücken legen. Mit dem Oberkörper nach hinten auf die Rolle lehnen, parallel dazu das Gesäß etwas anheben. Den Nacken in Verlängerung der Wirbelsäule halten und entspannen. Die Bewegung je nach Bedarf mehrmals wiederholen.
Übung 8: Handballen aufweiten
Beschwerden: Handgelenksschmerzen
Übung: An einen Tisch stellen und den Duoball darauf legen. Die Hand mit der Handfläche nach unten auf den Ball legen, sodass der Daumenballen auf dem Ball der einen Seite, der Handballen der kleinen Finger auf der anderen Seite liegen. Durch Vorbeugen des Oberkörpers mäßig Druck auf die beiden Handballen bringen. Den Druck aufrechterhalten, 7 bis 10 Sekunden einen Zug mit beiden Handballen zur Mitte des Balls ausüben, als ob Sie die beiden Bälle zusammenschieben wollten. Den Zug wieder loslassen und die Dehnung zwischen den beiden Handballen für circa 7 Sekunden intensivieren. Zweimal wiederholen.
Übung 9: Oberschenkelvorderseiten ausrollen
Beschwerden: Schmerzende Oberschenkel
Übung: Mit aufgestützten Unterarmen auf den Bauch legen und die Rolle knapp oberhalb der Knie platzieren. Die Rumpfmuskulatur anspannen, sodass der Rücken nicht durchhängt. Nun die Oberschenkel bis hoch zu den Leisten ausrollen, indem der Körper aus den Armen vorund zurückgeschoben wird. Anschließend die Beine während des Rollens etwas eindrehen und danach ausdrehen. Nach Belieben wiederholen.
Übung 10: Oberschenkelinnenseite bearbeiten
Beschwerden: Überdehnung / Zerrung der Oberschenkelinnenseite
Übung: Mit aufgestützen Unterarmen auf den Bauch legen und das betroffene Bein mit gebeugtem Knie seitlich ablegen. Die Faszienrolle unter der Beininnenseite ablegen, knapp oberhalb des Knies. Das andere Bein ausstrecken und die Fußspitze aufstellen. Die Rumpfmuskulatur anspannen, damit das Becken nicht durchhängt. Dann die Oberschenkelinnnenseite bis ganz hoch zur Leiste ausrollen, indem Sie den Körper durch die Arme und das Bein der Gegenseite seitlich verschieben.
Übung 11: Unterschenkelhinterseite auflockern
Beschwerden: Wadenschmerzen und -krämpfe
Übung: Für dieses Faszientraining am Boden in den Kniestand gehen, die Rolle möglichst nah der Kniekehlen zwischen die hinteren Unter- und Oberschenkel klemmen und darauf absetzen. Der Oberkörper bleibt aufgerichtet. Das Gesäß langsam und abwechselnd nach rechts und links bewegen. Für mehr Druck den Oberkörper weiter nach hinten lehnen.
Übung 12: Fußrücken und Fußsohle gleichzeitig ausrollen
Beschwerden: Fuß- und Fersenschmerzen
Übung: Entspannt hinstellen oder setzen. Den Duoball direkt vor dem betroffenen Fuß platzieren und die Ferse des anderen Fußes auf den Ball stellen. Den Duoball mit Hilfe des Fußes auf die Zehen rollen, indem Sie diesen mit Druck zu sich heranziehen. Dann alle Zehen und den Fußrücken bis hoch zum Sprunggelenk langsam ausrollen.
Quelle:
Unser Experte: Torsten Pfitzer, Schmerztherapeut und Autor des Buches „Schmerzen selbst behandeln mit Blackroll“, Riva, 304 Seiten, Taschenbuch, 19,99 Euro
Autor: Svenja Ebert, aus Good Health Ausgabe 6/2019