Eustress und Distress: Warum Stress nicht immer schlecht ist

Eustress und Distress sind Begriffe, die man nicht mehr oft hört. Dabei weisen sie auf einen wichtigen Aspekt hin: Es gibt nicht nur negativen, sondern auch positiven Stress. Entscheidend ist die subjektive Wahrnehmung.

Eine Frau sitzt konzentriert am Schreibtisch
Ob Stress gesund oder schlecht ist, hängt vielfach vom subjektiven Empfinden ab. Foto: iStock_fizkes

Stress ist ein extrem negativ aufgeladener Begriff. Das liegt nicht zuletzt daran, dass man heutzutage um die gravierenden gesundheitlichen Folgen von Dauerstress weiß. Doch Stress ist nicht immer schlecht – er kann sogar gesund sein, vor allem für die Psyche. Psychologen unterscheiden deswegen zwischen Eustress und Distress.

Was ist Stress – und wie zeigt er sich körperlich?

Stress entsteht in Situationen, die wir als herausfordernd, bedrohlich oder gefährlich einschätzen. Das Gehirn versetzt den Körper in Sekundenschnelle in einen Alarmzustand. Dazu werden die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol vermehrt ausgeschüttet, die die Leistungsfähigkeit maximieren: Puls und Blutdruck steigen, die Atmung wird schneller, die Sinne schärfen sich und die Muskeln spannen sich an. Sobald die Situation bewältigt wurde, sinkt der Stresspegel – der Körper entspannt sich.

Merkmale von Eustress und Distress

Unter Distress („dis“ = „schlecht“) versteht man das, was man gemeinhin als Stress bezeichnet: Negativen Stress, der mit Druck, Überforderung oder Angst einhergeht. Hingegen beschreibt Eustress („eu“ = „gut“) positiven Stress, da er mit Vorfreude, Begeisterung oder Glücksgefühlen verbunden ist.

Gemeinsam haben Eustress und Distress, dass sie beide gleichermaßen den Körper in Anspannung und Aufregung versetzen – man steht „unter Strom“. Was sie voneinander unterscheidet, ist die Qualität des Stresses: Abhängig davon, ob die innere Anspannung von positiven oder negativen Empfindungen begleitet wird, handelt es sich bei Distress oder Eustress um schlechten oder gesunden Stress. Während positiver Stress meist von kurzer Dauer ist und Kräfte mobilisiert, kann negativer Stress in einem länger anhaltenden kräftezehrenden Zustand münden.

Distress und Eustress: Beispiele für negativen und positiven Stress

Oft ist es vom subjektiven Empfinden abhängig, ob es zu Eustress oder Distress kommt. Entscheidende Faktoren sind die Belastbarkeit sowie die individuellen Ressourcen und die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten zur Bewältigung einer Situation.

Fühlen wir uns einer Herausforderung nicht gewachsen, erwächst unweigerlich ein Gefühl der Überforderung – und somit negativer Stress. Im Gegensatz dazu können Menschen mit einer positiven Selbsteinschätzung und dem Glauben an die eigene Selbstwirksamkeit herausfordernden Situationen etwas Positives abgewinnen, wie etwa die Chance, sich weiterentwickeln und persönlich wachsen können.

Es gibt jedoch auch Situationen und Ereignisse, die bei den meisten Menschen entweder Distress oder Eustress auslösen, ganz unabhängig von individuellen Faktoren.

Distress Beispiele:

  • Krankheit/schwerwiegende Diagnosen

  • Krankheit oder Tod einer nahestehenden Person

  • Konflikte im privaten oder beruflichen Kontext

  • Trennung oder Scheidung

  • Jobverlust oder ein unsicherer Arbeitsplatz

  • hohe Arbeitsbelastung

  • Leistungsdruck am Arbeitsplatz

  • Dauererreichbarkeit

  • finanzielle Not

  • Doppelbelastung durch Familie und Beruf

  • Ängste und Phobien

Eustress Beispiele:

  • Hochzeit

  • die bevorstehende Geburt des eigenen Kindes

  • Urlaub

  • ein neuer Job

  • ein erstes Date  

  • eine Prüfung, auf die man sich gut vorbereitet hat

Dauerhafter Distress schadet der Gesundheit

Distress kann zwei verschiedene Formen annehmen – er kann sowohl kurzzeitig und akut auftreten als auch chronisch werden. Der negative Stress, den zum Beispiel viele Menschen vor einem bevorstehenden Flug empfinden, legt sich, sobald das Flugzeug gelandet ist. Im Gegensatz dazu kann eine hohe Arbeitsbelastung oder eine konfliktreiche Beziehung zu chronischem Stress führen, der über Monate oder gar Jahre anhalten kann.

Ständige Überforderung, Druck oder Angst sind nicht nur extrem unangenehm, sondern können Körper und Psyche auf Dauer erheblich schaden. Zu den möglichen Folgen gehören stressbedingte Beschwerden, wie etwa Verspannungen, Magen-Darm-Probleme, Infektanfälligkeit oder Schlafstörungen.

Fehlen Phasen der Entspannung, steigt zudem das Risiko für Depressionen und Burnout. Noch gefährlicher sind die Auswirkungen von Distress auf das Herz-Kreislauf-System: Wenn der Körper immer wieder über längeren Zeitraum mit Stresshormonen überflutet wird, steigt der Blutdruck dauerhaft an – und das kann im schlimmsten Fall zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen.

Positiver Stress fördert Zufriedenheit und Selbstbewusstsein

Genau wie bei Distress stößt der Körper unter dem Einfluss von Eustress Adrenalin aus. Das Stresshormon ist wichtig, da es unsere Energiereserven mobilisiert und unsere Antriebskraft steigert, die wir für die Erreichung selbstgesteckter Ziele benötigen. Eustress ermöglicht uns, das Beste aus uns herauszuholen und ist daher unverzichtbar für persönliches Wachstum. Hat man eine herausfordernde Situation aus eigener Kraft gemeistert, stärkt das zudem das Selbstbewusstsein.

Noch dazu fördert gesunder Stress das persönliche Wohlbefinden, da neben den Stresshormonen auch Glückshormone wie Serotonin ausgeschüttet werden, wenn ein freudiges Ereignis eintritt.

Positiver und negativer Stress: Die Übergänge sind fließend

Die Planung der eigenen Hochzeit, ein Hausbau oder die langersehnte Zusage für den Traumjob – Dinge, die im ersten Moment Glücksgefühle hervorrufen, können schnell und unbemerkt in Distress umschlagen, wenn etwa immer weniger Zeit zur Entspannung bleibt oder unvorhersehbare Ereignisse eintreten, die die Glücksgefühle zunichtemachen. Plötzliche Beschwerden ohne ersichtlichen Grund, wie Verdauungsprobleme, Rückenschmerzen oder Reizbarkeit sollten dann als Warnzeichen für Distress verstanden werden.

Distress abbauen: Tipps zur Stressbewältigung

Viele Stressfaktoren lassen sich nicht – oder nicht schnell – aus dem Leben verbannen. Allerdings kann man einiges tun, um Distress zu bewältigen oder gar nicht erst aufkommen zu lassen:

  • Sport: Vor allem bei Ausdauersport wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren schüttet der Körper Glückshormone aus, die die Stresshormone neutralisieren.

  • Ruhepausen: Besonders in stressigen Phasen sind kleine Auszeiten im Alltag wichtig, in denen man die Gedanken schweifen lassen und zur Ruhe kommen kann.

  • Ernährung: Eine ungesunde, nährstoffarme Ernährung hat Mangelerscheinungen zur Folge, die für den Körper zusätzlichen Stress bedeuten. Um das zu vermeiden, sollte man auf nährstoffreiche Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Vollkornprodukte setzen.

  • Entspannungsmethoden: Alles, was einen entspannt und Freude bereitet, trägt zur Stressbewältigung bei. Mit gezielten Entspannungsübungen lässt sich Distress jedoch noch effektiver abbauen. Yoga, autogenes Training oder Atemübungen bringen sowohl den Körper als auch die Psyche zur Ruhe und fördern inneres Gleichgewicht.

  • Selbstwahrnehmung hinterfragen: Druck und Überforderung haben oft ihre Wurzeln in einer negativen Beurteilung der eigenen Fähigkeiten, eine herausfordernde Situation zu meistern. Gegen den inneren Kritiker hilft, sich die eigenen Leistungen und positiven Eigenschaften vor Augen zu führen, im Zweifel mithilfe eines Therapeuten. Auf lange Sicht hat eine positive Selbstwahrnehmung den größten Einfluss auf Eustress und Distress im Leben.

Quellen
  • Stress, in: internisten-im-netz.de
  • Dauer-Stress gefährdet Hormongleichgewicht – Erholung oft langwierig, in: endokrinologie.net (Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie
  • Eustress, in: lexikon.stangl.eu (Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik)