Erythrophobie oder die Angst zu erröten – was hat es damit auf sich?
In peinlichen Situationen spüren wir oft, wie das Gesicht zu glühen beginnt – wir werden rot. Wenn allerdings bereits der Gedanke ans Erröten Angst bereitet, spricht man von Erythrophobie. Für Menschen, die darunter leiden, ist es oft nicht leicht, den Teufelskreis aus Angst, Scham und erneutem Erröten zu durchbrechen. Doch es gibt mehrere Wege, das Problem zu besiegen.

Erythrophobie – was ist das?
“Erythrophobie” setzt sich aus den griechischen Wörtern “erythros” (rot) und “phobos” (Angst) zusammen. Es bezeichnet also nicht das Rotwerden an sich, sondern die Angst zu erröten. Neben der aufsteigenden Gesichtswärme können auch Schwitzen, Nervosität, Herzrasen und ein allgemeines Unwohlsein auftreten.
Das wohl größte Problem bei Erythrophobie ist: Je größer die Angst vor dem Erröten ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sich rote Flecken im Gesicht bilden. Die Furcht verstärkt die Symptome also noch und sorgt im schlimmsten Fall dafür, dass Betroffene soziale Kontakte meiden und bestimmten Situationen ganz aus dem Weg gehen. Im Mittelpunkt zu stehen, wenn alle Augen auf einen gerichtet sind, ist für viele schwer zu ertragen. Auch depressive Phasen können dann die Folge sein.
Wie entsteht Erythrophobie?
Erythrophobie wird als soziale Phobie eingestuft, die vielen Menschen im Alltag zu schaffen machen kann. Das Problem ist weit verbreitet: Drei Viertel aller Betroffenen geben an, dass sich die besondere Angststörung zum ersten Mal in der Pubertät bemerkbar gemacht hat.
Oft ist ein Schlüsselerlebnis verantwortlich, bei dem sich Erythrophobiker für ihr plötzliches und unkontrollierbares Rotwerden geschämt haben. Schließlich kann die Gesichtsröte Unsicherheit, Lügen und fehlende Reife signalisieren – und das kratzt am Selbstbewusstsein. Einer weiteren Blamage möchten viele daraufhin lieber aus dem Weg gehen. So entsteht schließlich die Angst vor dem Erröten, die zur Folge haben kann, dass sich Betroffene zum Beispiel nicht zutrauen, vor Menschen zu sprechen.
Warum wir rot werden, ist noch immer nicht ganz geklärt – eine Theorie besagt, dass es eine unkontrollierbare Reaktion des Körpers sein könnte, die beschwichtigend auf andere wirken soll. Wenn einem zum Beispiel ein Missgeschick passiert ist, das für einen selbst sehr unangenehm ist, wie jemandem Rotwein auf die weiße Bluse zu schütten, dann zeigt das Rotwerden an, dass es einem leidtut - und das ehrlich und aufrichtig. Gewisse Emotionen lassen sich durchaus vorspielen, doch ein Erröten auf Knopfdruck ist in der Regel nicht möglich.
Es gilt als sicher, dass der Sympathikus als Teil unseres vegetativen Nervensystems mitverantwortlich für das Erröten ist: Er versetzt den Körper bei Stresssituationen in erhöhte Leistungsbereitschaft. So kommt es unter anderem auch zu einer schnellen und kräftigen Durchblutung. Ist er besonders leicht reizbar, kann sich dies häufiger durch Gesichtsröte bemerkbar machen.
Was hilft gegen Erythrophobie?
Viele Erythrophobiker fragen sich: Was kann ich dagegen tun? Hat die Angst Auswirkungen auf den Alltag, den Job und das Zusammenleben mit Menschen, sollte man sich Hilfe suchen. Auch wenn es noch immer recht wenige Spezialisten auf dem Gebiet gibt, so kann ein Therapeut dabei helfen, die Angststörung zu bekämpfen. Kurzzeittherapien und Gruppengespräche können das Leiden bereits deutlich mildern. In Konzentrationsübungen lernen Erythrophobiker, sich weniger auf ihr eigenes Rotwerden, sondern auf andere Dinge zu konzentrieren. Dabei kann es auch helfen, den Patienten immer wieder zu zeigen, dass sie nicht so stark erröten, wie sie denken. So verfestigt sich der Gedanke, dass es nicht ungewöhnlich ist, rote Wangen zu haben. Zudem hilft es zu verinnerlichen, dass Gesichtsröte bei vielen Menschen sogar Sympathiepunkte einbringt.
Besonders verzweifelte Erythrophobiker entscheiden sich dagegen für eine drastische Operation: Nervenstränge rechts und links der Brustwirbelsäule werden in einem chirurgischen Eingriff unterbrochen. Indem der Sympathikus durchtrennt wird, sorgt man dafür, dass das Erröten in persönlichen Extremsituationen gestoppt wird. Die Risiken und Folgen einer solchen Maßnahme sind allerdings noch nicht ausreichend erforscht. Zudem kann es zu Ausweichreaktionen des Körpers kommen – übermäßiges Schwitzen könnte die Folge sein. Eine solche Operation ist dank guter therapeutischer Möglichkeiten inzwischen aber nur noch in den seltensten Fällen nötig.
Wenn auch Sie Angst vor dem Erröten haben und sich von dieser Furcht im Alltag eingeschränkt fühlen, kann eine Therapie helfen. Dabei lernen Sie, Ihre Gedanken umzulenken und sich so zu akzeptieren, wie Sie sind. So kann der Teufelskreis, den die Erythrophobie mit sich bringt, durchbrochen werden.
Quellen:
Wenn das Erröten zur Angst wird
Tief durchatmen: Die Angst vorm roten Gesicht lässt sich abbauen