Erholsame Nacht – erfolgreicher Tag
Um den Alltag zu bewältigen und mit Freude am Leben teilzuhaben, muss man ausgeschlafen sein. Doch das fällt vielen schwer – woran liegt das und was können wir dagegen tun?
Kinder sind beneidenswert: Wenn sie ins Land der Träume sinken, kann nur wenig ihre Nachtruhe stören, die gern zehn Stunden und länger dauern kann. Ganz anders sieht das mit zunehmendem Alter aus: Das Ein- und Durchschlafen ist nicht mehr für jeden eine Selbstverständlichkeit. „Die meisten Funktionen des Körpers verändern sich mit den Jahren, so auch unser Schlafverhalten“, weiß Dr. Helmut Frohnhofen, Experte für Schlaf- und Altersmedizin aus Essen. „So wie unsere Haare ergrauen, ergraut auch unser Schlaf.“
Die Nachtruhe verläuft in einem ständigen Auf und Ab
Das ist ein völlig normaler Prozess und daher vollkommen harmlos. „Man sollte einfach akzeptieren, dass es als älterer Mensch mit dem Ein- und Durchschlafen eben nicht mehr so gut klappt und sich nicht sorgen, wenn man nicht mehr wie als Kind selig tief und fest schlummert.“ Denn der nächtlichen Erholung muss deshalb nichts im Wege stehen. Sie hängt auf den ersten Blick weniger von unserem Lebensalter, sondern von den Schlafphasen ab, die unser Körper Nacht für Nacht durchläuft. Denn wer glaubt, dass der Schlaf eine lange, ruhige und gleichmäßige Zeit des Nichtstuns ist, irrt gewaltig.

Vom wachen Zustand gleitet man langsam in einen Leichtschlaf, auf den der Tiefschlaf folgt, bei dem die Muskelspannung nachlässt. Zwischen fünf und sieben Mal pro Nacht wechselt man zwischen Leicht- und Tiefschlafphasen hin und her, unterbrochen von sogenanntem REM-Schlaf. REM steht für „Rapid Eye Movement“, schnellen Augenbewegungen, die in dieser Schlafphase auftreten. Charakteristisch ist auch eine höhere Gehirntätigkeit, mit denen das Träumen einhergeht.
Während dieser nächtlichen Schlafphasen schaltet der Organismus den Stoffwechsel einen Gang zurück, dafür arbeiten seine Reparaturmechanismen auf Hochtouren. Das Gehirn speichert die Eindrücke des Tages und steckt sie in passende Schubladen. Gelerntes, aber auch Erlebnisse werden verarbeitet und im Gedächtnis verankert. Und auch das Nervenkostüm stabilisiert sich. Um sich optimal regenerieren zu können, benötigt der Körper pro Nacht circa zwei bis drei Stunden Tiefschlaf.
Schlaf ist in jedem Lebensabschnitt wichtig
Schlaf und Gesundheit bilden also ein untrennbares Dream-Team. Die Forschung hat bereits mehr als 100 Körperfunktionen ausgemacht, die über den Schlaf-Wach-Rhythmus gesteuert werden. So zeigen zahlreiche Studien, dass Menschen ohne Schlafstörungen allgemein fitter und auch widerstandsfähiger sind als Menschen, die über Schlafprobleme klagen. Mit der Schlafqualität leidet aber nicht nur die Immunabwehr.
Mit zunehmendem Alter können Schlafprobleme geistigen und körperlichen Funktionsstörungen Vorschub leisten. Auch schlechte Stimmung und Depressionen können gefördert werden.

Wer unter Schlafmangel leidet, erkrankt möglicherweise eher an Alzheimer, so eine Studie von Neurologen der Universität St. Louis. Denn Schlafentzug kann die Bildung der für Alzheimer-Erkrankungen charakteristischen Ablagerungen im Gehirn, den Plaques, fördern. Erholsamer Schlaf, so der Umkehrschluss der Forscher, könne Schutz vor Alzheimer bieten. Auch Vergesslichkeit kann von der Schlafqualität abhängen. Da wir im Tiefschlaf Erlebnisse im Gedächtnis verankern, fördert Mangelschlaf geistigen Abbau.
Einschränkungen in der Beweglichkeit häufen sich: Denn wer sich aufgrund von einem massiven Schlafdefizit tagsüber schlapp fühlt, ist weniger aktiv – Muskelschwund kann die Folge sein. Kurz gesagt: Guter Schlaf hält länger jung.
Das Schlafmuster verändert sich mit den Jahren
Doch schon ab 30 steigt der Anteil an Leichtschlafphasen, was zu Lasten der wichtigen REM- und Tiefschlafphasen geht. Studien zeigen, dass fast 70 Prozent des Tiefschlafs, der für 18- bis 25-Jährige als normal gilt, langsam, aber kontinuierlich abnimmt.
Man wird leichter durch Geräusche und äußere Einflüsse gestört. Bereits junge Menschen wachen bis zu 28 Mal pro Nacht kurz auf. Selten erinnern sie sich daran, weil sie fast sofort wieder einschlafen. Älteren fällt das Zurücksinken in den Tiefschlaf meist sehr viel schwerer. Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass sich Senioren bis zu 30 Minuten unruhig hin und her wälzen, bis sie entschlummern. Auch Schlafunterbrechungen mit nächtlichen Wachphasen von bis zu zwei Stunden sind bei Menschen über 60 weit verbreitet.
Ein gesunder alter Mensch muss deshalb aber – auch wenn sich sein Schlafmuster im Laufe der Jahre verändert – nicht automatisch eine echte Schlafstörung entwickeln. Ganz anders sieht es aber aus, wenn Krankheiten hinzukommen. Auf alle Fälle ist es wichtig, die Störung zu erkennen und sich mit einem Arzt über notwendige Maßnahmen zu beraten.
Es gibt viele begleitende Auslöser für eine Schlafstörung
Um besser zu verstehen, woher die Schlafstörung kommt, sollten erst einmal einfache körperliche Ursachen ausgeschlossen werden. Ältere Menschen wachen beispielsweise nachts öfter auf, weil sie kalte Füße und/oder kalte Hände haben. Hier kann man sich bereits mit Bettsocken, leichten Stoffhandschuhen, aber auch einer kuscheligen Wärmflasche behelfen.
Manchmal liegt es einfach an einer falschen Schlafposition. Wenn jemand sein Leben lang ein Seitenschläfer war, nun aber als Pflegefall auf den Rücken gebettet liegt, ist es nicht verwunderlich, wenn der Schlaf nicht kommen will.
Schmerzen, eine Erkrankung wie Herzrhythmusstörungen oder Atembeschwerden können ebenfalls Schlafräuber sein. Und auch notwendige Medikamentengaben können die Nachtruhe aus dem Takt bringen.

Reise durch die Nacht: Die Schlafphasen
Berg- und Talfahrt: Schlaf ist kein einheitlicher Ruhezustand, sondern ein Wechsel zwischen Leicht- und Tiefschlafphasen, unterbrochen durch Traum- oder REM-Phasen. Der Anteil der erholsamen Tiefschlafphasen nimmt im Alter ab.
Checkliste: Gut geschlafen?
Zur Aufdeckung einer echten Schlafstörung kann dieser kleine Fragebogen mit Screeningfragen helfen.
Schlafzeiten kennen
Um welche Uhrzeit stehen Sie morgens auf, wann gehen Sie normalerweise ins Bett? Hat sich an dieser Routine in den letzten Wochen etwas geändert? Wachen Sie nachts häufiger auf und liegen dann länger wach? Brauchen Sie mehr als 30 Minuten, um einzuschlafen?
Störenfriede finden
Haben Sie nachts Muskelzuckungen, machen sich Atemaussetzer bemerkbar, schnarchen Sie? Leiden Sie unter Albträumen? Haben Sie im Liegen Schmerzen?
Befindlichkeit festlegen
Fühlen Sie sich morgens erfrischt und ausgeruht oder haben Sie oft das Gefühl, nicht genug geschlafen zu haben? Fühlen Sie sich tagsüber überwiegend schläfrig und müde? Schlafen Sie tagsüber häufig ein, ohne es eigentlich zu wollen?
Je mehr der aufgeführten Fragen zutreffen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie an einer echten Schlafstörung leiden.
Wie viel Schlaf ist normal?
Napoleon wird nachgesagt, dass er mit weniger als vier Stunden Schlaf auskam. Gesund war das sicher nicht. Schlafforscher plädieren dafür, im Schnitt sieben bis neun Stunden zu schlafen – das gilt auch für Betagte. Doch sollte man diese Regel nicht zu eng fassen. War jemand sein Leben lang ein Langschläfer, darf er das auch im Alter bleiben. Umgekehrt gibt es auch lebenslange Kurzschläfer, die mit weniger als sieben Stunden auskommen und sich dabei pudelwohl fühlen.
Wichtiger als die Länge ist die Schlafqualität: Man sollte erfrischt und ausgeruht erwachen. Übermäßig viel Schlaf kann, so einige Studien, der Gesundheit möglicherweise sogar schaden. Die Anfälligkeit für Krankheiten ist, so Forscher aus den USA und Großbritannien, bei mehr als zwölf Stunden Schlaf täglich (Nickerchen inklusive) erhöht.