Enuresis-Ursache ist meist eine harmlose Entwicklungsverzögerung des Kindes

Aus der Serie: Enuresis

Bei der Enuresis kommen verschiedene Ursachen infrage. Gerade bei der primären Enuresis handelt es sich oftmals lediglich um eine Verzögerung der natürlichen Entwicklung. Experten gehen davon aus, dass in den meisten Fällen die Nervenbahnen noch nicht ausgereift sind.

Denn bei Studien im Schlaflabor hat sich gezeigt, dass sich die Blase in der Regel füllt, die entsprechenden Muskeln aktiv sind, das betroffene Kind von dem Reiz aber nicht wach wird. Die Blase entleert sich daher unwillkürlich. Dieses Phänomen geht in den meisten Fällen Hand in Hand mit einer erhöhten Aufwachschwelle – das Kind lässt sich generell schwer wecken. Die Gründe dafür sind bislang nicht bekannt, der ungewöhnlich tiefe Schlaf zählt bei der Enuresis aber ebenfalls zu den Ursachen. Im Laufe des Entwicklungsprozesses reguliert sich dieser Prozess normalerweise von selbst.

Die erhöhte Aufwachschwelle tritt zudem häufig in Kombination mit einer Hormonstörung auf. Das Antidiuretische Hormon (ADH), auch Vasopressin genannt, ist dafür zuständig, den Wasserhaushalt des Körpers zu steuern, insbesondere die Urinproduktion. Bei Erwachsenen liegt dafür ein gleichmäßiger Rhythmus vor: Nachts produziert der Körper mehr ADH, was die Wasserausscheidung hemmt. Es entsteht also weniger Urin. Wenn diese Abläufe beim Kind noch nicht korrekt funktionieren und die ADH-Menge nachts zu gering ist, füllt sich die Blase überdurchschnittlich stark. Die Enuresis entsteht vor allem, wenn die Hormonstörung mit Ursachen wie der Aufwachstörung zusammentrifft. Das Kind wird trotz gefüllter Blase nicht wach.

Betroffene Kinder merken den Harndrang zu spät

Für eine Enuresis gibt es weitere mögliche Ursachen wie eine zu geringe Kapazität der Blase, oder sie ist überaktiv. Auch hierbei handelt es sich in der Regel um eine Entwicklungsverzögerung, die sich später ausgleicht. Betroffene Kinder haben in den meisten Fällen auch tagsüber Probleme, die Toilette rechtzeitig zu erreichen, weil sie den Harndrang zu spät bemerken. Tritt das Einnässen nur nachts auf, lohnt sich ein Blick aufs Trinkverhalten. Viele Kinder vergessen tagsüber beim Spielen regelrecht, dass sie Durst haben, und stillen ihren Flüssigkeitsbedarf abends. Die Blase ist deswegen nachts zu voll. Solch ein falscher Trinkrhythmus kann bei Enuresis zu den Ursachen gehören oder andere Faktoren verstärken.

Bei einer Enuresis gibt es weitere mögliche Ursachen, die sich auch tagsüber zeigen. Unter anderem können die Harnwege fehlgebildet sein, sodass immer wieder Urin herausträufelt. Oder sie sind zu eng, weswegen sich die Blase beim normalen Wasserlassen nicht vollständig entleert und irgendwann regelrecht überläuft. Wenn der Harnstrahl schwach oder stotternd ist, öffnet sich der Schließmuskel nicht richtig. Auch in diesen Fällen, wird die Blase schließlich zu voll.

Das Gefühl einer vollen Blase nimmt für die Kinder ab

Bei Kindern kommt auch ihr Verhalten in Betracht, wenn es gilt, für eine Enuresis die Ursachen zu finden: Häufig empfinden sie den Toilettengang beim Spielen als lästig und zögern ihn hinaus. Das Gefühl für eine volle Blase und die notwendige Entleerung nimmt dadurch ab, und die Kinder nässen ein.

Manche Kinder nässen nur selten in bestimmten Situationen ein. Bei dieser Form der Enuresis gehören zu den Ursachen: Husten, Niesen, starkes Lachen oder eine angespannte Bauchmuskulatur bei Bewegung. Der Druck auf die Blase wird zu groß, und es kommt zu einer ungewollten Entleerung.

Psychosoziale Faktoren wie eine hohe seelische Belastung können bei einer primären Enuresis zwar zu den Ursachen gehören, das ist jedoch selten der Fall. Meistens verhält es sich umgekehrt: Das Einnässen führt zu seelischen Problemen, weil die Kinder dieses körperliche Problem häufig als Versagen empfinden. Umso wichtiger ist eine liebevolle Unterstützung der Eltern, die nicht mit Druck verbunden ist.

Die sekundäre Enuresis berücksichtigt organische Ursachen

Ganz anders sieht es aus, wenn eine sekundäre Enuresis vorliegt. Für die Ursachen kommen Entwicklungsverzögerungen nicht infrage, weil das Kind bereits trocken war, alle Funktionen also korrekt ineinandergegriffen haben. Bei der sekundären Enuresis gilt es daher, zunächst akute, organische Ursachen wie Harnwegsinfekte auszuschließen. Im nächsten Schritt sollten psychosoziale Gründe erwogen werden. Das können große Einflüsse sein, wie eine Trennung der Eltern, ein Todesfall in der Familie oder auch die Geburt eines Geschwisterkindes. Bei sensiblen Kindern kann aber auch schon ein Umzug oder ein Schulwechsel ausreichen, um das Einnässen auszulösen. Liegen solche offensichtlichen Veränderungen nicht vor, können bei der sekundären Enuresis seelische Ursachen dennoch nicht ausgeschlossen werden, und die Eltern müssen auf Spurensuche gehen, bei Bedarf mit fachlicher Unterstützung. Eventuell wird das Kind in der Schule gehänselt, oder es hat zum Beispiel Angst vor einer Trennung der Eltern, weil es einen eigentlich harmlosen Streit mitangehört hat. Zudem verselbstständigt sich die Enuresis in solchen Fällen häufig, sodass die Symptome zu Ursachen werden – die Scham und die damit verbundene Angst vor dem Einnässen lösen erneutes Einnässen aus.

Verschiedene Erkrankungen können sowohl bei der primären als auch bei sekundären Enuresis ebenfalls zu den Ursachen gehören, zum Beispiel Epilepsie, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) oder neurologische Störungen. Diese sind aber in der Regel mit weiteren Symptomen verbunden.