Einblick in den Mutterleib: Schon Ungeborene zeigen sichtbare Stresssymptome

Ungeborene zeigen im Mutterleib durch Armbewegungen eine körperliche Reaktion auf mentales Unbehagen der Mütter. Das zeigte eine aktuelle Studie aus Großbritannien. Mithilfe eines neuartigen 3-D-Ultraschall-Scanners konnte erstmals visuell nachgewiesen werden, wie sich Stress von werdenden Müttern auf das Verhalten von Föten auswirkt.
Forscher der Universitäten von Durham und Lancaster zeigten mithilfe eines neuen bildgebenden Verfahrens, dass sich die mentale Verfassung von Schwangeren direkt auf das Verhalten ihrer Föten auswirkt. Dabei gilt: Je mehr sich eine werdende Mutter unbehaglich fühlte, desto größer war die Reaktion der Ungeborenen im Mutterleib.
Ein neu entwickelter 3-D-Ultraschall-Scanner ermöglichte nach Aussagen der beteiligten Wissenschaftler eine ganz neue Qualität der visuellen Darstellung fötaler Aktivität im Mutterleib. Ungeborene, deren Mütter mentalen Belastungen während der Schwangerschaft – wie Stress, Angst, Hilflosigkeit oder äußerlichem Druck – ausgesetzt waren, griffen sich mit der linken Hand an den Kopf und ins Gesicht. Auch hier galt: Je mehr Stress, desto mehr Bewegung mit dem linken Arm.
Wieso reagieren Föten mit dem linken Arm?
Neben der so gewonnenen Erkenntnis, dass pränataler Stress einen direkten Effekt auf das Verhalten und somit auch – als Ausdruck eines bestimmten Habitus – auf das Befinden eines Ungeborenen hat, ergab sich für die Forscher der Eindruck, dass fötale Stressreaktionen eher mit der linken Hand vollzogen werden. Zwar gab es Fälle, in denen Föten auch mit ihrer rechten Hand reagierten, doch waren diese sehr selten.
Studienleiterin Professor Nadja Reißland zeigte sich überrascht von der linkshändigen Tendenz bei den Ungeborenen. Da besonders der größere Bevölkerungsanteil rechtshändig sei, ist die Bevorzugung des linken Arms im Mutterleib verwunderlich.
Für die Untersuchung waren mit dem neuartigen 3-D-Ultraschall-Scanner Aufnahmen von Neugeborenen zwischen der 24. und 36. Schwangerschaftswoche gemacht worden. Zusätzlich wurde in diesem Zeitraum mithilfe eines speziellen Tests festgestellt, wie sehr sich die werdenden Mütter mentalen Belastungen ausgesetzt fühlten.
Ungeborene vom Cortisol ihrer Mütter beeinflusst
Frühere Studien haben gezeigt, dass Stress zu einer erhöhten Konzentration von Cortisol im Hormonhaushalt von Müttern führen kann. Die Wissenschaftler äußerten vor diesem Hintergrund die Vermutung, dass sich im Falle gestresster Mütter ein erhöhter Cortisol-Wert auf das Ungeborene überträgt und so eine körperliche Reaktion ausgelöst wird. Ein hoher Cortisol-Spiegel bei Schwangeren war in der Vergangenheit zudem des Öfteren mit der spontanen Veränderung von links- oder rechtsseitigem Verhalten ungeborener Kinder in Verbindung gebracht worden.
Dass Föten durch die stressbedingte Körperreaktion ihres linken Arms im Mutterleib nach der Geburt zu Linkshändern werden, halten die Forscher jedoch für unwahrscheinlich. Die Frage, ob Links- oder Rechtshänder, liege vielmehr in genetischen Faktoren begründet.
Schwangere keinem Stress aussetzen
Da sich mütterlicher Stress auf das Verhalten von Föten im Mutterleib direkt auswirken kann, sei es nach Ansicht der Forscher für eine gesunde Entwicklung von Ungeborenen unbedingt erforderlich, dass werdende Mütter während ihrer Schwangerschaft möglichst wenig Stress ausgesetzt sind.
Im Zuge weiterer Forschungen sollen nun Methoden entwickelt werden, um zu überprüfen, inwieweit sich ein hoher Cortisol-Spiegel einer Schwangeren auf ungeborene Kinder auswirkt. Darüber hinaus sollen langfristige Tests zeigen, welche konkreten Auswirkungen pränataler Stress für Ungeborene in ihrer weiteren Entwicklung haben kann.