"Ein Klick – und ich konnte wieder richtig hören"

Junge Frau macht Hörtest
Ein Teil des Cochlea-Implantats sitzt direkt im Innenohr. Dass sie wieder gut hören kann, hat Jana bei ihrem letzten Hörtest bewiesen Foto: shutterstock

Jana Richter war fast taub. Dass sie wieder alles hören kann, verdankt sie einem unsichtbaren Implantat hinterm Ohr.

Die Ärzte hielten sie wegen ihres Sprachfehlers für geistig behindert. Damals war Jana Richter* dreieinhalb. "Sie prophezeiten mir, dass ich niemals eine normale Schule besuchen werde. Zum Glück war meine Mutter ganz anderer Meinung und stellte mich weiteren Ärzten vor!" Erst im Alter von fünf Jahren stand dann die richtige Diagnose fest: Ein seltener Infekt hatte das Innenohr des Mädchens so stark geschädigt, dass sie ohne Hörhilfe kaum etwas verstehen konnte.

Hörgerät war keine Hilfe

Kurz vor der Einschulung bekam Jana ihr erstes, klobiges Hörsystem. Obwohl sie in der Schule und später während des Studiums immer in der ersten Reihe sitzen durfte, fiel es ihr trotz digitaler Hörgeräte sehr schwer, Lehrer oder Mitschüler zu verstehen. "Auch im Straßenverkehr musste ich immer drei-, viermal nach links und nach rechts schauen, weil ich schnell herannahende Autos oder Lastwagen nicht richtig per Gehör orten konnte", erinnert sich Jana. Nach einem Musical-Besuch stand fest, dass es so nicht weitergehen kann: "Ich bekam von Gesang und Text so gut wie nichts mit."

Implantat für das Ohr: Unsichtbar & natürlich

Bei ihrer Expertensuche stieß Jana im Internet auf einen HNO-Experten. In der HNO-Sprechstunde der Kopf- und Halschirurgie der Asklepios-Klinik Harburg wurde erneut ein Hörtest durchgeführt. Ergebnis: Jana hat einen Hörverlust von bis zu 60 Dezibel – das ist ein Wert, der sich im Bereich der hochgradigen Schwerhörigkeit bewegt.

Bei anhaltenden Schwierigkeiten mit konventionellen Hörgeräten besteht seit wenigen Jahren die Möglichkeit, ein Hörsystem einzupflanzen. Der Vorteil ist, dass das moderne Implantat den natürlichen Prozess des Hörens nachahmt. So wird das Klangerlebnis natürlicher. Auch der kosmetische Aspekt ist wichtig: Das Implantat sitzt samt Mikrofon oberhalb und hinter der Ohrmuschel unter der Haut. Auch die digitale Steuereinheit wird dort eingepflanzt. "Das System funktioniert beim Duschen, Schwimmen oder Sport", so der HNO-Experte. Da der Gehörgang nicht verschlossen wird, gibt es dort keine Entzündungen mehr. Außerdem werden keine Strukturen im Ohr zerstört. Ist das Gerät nicht im Betrieb, hört man wie vorher. Das System kann jederzeit problemlos entfernt werden."

Endlich die Welt richtig verstehen

Jana ist rasch überzeugt: In einer zweistündigen Operation wird ihr links das neue Hörgerät eingepflanzt. Nach vier Nächten im Krankenhaus durfte sie nach Hause. Sechs Wochen später wird dann das Gerät freigeschaltet. "Den Augenblick werde ich nie vergessen. Ein Klick – und endlich konnte ich richtig hören!", erzählt die junge Frau strahlend. "Niemand muss mich anschreien oder sich wiederholen. Fernseher und Radio laufen jetzt auf Zimmerlautstärke." Auch im Straßenverkehr fühlt sie sich viel sicherer. Das schönste Erlebnis war jedoch Janas zweiter Musical-Besuch: "Da konnte ich diesmal sogar mitsingen, weil ich alles gehört habe!"

Diagnose Schwerhörigkeit

Fast jeder siebte Bundesbürger hört schlecht. Die Ursachen sind vielfältig, sie reichen von angeborenen Ohr-Fehlbildungen bis zu erworbenen Schäden. Unterschieden wird Schallleitungsschwerhörigkeit: Sprache wird gut verstanden, aber hohe und tiefe Töne werden erst ab einer gewissen Lautstärke wahrgenommen. Und Schallempfindungsschwerhörigkeit: Leise Töne werden kaum, normallaute Töne als leise und laute Töne als zu laut empfunden – die Sprachwahrnehmung ist gestört.

*Name von der Redaktion geändert