Ein kleines Gel-Implantat stoppt unkontrollierten Harnverlust

Sechs Millionen Frauen leiden an Harninkontinenz. Ein Kunststoff-Gel, das in die Nähe der Harnröhre gespritzt wird, kann helfen. Unser Experte Dr. med. Kurt Lobodasch erklärt, wie die Methode wirkt und für welche Formen der Inkontinenz sie sich eignet.
Nach zwei Schwangerschaften litt Anita K. an einer „Belastungsinkontinenz": Bei Anstrengung konnte sie den Harn nicht mehr halten. Nach den Wechseljahren wurde das noch schlimmer. Unser Experte Dr. med. Kurt Lobodasch erklärt, wie ein neuer Eingriff Linderung verschafft.
Welche Folgen kann eine nicht behandelte Harninkontinenz haben?
Sie kann zu psychischen, sozialen und medizinischen Problemen führen. Die Patienten haben häufiger Depressionen. Durch nasse Windeln kommt es zu Entzündungen. Auch die Nieren können sich entzünden, mit schwersten Einschränkungen ihrer Funktion. Gerade ältere Menschen versuchen, den Harndrang durch Reduzieren der Trinkmenge zu vermeiden. Das kann zu Schwindel und Stürzen führen.
Ist diese Behandlung mit einem Gel-Implantat für alle Patientinnen geeignet?
Die Injektionsbehandlung mit einem Gel-Implantat ist vor allem für Frauen geeignet, die eine sogenannte Belastungsharninkontinenz haben. Das ist die mit Abstand häufigste Form dieser Erkrankung.
Wie läuft der Eingriff ab?
Er kann in örtlicher Betäubung oder unter einer Kurznarkose durchgeführt werden. Das Gel-Implantat wird an drei Stellen rund um die Harnröhre gespritzt. Das Ziel ist ein Verschluss der Harnröhre, eine sogenannte Koaptation der Wände. Während der Nachsorge muss auf Blutungen und Störungen bei der Blasenentleerung geachtet werden. Kann die Blase vollständig entleert werden, wird die Patientin nach Hause entlassen. Besondere körperliche Schonung ist nicht erforderlich.
Wie sind Ihre Erfahrungen?
Wir haben bisher 575 Patientinnen so behandelt. Die Ergebnisse sind sehr gut. Wir erreichen eine fast 80-prozentige Heilung und Besserung. Ernste Nebenwirkungen sind nicht bekannt. Bei etwa zwei Prozent der Frauen kommt es zu einer Harnentleerungsstörung. Sie verschwindet aber nach einigen Tagen von selbst.