"Düsseldorfer Patient" von HIV geheilt: Zusätzliche Krankheit machte Heilung möglich

Am Universitätsklinikum Düsseldorf konnte ein Mann von HIV geheilt werden. Was den Fall so außergewöhnlich macht, ist die zusätzliche Erkrankung, an der der Patient gelitten hat. Was die Ärzte dazu sagen und welche Bedeutung der Fall für die Forschung hat.

HIV-Forschung im Labor (Symbolbild)
Foto: iStock/Motortion

Der "Düsseldorfer Patient" ist der weltweit dritte Mensch, der als von HIV geheilt gilt. Seit über vier Jahren sind keine HI-Viren mehr in seinem Körper nachweisbar. Wie vor ihm der "Berliner Patient" (2008) und der "Londoner Patient" (2019) war er zusätzlich zu HIV an Krebs erkrankt. Die Krebsbehandlung war es auch, die das HI-Virus aushebelte. Die Düsseldorfer Ärzte sind zuversichtlich. Klar ist allerdings: Die speziell durchgeführte Krebsbehandlung ist keine grundsätzliche Option für HIV-Patientinnen und -Patienten.

"Düsseldorfer Patient" von HIV geheilt: Krebsbehandlung gegen das HI-Virus

Der heute 53-jährige Mann erhielt die HIV-Diagnose 2008. Drei Jahre später wurde bei ihm eine akute Myeloische Leukämie (AML) diagnostiziert. Dieser Blutkrebs ist zwar lebensbedrohlich, brachte die behandelnden Ärzte aber auf eine Idee. Denn auch der als geheilt geltende Berliner Patient hatte zusätzlich zu HIV Leukämie. Der Londoner Patient war an Lymphdrüsenkrebs erkrankt.

Infektiologe Björn Jensen und Hämatologe Guido Kobbe vom Universitätsklinikum Düsseldorf verfolgten von Anfang an das Ziel, das HI-Virus mit der Krebsbehandlung auszumerzen und wählten deswegen eine spezielle Behandlungsmethode.

Besondere Knochenmarkspende mit Genmutation

"Das Problem ist, dass HIV sehr geschickt darin ist, sich sehr tief in unserem Körper einzunisten. HIV befällt unsere langlebigen Immunzellen - unsere Gedächtnisimmunzellen, die dafür verantwortlich sind, dass wir bestimmte Krankheiten, wie Kinderkrankheiten, nur einmal im Leben bekommen", erklärt Jensen.

Der Zusammenhang zwischen HIV und einer Leukämie-Behandlung besteht in der Wirkweise einer Knochenmarktransplantation. Der Vorgang "bringt den größten Teil des Immunsystems um", vereinfacht der Fachmann.

Im Fall des Düsseldorfer Patienten wurde 2013 – fünf Jahre nach der HIV- und zwei Jahre nach der Krebsdiagnose – eine spezielle Knochenmarktransplantation durchgeführt. Die nicht verwandte Spenderin wies eine Mutation des CCR5-Gens (CCR5 delta32-Mutation) auf. Das ist ein Ko-Rezeptor auf Immunzellen, an dem das HI-Virus andockt. Menschen, die diese Genmutation haben, sind weitgehend gegen HIV immun. Durch eine Knochenmarkspende wird die Genmutation übertragen und die HI-Viren haben keine Möglichkeit mehr, das Immunsystem zu infizieren.

Leukämie und HIV besiegt

"Ziel der Transplantation war von Beginn an, sowohl die Leukämie als auch das HI-Virus in den Griff zu bekommen", erklärte Guido Kobbe. Dies scheint gelungen. Knapp zehn Jahre nach dem Eingriff melden die Ärzte die Heilung des Patienten und veröffentlichen ihren Erfolg im renommierten Fachjournal "Nature Medicine".

Mehrere Jahre hatte der Düsseldorfer Patient trotz Stammzellenspende weiter Medikamente gegen HIV genommen. Unter engmaschiger Kontrolle wurden diese schließlich 2018 abgesetzt. UKD-Virologe Jörg Timm betont: "Gewissheit ist immer schwierig. Es sieht aber jetzt tatsächlich aus wie eine Heilung. Ein wichtiges Zeichen ist, dass in dem Patienten die Immunantworten gegen HIV wieder verschwunden sind. Das war überaus erfreulich, da das eigentlich nur passiert, wenn das Virus nicht mehr im Körper ist."

Ist die Behandlung übertragbar?

Aktuell haben Menschen mit HIV und Leukämie die Chance, durch die spezielle Knochenmarkspende wieder gesund zu werden. Infektiologe Björn Jensen verdeutlicht: "Wir können nach unserer intensiven Forschung jetzt bekräftigen, dass es grundsätzlich möglich ist, durch Kombination von zwei wesentlichen Methoden die Vermehrung des HI-Virus nachhaltig zu unterbinden. Das ist einerseits die weitgehende Entleerung des Virus-Reservoirs in langlebigen Immunzellen und zum anderen die Übertragung der HIV-Resistenz des Spender-Immunsystems [durch CCR5 delta32-Mutation, Anm. d. Red.] auf den Empfänger. So hat das HI-Virus keine Chance, sich erneut zu vermehren."

In Zukunft müsse erforscht werden, ob eine HIV-Heilung auch unter anderen Umständen möglich ist – etwa bei Patientinnen und Patienten, die nicht zusätzlich an Leukämie erkrankt sind.