Dieses Implantat löst sich selbst auf

Eine neue Generation von Stents, die als Stütze in Gefäßen eingesetzt werden, löst sich nach sechs Monaten selbst auf.
Bei medizinischen Prozeduren am Herz und den Blutgefäßen ist der Einsatz von sogenannten Stents heute nicht mehr wegzudenken. Stents sind kleine Metallgitter, die beispielsweise nach einem Eingriff an den Herzkranzgefäßen das Gefäß stützen. Da sich in den Gefäßen im Laufe des Lebens Verkalkungen ablagern können, erhöht sich das Risiko für Engstellen, wodurch das Herz oder andere Organe nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt werden. Nachdem der Arzt eine Engstelle aufgedehnt hat, muss das Gefäß gestützt werden, um eine frühzeitige Wiederverengung oder gar einen Verschluss zu vermeiden, bis es seine Funktion wieder selbstständig aufnehmen kann. Diese Aufgabe übernehmen Stents.
„Stützgerüst“ für das Gefäß
Über einen Katheter werden die Stents in eine Arterie eingeführt. Dies geschieht über die Leiste oder den Arm. Mit Hilfe eines Ballons wird das betroffene Gefäß erweitert und der Stent eingeführt. Sobald der richtige Innendurchmesser erreicht ist und der Stent sicher im Gefäß sitzt, werden der Katheter, welcher als Positionierungsschiene dient, und der Ballon über die Leiste bzw. den Arm wieder entfernt.

Aber was passiert mit dem Stent? Normalerweise verbleibt dieser im Gefäß, obwohl sich das Gefäß nach rund einem halben Jahr schon wieder erholt hat. Das kann den Stent langfristig nicht nur nutzlos, sondern auch zu einem riskanten Fremdkörper machen. So können sich Stents verschließen und die weitere Behandlung einschließlich einer Bypass-Legung erschweren.
Ein Stent, der sich selbst abbaut
Eine neue Generation von Stents soll dieses Problem in Zukunft lösen: Selbstauflösende Stents. Die Implantate bestehen aus Milchsäure-Polymeren, die sich nach etwa drei Jahren selbst auflösen. Die Zerfallprodukte Wasser und Kohlendioxid können vom Körper ohne Nebenwirkungen abtransportiert werden.
In Deutschland werden diese Stents seit etwa fünf Jahren verwendet, in den USA hat die nationale Arzneimittelzulassungsbehörde (FDA) die selbstauflösenden Stents nun ebenfalls zugelassen. Allerdings sind die sich auflösenden Stents auch in Deutschland noch nicht zum Standard geworden. Vor allem, da bisher noch ausreichende Erfahrungswerte fehlen. „Es handelt sich um eine sehr vielversprechende Technologie, die es jedoch zunächst weiter systematisch zu untersuchen gilt. Besonders jüngere Patienten könnten in der Zukunft profitieren. Ob und inwieweit die zusätzlich notwendige Medikamenteneinnahme reduziert werden kann, muss noch gezeigt werden“, erklärt Prof. Christian Meyer, geschäftsführender Oberarzt am universitären Herzzentrum der Uniklinik Eppendorf in Hamburg.
In Deutschland wurden die Stents zum ersten Mal im Jahr 2012 an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) eingesetzt. Die koronare Herzkrankheit (KHK), deren Symptom die Verkalkung der Herzkranzgefäße ist, kann unbehandelt zum tödlichen Herzinfarkt führen. Über 59.000 Menschen sterben daran jedes Jahr in Deutschland.
Auch in den USA will man die Wirkungsweise der Stents noch weiterhin genau beobachten: „Das ist wahrscheinlich eine sehr gute Technik, zumindest in der Theorie. Allerdings wird es Jahre dauern, bis wir das beweisen können“, sagt Dr. George Vetrovec, emeritierter Professor an der Virginia Commonwealth University. Vetrovec war Teil der Expertenkommission von Kardiologen, die die FDA mit großer Mehrheit zur Freigabe des löslichen Stents bewegte.