Die Krätze machte Napoleon zum Reinlichkeits-Fanatiker

Als junger General infizierte sich Napoleon mit der Krätze. Die juckende Hautkrankheit grassierte damals häufig unter Soldaten. Mit Salben und Bädern bekämpfte man die Milben als Krankheitsüberträger.
Mehrere Mediziner, die Napoleon in seiner Not konsultierte, wollten ihn mit obskuren Therapien behandeln. Glücklicherweise traf er dann auf Jean-Nicolas Corvisart (1755 – 1821). Der Arzt kurierte ihn mit einer Schmierkur aus Quecksilber. Aus Dankbarkeit machte Napoleon Corvisart später zu seinem Leibarzt. Die Erinnerung an das quälende Leiden verließ ihn jedoch nie. Als er längst Kaiser war, hatte er immer noch die Angewohnheit, sich in Gesellschaft ungeniert zu kratzen. Tägliche Bäder wurden ihm zur Gewohnheit, fast zum Zwang. Sogar auf seinen vielen Feldzügen nahm Napoleon immer eine Badewanne mit. Nach dem Bad rieb er sich gründlich mit Kölnisch Wasser ab. Solche Reinlichkeit war damals vielen suspekt. So beklagte noch Ende des 18. Jahrhunderts der Arzt Christoph Wilhelm Hufeland die allgemein verbreitete Wasserscheu: "Bei Weitem die meisten Menschen empfangen außer dem Bade der heiligen Taufe in ihrem ganzen Leben die Wohltat des Bades nicht wieder."
Fehlende Hygiene als Hauptursache für Krätze
Heute ist längst bekannt, dass mangelnde Hygiene ein wichtiger Grund für die Verbreitung vieler Krankheiten sein kann, so auch der Krätze. Diese durch Milben verursachte Hautkrankheit wird durch die gemeinsame Benutzung von Betten, Handtüchern oder Kleidung begünstigt. Als man es mit der Sauberkeit noch nicht so genau nahm, befiel die Krätze deshalb meist gleich ganze Familien, Truppenverbände und Insassen von Waisenhäusern oder Gefängnissen. Häufig wurde die Krankheit auch durch Geschlechtsverkehr verbreitet.
Gefährliche Milben legen Eier unter die Haut
Die Krätze wird überwiegend von weiblichen Milben übertragen. Sie bevorzugen Körperstellen mit dünner Hornhautschicht, etwa die zarten Hautfalten zwischen den Fingern, die Achselfalten, die Ellbogenbeugen oder die Geschlechtsteile. Die Milben bohren millimeterlange Gänge in die Haut und legen dort ihre Eier ab. Die befallene Hautregion juckt unangenehm, was zu ständigem Kratzen verleitet. Die Haut wird schuppig und krustig, es bilden sich Knötchen und Papeln. Nach vier bis sechs Wochen ist das Immunsystem durch die Milbe aktiviert. Dann entstehen großflächige, entzündliche Hautveränderungen. Schwere Komplikationen können immer wieder auftreten, so etwa Wundrose, Lymphknotenentzündung und Blutvergiftung.
Der österreichische Mediziner betreute schon als junger Arzt Krätze-Patienten. Er war der erste, der sich intensiv und wissenschaftlich mit der Hautkrankheit befasste. Sein größtes Verdienst ist es, dass er die Dermatologie zu einer eigenständigen Fachrichtung entwickelte. Er erfand auch das Wasserbett zur medizinischen Therapie.
Falsche Behandlung
Früher wurde die weit verbreitete Krätze oft mit anderen Krankheiten verwechselt, die die Haut befielen, zum Beispiel mit der sehr viel gefährlicheren Lepra oder mit Syphilis. Die Krätze-Patienten wurden dann auf die gleiche grausame Art von der Allgemeinheit streng isoliert. Jahrhundertelang glaubte man, die Krätze sei auf verdorbenes Blut zurückzuführen. Da sie Ausdruck eines inneren Leidens sei, rieten die Ärzte davon ab, sie äußerlich mit Quecksilbersalben zu behandeln, auch wenn diese gut wirkten. Vielmehr empfahlen sie, die Hautkrankheit etwa durch das Tragen von Krätzigen-Hemden – abgelegte Kleidung von Krätze-Patienten – sogar noch zu verschärfen. Erst 1840 entschloss sich der junge Wiener Arzt Ferdinand von Hebra (1816 – 1880), die Krätzemilbe eingehend zu erforschen. Er infizierte sich selbst und behandelte seine Krätze dann erfolgreich mit Schwefelsalbe. Daraufhin entwickelte er ein Heilverfahren aus Salben und Bädern, mit dem er über 5 000 Patienten von der juckenden Hautkrankheit wirksam kurierte. Heute kann man der Krätze erfolgreich mit Salben etwa mit dem Wirkstoff Permethrin zu Leibe rücken. Damit die Therapie wirklich anschlägt, müssen sich allerdings auch alle Menschen, die in direktem Hautkontakt mit dem Infizierten stehen, behandeln lassen.
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