Die geheime Wirkung der Krähenfüße
Fältchen um die Augen gehören für die meisten Menschen nicht zu den Dingen, über die sie sich beim Blick in den Spiegel freuen. Sollten sie aber! Denn die sogenannten Krähenfüße haben Vorteile, wie eine Studie jetzt zeigt.
Forscher der Western University und der University Miami haben in einer Studie gezeigt, dass das menschliche Gehirn darauf ausgelegt ist, Falten um die Augen wahrzunehmen und daraus abzuleiten, wie ehrlich eine gezeigte Emotion ist.
Ob ein Lächeln echt ist, erkennen wir unbewusst an den sogenannten Duchenne-Markern: Dabei handelt es sich um Gesichtsmuskelbewegungen, zu denen hochgezogene Mundwinkel und Fältchen um die Augen – sogenannte Krähenfüße – gehören. Ein künstliches Lachen erreicht die Augenpartie nicht – folglich sind dort keine Falten sichtbar. Benannt sind diese Merkmale nach dem französischen Wissenschaftler Guillaume-Benjamin Duchenne, der als erster zwischen echtem und gestelltem Lachen unterschied.
Kleine Falten, große Wirkung
Welchen Effekt die kleinen Fältchen haben, zeigte sich, als die Probanden der Studie sich computergenerierte Gesichter anschauten. Dazu wendeten die Forscher eine Methode an, die sich „binokulare Rivalität“ oder auch „binokularer Wettstreit“ nennt: die Studienteilnehmer schauten zur selben Zeit mit jedem Auge auf jeweils ein Bild von einem Gesicht. Beide Gesichter stellten dieselbe Emotion (positiv oder negativ) dar – eines mit Duchenne-Markern und eines ohne. Das Gehirn kann durch schnelles Wechseln immer nur eines der Bilder wahrnehmen. Das Bild, das das Gehirn für bedeutender einschätzt, wird häufiger wahrgenommen.

Wichtig, emotional, aufrichtig
Das Ergebnis: Die Gesichter mit den „echten“ Emotionen wurden häufiger unbewusst als wichtiger empfunden als die Gesichter ohne Duchenne-Marker. Das wurde bei positiven wie negativen Emotionen gleichermaßen beobachtet. Die Probanden wurden außerdem gebeten, die Gesichter nach Intensität der Emotion und Aufrichtigkeit zu bewerten. Auch hier dominierten die Duchenne-Gesichtsausdrücke. „Das Gehirn misst der echten Emotion mit Duchenne-Markern mehr Relevanz zu. Wenn die Emotion intensiver ist, wird sie vom Gehirn bevorzugt und bekommt längere Zeit die Aufmerksamkeit“, erklärt Studienleiter Dr. Julio Martinez-Trujillo, Professor an der Western School of Medicine & Dentistry.
Die Forscher betonen, dass die Untersuchungsergebnisse ein wichtiger Schritt sind, um zu verstehen, warum Gesichtsausdrücke diese kaum wahrnehmbaren spezifischen Bewegungen beinhalten und inwieweit das zum Empfinden und Verstehen von Emotionen beiträgt. In naher Zukunft will Martinez-Trujillo die Untersuchung mit Menschen mit Autismus-Spektrums-Störung durchführen. Er vermutet, dass betroffene Personen deshalb Probleme beim Erkennen von Emotionen haben, weil sie die Marker für die Authentizität eines gezeigten Gefühls nicht richtig lesen können.
Wenn Sie also das nächste Mal einen Blick in den Spiegel werfen und prüfend Ihre Augenpartie betrachten, denken Sie daran: Kleine Falten lassen Ihre Mitmenschen Ihre Emotionen intensiver wahrnehmen und die ungeliebten Krähenfüße lassen Sie vertrauenserweckend wirken.
Quellen:
Nour Malek, et. al. (2018) Generalizing Duchenne to sad expressions with binocular rivalry and perception ratings. in: Emotion, Juni 11.