Depression nach Trennung: Ist es Liebeskummer oder bin ich krank?

Alles erscheint grau, nichts bereitet einem mehr Freude und eine lähmende Leere macht sich breit – wer sich so fühlt, könnte Liebeskummer haben oder aber an einer Depression nach einer Trennung leiden. Die Grenzen verlaufen oft fließend. Es gibt aber verschiedene Anzeichen, die erkennen lassen, ob es Liebeskummer ist oder doch eine Depression.

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Nach einer Trennung durchläuft man häufig verschiedene Phasen. Auf das anfängliche Nicht-Wahrhaben-Wollen folgt die Trauer über das Beziehungsaus. Danach kann Wut aufkommen, bis man schließlich die Phase der Neuorientierung erreicht. Manche Menschen bleiben in der zweiten Phase stecken, weil sie den Verlust nicht verarbeiten können. Findet man aus dem Tief nicht heraus, kann sich eine Depression nach der Trennung entwickeln.

EIne Frau vergräbt ihr Gesicht in ihrer Hand
Nach einer Trennung sind viele Menschen nicht in der Lage, Freude zu empfinden. Aber ist das bereits eine Depression? Foto: iStock_:Marjan_Apostolovic

Trauer nach Trennung als natürliche Reaktion

Trauer ist ein natürlicher und wichtiger Teil bei der Verarbeitung einer Trennung. Je länger und intensiver die Beziehung war, desto stärker kann die emotionale Reaktion auf die Trennung ausfallen und desto stärker können die Verlustgefühle sein. Denn mit der Beziehung verliert man zugleich einen wichtigen Anker im Leben und eine Quelle des Wohlbefindens – das zeigt sich auch im Gehirn.

Wissenschaftler:innen konnten zeigen, dass das Gehirn von Menschen, die unter Liebeskummer leiden, jenem von Drogenabhängigen ähnelt. Das Glückshormon Dopamin geht stark zurück, weil der „Stoff“ – die Beziehung – nicht mehr verfügbar ist. Vor allem nach einer Trennung trotz Liebe und einer einseitigen Liebe kann das Verlustempfinden sehr stark sein.

Es kommt es zu Niedergeschlagenheit, innerer Unruhe, Antriebslosigkeit und Schlafproblemen. All das sind normale, biochemisch bedingte Reaktionen auf ein einschneidendes Erlebnis. Zugleich sind diese Symptome aber auch typische Anzeichen einer Depression.

Depression nach Trennung – oder Liebeskummer?

Liebeskummer und eine depressive Verstimmung können ähnlich aussehen. Trotz der möglichen Parallelen handelt es sich um zwei grundverschiedene psychische Zustände. Liebeskummer ist nur vorübergehend und kann auf einen Auslöser zurückgeführt werden – nämlich die Trennung von einem geliebten Menschen.

Dagegen handelt es sich bei einer Depression um eine mitunter langwierige psychische Erkrankung, die durch verschiedene Faktoren begünstigt wird, unter anderem durch ein dauerhaftes biochemisches Ungleichgewicht im Gehirn, negative Kindheits- und Beziehungserfahrungen und Neurotizismus – die Tendenz zu negativen Gefühlen, Ängstlichkeit und psychischer Labilität.

Bei den nächsten meisten Menschen wird Liebeskummer ganz von alleine schwächer – je mehr Zeit vergeht, desto leichter wird es. Depressionen hingegen verschwinden nicht einfach so; unbehandelt können sie chronisch werden und Symptome zur Folge haben, die einen normalen Alltag unmöglich machen.

Doch, auch wenn keine Risikofaktoren vorliegen, kann sich eine Depression entwickeln. Ein einschneidendes Erlebnis wie eine Trennung genügt bereits. In diesem Fall sprechen Psycholog:innen auch von einer sogenannten reaktiven Depression, die alle Anzeichen einer „normalen“ Depression aufweist.

Depressive Verstimmung bei Anpassungsstörung

Die reaktive Depression ist als Erkrankung nicht im Internationalen Klassifikationssystem (ICD-10) aufgeführt. Jedoch dient der Begriff oftmals als Synonym für eine Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik. Diese ist definiert als „Reaktion auf ein einmaliges oder ein fortbestehendes belastendes Lebensereignis, die sich in negativen Veränderungen des Gemütszustandes (affektive Symptome) […] ausdrücken kann. Sie tritt auf, wenn Menschen einen neu eingetretenen schwierigen psychischen oder physischen Zustand über einen längeren Zeitraum hinaus nicht akzeptieren können bzw. sich an die neue Lebenssituation nicht adäquat anpassen können.“

Depression nach Trennung: Das sind die Anzeichen

Ein erster Hinweis dafür, dass der Liebeskummer in eine Depression übergegangen ist, ist eine starke Niedergeschlagenheit, die durchgängig und länger als zwei Wochen anhält. Auch Ablenkungen und Dinge, die einem sonst Freude bereitet haben, können die Stimmung nicht heben. Treten zusätzlich mehrere der folgenden Symptome über mindestens zwei Wochen auf, ist eine Depression wahrscheinlich:

  • Antriebs- und Motivationslosigkeit

  • Interessenlosigkeit

  • Unfähigkeit, Freude zu empfinden

  • Anhaltende Einschlaf- und Durchschlafprobleme

  • Konzentrationsstörungen

  • Negative Gedankenkreisen

  • Appetitlosigkeit (und dadurch Gewichtsverlust)

  • Kopfschmerzen

  • Bauchschmerzen

Einsamkeit und Schuldgefühle nach Trennung können zu Depression beitragen

Ob eine Trennung in eine Depression mündet, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einen starken Einfluss übt die eigene Resilienz aus: Eine starke psychische Widerstandsfähigkeit trägt entscheidend dazu dabei, schwierige Lebenssituationen wie eine Trennung zu bewältigen. Genau so wichtig ist aber auch das soziale Netzwerk. Gespräche mit Familie und Freunden spenden nicht nur Trost, sondern helfen auch bei der Verarbeitung der Trennung.

Neben Einsamkeit können auch Schuldgefühle nach einer Trennung destabilisierend auf die Psyche wirken. Das Gefühl, das Beziehungsaus zu verantworten oder einen unverzeihlichen Fehler begangen zu haben, kann so schwer auf der Seele lasten, dass man in ein tiefes Loch fallen kann. Zudem ist es mitunter schwer zu verarbeiten, wenn fehlende Gefühle beim Ex-Partner der Grund für das Beziehungsaus sind. Einseitige Liebe verstärkt den Liebeskummer, weil sie jede Hoffnung auf eine Wiedervereinigung zunichte macht. Aber auch eine toxische Beziehung kann die Psyche nachhaltig schwächen. Für die Trennungsbewältigung haben Betroffene mitunter keine Ressourcen mehr.

Depression nach Trennung: Das können Betroffene tun

Weist man nach einer Trennung Anzeichen einer beginnenden Depression auf, sollte man schnell gegensteuern. Die wichtigste Maßnahme ist es, so gut es geht, zusätzlichen Stress und psychische Belastungen zu meiden und die Selbstfürsorge an erster Stelle zu setzen.

Konkret bedeutet das, ausreichend zu trinken und zu essen, sich täglich für mindestens 20 Minuten zu bewegen und seinen Schlafrhythmus beizubehalten. Bereits mit diesen simplen Maßnahmen lässt sich verhindern, dass die Trennungsschmerzen eine Depression auslösen. Denn ein gesunder Körper stärkt auch die Psyche.

Zur Selbstfürsorge nach einer Trennung gehört auch, Abstand von negativen Gedanken zu nehmen und sich mit Dingen zu beschäftigen, die einen ablenken. Es ist wichtig, durch Reflexion die Trennung zu verarbeiten, allerdings kann man sich schnell in endlosen Gedankenschleifen verlieren.

Sport und Bewegung an der frischen Luft helfen dabei, den Kopf freizubekommen. Noch dazu werden durch körperliche Aktivitäten verstärkt Glückshormone ausgeschüttet und das Selbstbewusstsein gestärkt. Zu empfehlen sind vor allem (Yin-)Yoga und Pilates, da sie den Körper stärken und für Tiefenentspannung sorgen. Auch autogenes Training und progressive Muskelentspannung reduzieren psychischen Stress und fördern das Wohlbefinden.

Eines der wichtigsten Dinge, die man nach einer Trennung beherzigen sollte, ist es, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten. Auch wenn es zuweilen schwerfallen mag, sollte man im Austausch mit engen Bezugspersonen bleiben und eine ausgeglichene Balance zwischen Alleinsein und Zeit mit Familien und Freunden bewahren.

Therapie nach Trennung bei Depression

Wer über Wochen hinweg nach einer Trennung Symptome einer Depression bei sich bemerkt, sollte ärztlichen Rat einholen. Die erste Anlaufstelle ist der Hausarzt, der gegebenenfalls eine Überweisung zur Psychotherapeutin ausstellt. Für ein psychotherapeutisches Gespräch ist eine Überweisung jedoch nicht zwingend notwendig. Denn die ersten vier Sitzungen werden von den Krankenkassen bezahlt.

In diesen sogenannten probatorischen (probeweise) Sitzungen wird geklärt, ob ein behandlungsbedürftiges Problem besteht. Zudem wird ein Therapieplan aufgestellt. Meist reicht schon eine kognitive Verhaltenstherapie, um die Symptomatik zu verbessern und die Trennung zu verarbeiten. Die Frage danach, wie vergangene (traumatische) Erlebnisse die Depression begünstigt haben, kann in einer tiefenpsychologisch fundierten Therapie nachgegangen werden.

Zusätzlich zur Gesprächstherapie können auch Antidepressiva zum Einsatz kommen, die das Gleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn, besonders Serotonin und Noradrenalin, wiederherstellen. Bei einer leichten Depression nach einer Trennung können natürliche Antidepressiva ausprobiert werden – als pflanzliche Stimmungsaufheller haben sich unter anderem Johanniskraut und Melisse bewährt.

Quellen:

reaktive Depression, in: spektrum.de

Frühe Symptome und erste Anzeichen einer Depression neurologen-und-psychiater-im-netz.org

Was sind Anpassungsstörungen?, in: ebd.

Diagnose der Depression, in: deutsche-depressionshilfe.de

Depression: Wo finde ich Hilfe? 

Wenn Sie sich ständig erschöpft und traurig fühlen oder unter Schlafproblemen leiden, kann dies auf eine Depression hindeuten. Spätestens nach zwei Wochen Niedergeschlagenheit ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Auf der Website der Deutschen Depressionshilfe finden Sie verschiedene Anlaufstellen. Dort sind auch Adressen für Notfälle gelistet. Bei konkreten Suizidgedanken ist es wichtig, die nächstgelegene Klinik mit psychiatrischer Notaufnahme aufzusuchen. Bei akuten Sorgen oder Ängsten können Sie jederzeit anonym die Telefonseelsorge unter den Telefonnummern 0800/111 0 111 oder 116 123 anrufen.

Wenn Sie nicht selbst betroffen sind, aber depressive Symptome bei anderen bemerken, erhalten Sie auf der Website der Deutschen Depressionshilfe konkrete Handlungsempfehlungen. Besteht eine konkrete Suizidgefahr ist es wichtig, sofort den Rettungsdienst unter 112 oder die Polizei zu verständigen.