Depression an den Augen erkennen: Kann man das wirklich?

Die Augen sind der Spiegel der Seele – an diesem Sprichwort ist tatsächlich etwas dran: Eine Studie des Max-Planck-Instituts zeigt, dass sich eine Depression an den Augen erkennen lässt. Bei Erkrankten treten bestimmte Veränderungen an den Pupillen auf. 

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Es ist häufig gar nicht so leicht, einer depressiven Verstimmung auf die Schliche zu kommen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Erkrankung nicht immer die klassischen Symptome hervorruft. Vor allem bei Männern sind die Symptome einer Depression häufig untypisch. Bis zur Diagnose können mitunter Jahre vergehen, wenn die Zeichen nicht richtig gedeutet werden. Doch es gibt einen biologischen Marker, der die Diagnose erleichtern könnte. Eine Studie zeigt, dass sich eine Depression möglicherweise an den Augen erkennen lässt.

Eine Frau schaut in die Ferne
Bei einer Depression verändert sich vieles – auch die Augen Foto: iStock_janiecbros

Augen bei Depressionen verändert

Die visuelle Wahrnehmung ist mit verschiedenen kognitiven Prozessen verknüpft. Viele dieser Prozesse sind bei einer Depression gestört, da sich das biochemische Gleichgewicht im Gehirn verändert. Das zeigt sich an Konzentrationsproblemen, Aufmerksamkeitsstörungen, Antriebslosigkeit und Wortfindungsstörungen.

Die kognitiven Beeinträchtigungen bei einer Depression müssten sich somit auch in den Augen widerspiegeln, so lautet eine These, die bisher in einigen Studien untersucht wurde. Wissenschaftler:innen fanden unter anderem heraus, dass eine depressive Verstimmung mit verlangsamten Augenbewegungen einhergeht. Zudem tritt bei Erkrankten das Syndrom des trockenen Auges häufiger auf, was aber nicht mit der Einnahme von Antidepressiva erklärt werden kann.

Wichtige Erkenntnisse hat zudem eine Studie des Max-Planck-Instituts in München zutage gebracht, die vor allem für die Diagnose einer Depression relevant sein könnten.

Kann man Depressionen an den Augen erkennen? Studie belegt Zusammenhang

Das Forscherteam bat 46 depressive und 25 psychisch gesunde Menschen zu einem einfachen Spiel. Bei einem Gewinn, der leicht zu erzielen war, winkte ein kleiner Geldbetrag. Während des Spiels befanden sich die Studienteilnehmer:innen im Magnetresonanztomographen, in dem sowohl die Hirnaktivität als auch die Pupillenweite gemessen wurde.

Bei einem positiven Anreiz, wie ihn die Möglichkeit einer Belohnung darstellt, weiten sich die Pupillen normalerweise. Bei den psychisch gesunden Proband:innen, die vor einem Gewinn standen, passierte genau das. Zusätzlich blinkten bei ihnen jene Hirnareale auf, die für den Antrieb wichtig sind.

In der Gruppe der Depressiven zeigten sich deutliche Unterschiede: Nicht nur die neuronale Aktivität, sondern auch die Pupillenreaktion war stark verringert. Je stärker die depressiven Symptome ausgeprägt waren, desto weniger weiteten sich die Pupillen. Die Forschenden schlossen daraus, dass das Nervensystem bei depressiven Menschen nicht aktiviert wird, wenn sie einen positiven Reiz wahrnehmen. Das könne eine Erklärung für die Antriebsstörung und Motivationslosigkeit bei einer Depression sein.

Pupillenweite verändert sich auch bei Demenz

Die Pupillenweite kann mitunter auch Aufschluss über andere Erkrankungen geben. 2019 fanden Wissenschaftler:innen der University of San Diego in Kalifornien heraus, dass sich eine Demenz an den Augen zeigen kann – noch bevor Symptome auftreten. Im Frühstadium erweitern sich die Pupillen bei Betroffenen stärker, wenn sie kognitive Tests durchführen.

Depression an den Augen erkennen: Mit Eyetracker zur Diagnose

Aus den Studienergebnissen könnte ein klinischer Test entwickelt werden, der eine Depression objektiv messbar machen und so die Diagnose erleichtern kann, besonders bei einer atypischen oder versteckten Depression. So könnte ein Eyetracker zuverlässige Aussagen über das Vorhandensein und die Schwere einer depressiven Episode liefern. Dafür müssen jedoch die Ergebnisse an einer größeren Patientengruppe getestet werden, um unter anderem zu klären, ob die Veränderungen an der Pupille tatsächlich bei allen Depressiven oder nur bei einem Teil der Erkrankten auftreten.

Für den Alltag haben die Erkenntnisse aus der Studie leider keine Relevanz. Die Veränderungen in der Pupillenweite liegen nämlich in einem Bereich, die sich nur labortechnisch erfassen lassen. Im Alltag ist es somit nicht möglich, eine Depression an den Augen zu erkennen.

Quellen:

Schneider, Max [u.a.] (2020): Pupil Dilation during Reward Anticipation Is Correlated to Depressive Symptom Load in Patients with Major Depressive Disorder, in: mdpi.com

Depression: Schlägt die Stimmung aufs Auge oder das Auge auf die Stimmung?, in: medical-tribune.de