Demenzformen: Das ist der Unterschied zwischen primärer und sekundärer Demenz
Allen Demenzformen ist gemein, dass die Gedächtnisleistung allmählich nachlässt. Dabei unterscheiden Mediziner:innen zwei übergeordnete Erscheinungstypen: Die primäre Demenz und die sekundäre Demenz. Was es mit dieser Unterteilung auf sich hat und was die häufigste Demenzform ist.
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Nicht immer ist der Ursprung einer Demenz im Gehirn selbst zu finden. Es gibt auch Erkrankungen, die dazu führen, dass das Kurzzeitgedächtnis und die Merkfähigkeit erheblich eingeschränkt werden. In der Medizin hängt die Ursache davon ab, um welche Demenzform es sich handelt: Die primäre Demenz oder sekundäre Demenz.

Wie viele Demenzformen gibt es?
Mit einer Demenz ist keine einzelne Erkrankung gemeint. Vielmehr handelt es sich um einen Sammelbegriff für den Verlust kognitiver Fähigkeiten, die unterschiedliche Ursachen haben kann.
Derzeit sind mehr als 100 Krankheiten bekannt, die zu einer Demenz führen können. Diese unterscheiden sich aber sehr stark in ihrer Häufigkeit. Auch der Verlauf ist nicht immer gleich. Dieser hängt vor allem davon ab, ob es sich um eine sogenannte primäre oder um eine sekundäre Demenzform handelt.
Was ist der Unterschied zwischen primären und sekundären Demenzformen?
Von einer sogenannten primären Demenz sprechen Medizinner:innen, wenn es sich um eine Krankheit handelt, die ihren Ursprung im Gehirn selbst hat. Derzeit gibt es keine Möglichkeit, eine primäre Demenz zu stoppen oder zu heilen. Die Funktionsfähigkeit des Gehirns lässt also unaufhaltsam nach.
Eine sekundäre Demenz ist hingegen Folge einer anderen Grunderkrankung. Sie entsteht nicht im Gehirn, wirkt sich aber ebenfalls auf dessen Leistungsfähigkeit aus. Weitere Symptome kommen normalerweise hinzu, abhängig von der jeweiligen Grunderkrankung. Viele Ursachen für sekundäre Demenzformen lassen sich behandeln. Oftmals erholen sich dann auch die Gehirnfunktionen.
Sekundäre Demenzen sind allerdings eher selten. Die primären Demenzformen machen etwa 85 bis 95 Prozent der Diagnosen aus.
Primäre Demenzformen im Überblick
Es werden hauptsächlich vier verschiedene primäre Demenzformen unterschieden:
Alzheimer Demenz (Morbus Alzheimer)
Lewy-Körperchen Demenz
Fachleute unterteilen die Vaskulären-Demenzformen zusätzlich in die sogenannte Morbus Binswanger und Multi-Infarkt-Demenzen. Außerdem gibt es noch Mischformen. In der Praxis ist es jedoch oft nicht möglich, diese klar voneinander abzugrenzen.
Hier die vier genannten Demenzformen im Einzelnen:
1. Die häufigste Demenzform ist Alzheimer
Die häufigsten Demenzformen sind die primären Demenzen. Unter ihnen macht wiederum Morbus Alzheimer einen Anteil von 60 bis 65 Prozent aus. Die genauen Ursachen für die Erkrankung sind nicht bekannt, auch wenn Wissenschaftler:innen bereits einige Auslöser entschlüsselt haben. Bei Alzheimer kommt es unter anderem zu Eiweißablagerungen im Gehirn, auch Plaques oder Fibrillen genannt. Außerdem lässt die Konzentration eines wichtigen Botenstoffs (Acetylcholin) nach. Als Folge sterben Nervenzellen ab und die Gehirnmasse wird abgebaut. Warum es dazu kommt, wissen die Forschenden aber noch nicht. Fest steht nur, dass das Risiko für eine Alzheimer-Diagnose mit einem höheren Lebensalter steigt.
Diese Demenzform ist unter anderem gekennzeichnet durch eine fortschreitende Gedächtnisstörung. Der Orientierungssinn lässt nach, planerisches Denken und Handeln fallen immer schwerer. Auch die Fähigkeit, die richtigen Wörter zu finden und Sätze zu formulieren, nimmt immer mehr ab. Schließlich kann das Gehirn die Körperfunktionen nicht mehr korrekt steuern und die Patient:innen werden bettlägerig. Das erhöht das Risiko für weitere Erkrankungen, an denen die meisten Betroffenen schließlich sterben, etwa an einer Lungenentzündung.
2. Lewy-Körperchen Demenz: Demenzform mit Halluzinationen
Auch von dieser Demenform sind vor allem ältere Menschen betroffen. In den meisten Fällen sind sie älter als 65 Jahre. Die Beschwerden entstehen durch runde Eiweißablagerungen in den Nervenzellen der Großhirnrinde – sie werden als Lewy-Körperchen bezeichnet, benannt nach ihrem Entdecker, dem Neurologen Friedrich Jacob Heinrich Lewy. Im Vergleich zu Alzheimer macht diese Form allerdings nur fünf Prozent aller Demenz-Diagnosen aus.
Die Ursachen für die Lewy-Körperchen-Demenz, auch Lewy-Körper Demenz oder Lewy-Body Demenz genannt, sind unklar. Prinzipiell treten die gleichen Symptome wie bei Alzheimer auf, aber es gibt Besonderheiten: Schon im frühen Stadium dieser Demenzform kommt es meist zu optischen Halluzinationen, die sehr real erscheinen. Die Patient:innen glauben zum Beispiel, dass Tiere oder andere Menschen vor ihnen stehen.
Außerdem können Bewegungsstörungen auftreten, etwa Zittern oder steife Muskeln. Manche Betroffene bewegen sich sehr langsam oder ihr Körper neigt sich auffällig zur Seite. Ärzt:innen sprechen dann vom sogenannten Pisa-Syndrom.
Lewy-Körperchen können sich übrigens auch bei der sogenannten Parkinson-Krankheit bilden, die sich ansonsten vor allem durch Bewegungsstörungen auszeichnet – allerdings betrifft das nur einen Teil der Parkinson-Betroffenen.
3. Frontotemporale Demenz: Von dieser Demenzform sind auch Jüngere betroffen
Die frontotemporale Demenz ist seltener als Alzheimer und die Lewy-Körperchen-Demenz; nur etwa drei bis vier von 100.000 Personen erkrankt daran. Sie kann in fast jedem Alter ausbrechen – zwischen dem 20. Und dem 85. Lebensjahr. Der Großteil der Betroffenen ist zwischen 45 und 60 Jahre alt. Bei dieser Demenzform sterben Nervenzellen im Stirnhirn (Frontallappen) und im Schläfenlappen (Temporallappen) ab, was der Krankheit ihren Namen verliehen hat. Warum das so ist, wissen Mediziner:innen noch nicht.
Die Demenz-Symptome dieser Form weichen von den Beschwerden anderer primärer Demenzen ab. Abhängig davon, in welchem Gehirnbereich die Erkrankung zuerst ausbricht, kämpfen die Patient:innen zu Beginn entweder mit Sprachstörungen oder ihr Verhalten verändert sich. In der Regel denken in diesem Fall sowohl die Betroffenen als auch die Menschen in ihrem Umfeld zunächst nicht an eine Demenz. Typische Anzeichen sind unter anderem Konzentrationsschwierigkeiten, Desinteresse und Lustlosigkeit – diese Symptome treten allerdings auch bei einer depressiven Verstimmung auf, weshalb die Diagnose schwierig sein kann. Zudem werden die Patient:innen immer träger und gleichgültiger, auch gegenüber ihren Angehörigen.
Sie verhalten sich oft enthemmt, auch beim Essen. Sprachstörungen und Probleme mit dem Gedächtnis kommen im weiteren Verlauf hinzu. Falls Sprachstörungen am Anfang stehen, kehrt sich die Reihenfolge um und die Persönlichkeitsveränderungen treten später auf. Auch diese Demenzform schreitet unaufhaltsam fort, bis die Betroffenen bettlägerig werden.
4. Vaskuläre Demenz: Diese Formen zeigen sich oft plötzlich
Der Begriff „vaskulär“ heißt so viel wie „die Blutgefäße betreffend“. Diese Demenzform wird also durch eine gestörte Funktion der Blutgefäße ausgelöst. Das kann verschiedene Ursachen haben. Die häufigste Variante ist die Erkrankung Morbus Binswanger, bei der die Blutgefäße dauerhaft geschädigt sind. Ein großer Risikofaktor ist Bluthochdruck.
Bei einer sogenannten Multi-Infarkt-Demenz gehen der Erkrankung mehrere kleine Schlaganfälle voraus, die von den Betroffenen oftmals gar nicht bemerkt werden. Sie führen aber, genau wie Morbus Binswanger, dazu, dass die Nervenzellen im Gehirn nicht mehr ausreichend mit Blut und damit mit Sauerstoff versorgt werden. In der Folge sterben Zellen ab.
Die Symptome dieser Demenzform ähneln denen von Alzheimer, sie zeigen sich aber in vielen Fällen sehr plötzlich oder verschlechtern sich in klaren Schüben. Welche Beschwerden vorherrschen, hängt davon ab, in welchen Bereichen im Gehirn die Durchblutung gestört ist.
Sekundäre Demenzformen als Tabelle: Das sind mögliche Ursachen
Sekundäre Demenzformen sind mögliche Begleiterscheinungen zahlreicher Erkrankungen und Störungen. Allerdings sind diese Demenzerscheinungsformen mit etwa zehn Prozent nicht so weit verbreitet wie primäre Demenzen. Was sie von anderen Formen unterscheidet ist, dass auch Jüngere darunter leiden können – zum Beispiel im Zuge einer Suchtmittel- oder Medikamentenabhängigkeit.
Sie lassen sich in verschiedene Bereiche zusammenfassen:
Art der sekundären Demenz | Ursachen |
---|---|
Endokrinologische Demenz | Dabei handelt es sich um Demenzformen, die durch hormonelle Probleme oder Stoffwechselstörungen entstehen können., beispielsweise eine Fehlfunktion der Schilddrüse, Gicht oder ein gestörter Zuckerstoffwechsel (Diabetes mellitus) oder Erbkrankheiten, die den Stoffwechsel beeinflussen. |
Infektiöse Demenz | Verschiedene Viren können Krankheiten auslösen, bei denen Demenz ein mögliches Symptom ist. Das ist beispielsweise beim HI-Virus und beim Rötelnvirus der Fall. |
Toxische Demenz | Bei toxischen Demenzformen nimmt das Gehirn Schaden durch Gifte, etwa Alkohol, Drogen oder Medikamentenmissbrauch. Auch eine starke Mangelernährung wird zu den toxischen Demenzen gezählt, obwohl dem Körper etwas fehlt. Unter anderem ein extremer Mangel an Vitamin B6 oder B12 können zu entsprechenden Symptomen führen. |
Hypoxische Demenz | Dieser Oberbegriff bezeichnet Demenzformen, die durch Sauerstoffmangel ausgelöst werden, etwa bei einer Lungenkrankheit oder durch einen vorübergehenden Herzstillstand. |
Traumatische Demenz | Neben Verletzungen durch Unfälle zählen Hirnschädigungen durch Krebserkrankungen zu den möglichen Ursachen für traumatische Demenzformen. |
Wie werden die Demenzformen behandelt?
Primäre Demenzen sind nicht heilbar, dennoch kann eine Behandlung dazu beitragen, dass sich der Krankheitsverlauf verlangsamt. Zur Behandlung gehören medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien:
Bei der medikamentösen Behandlung kommen sogenannte Antidementiva zum Einsatz, die einen positiven Einfluss auf die Botenstoffe (Neurotransmitter) im Gehirn haben. Die Gedächtnisleistung kann dadurch verbessert werden. Auch Acetylcholinesterasehemmer und Memantin sind erprobte Arzneimittel bei Demenz.
Die nicht-medikamentöse Behandlung nimmt eine wichtige Rolle ein, um den kognitiven und körperlichen Defiziten entgegenzuwirken, damit sich die Lebensqualität Betroffener verbessert. Dazu zählen zum Beispiel Gedächtnistraining, Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie, Verhaltenstherapie, Musik- und Kunsttherapie.
Bei sekundären Demenzen hängt die Behandlung von der Grunderkrankung ab. Wird der Gedächtnisverlust durch Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch ausgelöst, gilt es, einen (ärztlich begleiteten) Entzug zu machen. Liegt ein Vitamin-B-Mangel vor, sollte auch dieser behandelt werden mit entsprechenden Mitteln, die der Arzt bzw. die Ärztin verschreiben kann. Wie bei anderen Demenzformen auch, kann – nach ärztlicher Rücksprache – eine nicht-medikamentöse Therapie auch bei sekundären Demenzen sinnvoll sein.
Quellen:
Weitere Demenzformen, in: wegweiser-demenz.de
Welche Formen von Demenz-Erkrankungen gibt es?, in: Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg
Diagnose Demenz: Krankheitsbild und Verlauf, in: bundesgesundheitsministerium.de
Frontotemporale Demenz, in: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen
Vaskuläre Demenz, in: gesundheitsinformation.de
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