Demenz Pflegegrad: Kriterien, Leistungen und Beantragung
Wenn Angehörige unter Demenz leiden, kann die optimale Betreuung nicht immer durch Familienmitglieder gesichert werden. Kann bei Demenz ein Pflegegrad beantragt werden? Alle wichtigen Infos zu den Voraussetzungen, Leistungen und wie der Antrag auf Pflegebedürftigkeit abläuft.
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Zweifelsfrei ist die Demenz-Diagnose für Betroffene selbst am schlimmsten. Die Gedächtnisleistung nimmt ab, alltägliche Aufgaben können nicht mehr allein gemeistert werden und irgendwann wird niemand mehr wiedererkannt. Doch auch für Angehörige ist die Erkrankung und die daraus resultierende Betreuung eine ziemlich harte und meist sehr emotionale Aufgabe. Viele fragen sich: Kann bei Demenz ein Pflegegrad beantragt werden? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Kann bei Demenz eine Pflegestufe beantragt werden?
Bis vor wenigen Jahren konnte eine Pflegestufe nur mit einer körperlichen Erkrankung beantragt werden. Für die Einschätzung der Pflegebedürftigkeit wurde die Zeit in Minuten berücksichtigt, die täglich für die Pflege erbracht werden musste. Wer an Demenz litt, den Alltag aber grundsätzlich noch selbst bestreiten konnte, erhielt entsprechend keine Pflegestufe.
Seit Januar 2017 hat sich das geändert: Es werden nun auch kognitive und psychische Beeinträchtigungen berücksichtigt. Zudem wurden die drei Pflegestufen in fünf Pflegegrade umgewandelt.
Pflegegrad bei Demenz beantragen: So geht es
Betroffene oder bevollmächtigte Personen können den Antrag auf einen Pflegegrad direkt bei der jeweiligen Krankenkasse stellen, entweder telefonisch, formlos schriftlich oder mit vorgefertigten Mustern der Kasse. Die daran angeschlossenen Pflegeversicherungen sind gesetzlich verpflichtet, den Antrag innerhalb der nächsten fünf Wochen zu bearbeiten. Meist erfolgt die Begutachtung des oder der Betroffenen bei einem Hausbesuch etwa zwei Wochen nach dem Einreichen des Antrags. Auf der Grundlage des Pflegegutachtens legt die Kasse den Pflegegrad fest.
Zur Vorbereitung auf den Termin empfiehlt es sich, wichtige Dokumente wie Diagnosen oder Verordnungen herauszusuchen. Zudem kann ein Tagebuch über kognitive Ausfälle und andere Schwierigkeiten im Alltag geführt werden. Da Betroffene meist versuchen, einen guten und noch recht fitten Eindruck zu hinterlassen, ist es sinnvoll, dass ein:e Angehörige:r bei dem Termin anwesend ist und bei Gedächtnislücken unterstützt sowie die eigene Sicht erläutert.
Pflegestufe bei Demenz: Diese 6 Kriterien werden begutachtet
Während des Termins prüft ein Gutachter oder eine Gutachterin des Medizinischen Dienstes oder bei Privatversicherten von der MEDICPROOF GmbH, wie selbstständig der oder die Betroffene noch ist. Dabei werden sechs Kriterien analysiert und im Ergebnis unterschiedlich gewichtet:
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (mit 1. zusammen 15 Prozent)
Mobilität (10 Prozent)
Selbstversorgung (40 Prozent)
Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (20 Prozent)
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (15 Prozent)
Für jede Kategorie werden Punkte vergeben. Je höher die Punktzahl, desto weniger können Betroffene noch selbst und desto mehr Unterstützung brauchen sie: Bei 12,5 bis unter 27 Punkten wird der Pflegegrad 1 vergeben, bei 27 bis unter 47,5 der zweite, bei 47,5 bis unter 70 der dritte, bei 70 bis unter 90 der vierte und bei 90 bis 100 Punkten werden Betroffene dem Pflegegrad 5 zugeordnet.
Kann man vorher den Pflegegrad bei Demenz berechnen?
Im Internet gibt es zahlreiche Rechner, mit denen der Pflegegrad bereits vor einer Begutachtung ermittelt werden kann. Doch Achtung: Die Ergebnisse gelten immer nur als Orientierung und sind keine Garantie, dass die Versicherung über denselben Pflegegrad entscheidet.
Viele Betroffene wollen aus Scham keinen Pflegegrad erhalten. Angehörige stehen zwischen den Wünschen des oder der Demenzkranken und ihrer eigenen Zeit und Kraft, die oft keine optimale Betreuung zulässt. In diesem Fall kann es helfen, von den Leistungen und der daraus resultierenden positiven Auswirkung auf den Alltag zu erzählen. Wenn Betroffene diese Vorteile erkennen, ist die Pflegebedürftigkeit meist weniger problematisch für sie.
Pflegegeld bei Demenz: Welche Leistungen werden alle erbracht?
Bei einer Einstufung in einen Pflegegrad erhalten Betroffene unter bestimmten Voraussetzungen Pflegegeld, um Behandlungen, Medikamente oder auch eine Heimunterkunft besser finanzieren zu können. Als Alternative besteht die Möglichkeit von Pflegesachleistungen zu profitieren. Es werden alltägliche Aufgaben wie die Körperpflege von einer ambulanten Pflegekraft erledigt. Des Weiteren können in allen Pflegegraden Kosten für Pflegehilfsmittel abgerechnet werden, z.B. Gehhilfen, Toilettenstühle oder Pflegebetten. Die konkreten finanziellen Abrechnungsmöglichkeiten je nach Pflegegrad finden Sie weiter unten ab dem Absatz „Demenz: Pflegegrad 1“.
Pflegegrad bei Demenz im Frühstadium: Davon profitieren Sie
Bei einer leichten Demenz ist es meist noch nicht nötig, eine vollstationäre Betreuung zu organisieren. Ab dem Pflegegrad 2 können die Versicherungsnehmenden jedoch entweder Pflegegeld oder Pflegesachleistungen beantragen. Das heißt: Kümmern sich Angehörige um Betroffene, wird monatlich ein finanzieller Ausgleich ausgezahlt. Wird ein ambulanter Pflegedienst eingeschaltet, werden Sachleistungen erhalten.
Bei einem Pflegegrad bei Demenz im Frühstadium kann außerdem das Umgestalten der Wohnbegebenheiten sinnvoll sein, um den Alltag im eigenen Heim noch so lange es geht zu ermöglichen. Dafür gibt es bereits ab dem Pflegegrad 1 finanzielle Hilfen.
Welcher Pflegegrad bei mittelschwerer Demenz?
Ist die Demenzerkrankung bereits weiter fortgeschritten und der oder die Betroffene ist auf eine umfassende Betreuung angewiesen, können Angehörige dies oft nicht mehr allein bewerkstelligen. Auch ein ambulanter Pflegedienst für wenige Stunden in der Woche reicht teilweise nicht mehr aus. Ab dem Pflegegrad 2 kann daher finanzielle Unterstützung für eine Tages- oder Nachtpflege beantragt werden. Je höher der Pflegegrad, desto größere Zuschüsse gibt es.
Schwere Demenz: Pflegegrad rechtzeitig höherstufen lassen
Spätestens bei einer schweren Demenz ist es für die optimale Betreuung des oder der Betroffenen sinnvoll, die Unterbringung in einer stationären Pflegeeinrichtung zu organisieren. Die Versicherung stellt dafür im Pflegegrad 5 einen entsprechenden Beitrag zur Verfügung.
Da sich die Demenzerkrankung schleichend immer weiter verschlechtern kann und die Begutachtung des Medizinischen Dienstes nur einen Moment widerspiegelt, empfiehlt sich eine genaue Beobachtung und rechtzeitige Beantragung der Höherstufung des Pflegegrads, um die benötigten Leistungen in Anspruch nehmen zu können. Dafür kann ein formloser Brief an die Krankenkasse geschrieben werden.
Demenz-Pflege zu Hause: Kosten und mögliche Zusatzleistungen
Die Pflege einer demenzkranken Person kann je nach Fortschritt der Erkrankung viel Zeit in Anspruch nehmen und zu einer hohen psychischen Belastung führen. Natürlich können im materiellen Sinn einige Kosten für z.B. Pflegehilfsmittel abgerechnet werden. Auf emotionale Weise ist es jedoch sicherlich auch nötig, keine 365 Tage im Einsatz zu sein, sondern auch mal zu verreisen. Außerdem kann es natürlich zu einer Erkrankung des oder der pflegenden Angehörigen kommen. Für diesen Fall gibt es Zusatzleistungen, die nicht monatlich, aber mit einem entsprechenden Nachweis bewilligt werden – das läuft dann entweder als sogenannte Kurzzeit- oder Verhinderungspflege.
Welche konkreten Leistungen und finanzielle Mittel je nach Pflegegrad in Anspruch genommen werden können, zeigt die folgende Übersicht:
Demenz: Pflegegrad 1
Betroffene von Demenz mit dem Pflegegrad 1-5 können Betreuungs- und Entlastungsleistungen von 125 Euro pro Monat erhalten. Pflegehilfsmittel sind auf bis zu 40 Euro im Monat begrenzt. Für einen Hausnotruf gibt es monatlich 25,50 Euro. Eine Wohnraumanpassung wird je nach Gesamtmaßnahme mit 4.000 Euro finanziert. Der Wohngruppenzuschuss beträgt monatlich 214 Euro. Diese Beiträge bleiben bei allen fünf Pflegegraden gleich.
Bei dem ersten Pflegegrad ist es nicht möglich über die Versicherung die folgenden Dienste in Anspruch zu nehmen: Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Tages- und Nachtpflege, Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege, vollstationäre Pflege.
Demenz: Pflegegrad 2
Der zweite Pflegegrad entspricht der früheren Pflegestufe 0. Versicherungsnehmenden stehen neben den genannten Zahlen monatlich folgende Möglichkeiten zur Verfügung: Pflegegeld: 316 Euro, Pflegesachleistungen: 724 Euro, Tages- und Nachtpflege: 689 Euro, vollstationäre Pflege: 770 Euro. Die Verhinderungspflege wird auf das ganze Jahr gerechnet und beträgt 1.612 Euro. Ebenso die Kurzzeitpflege, die letztes Jahr auf 1.774 Euro erhöht wurde. Die letzten beiden jährlichen Leistungen sind bei den Pflegegraden 2 bis 5 identisch. Nur die monatlichen Beiträge unterscheiden sich noch weiter.
Demenz: Pflegegrad 3
Bei der früheren Pflegestufe 1, heute Pflegegrad 3, können Betroffene monatlich Pflegegeld in Höhe von 545 Euro, Pflegesachleistungen für 1.363 Euro, für eine Tages- und Nachtpflege 1.298 Euro und für die vollstationäre Pflege 1.262 Euro erhalten.
Pflegegrad 4 bei Demenz
Der Pflegegrad 4 ist die frühere Pflegestufe 2. Das monatliche Pflegegeld beträgt 728 Euro, die Pflegesachleistungen 1.693 Euro. Für die Tages- oder Nachtpflege stehen 1.612 Euro bereit sowie für die vollstationäre Pflege 1.775 Euro.
Pflegegrad 5 bei Demenz
Im Pflegegrad 5 bei Demenz, früher Pflegestufe 3, können Betroffene im Monat 901 Euro Pflegegeld erhalten. Für die Pflegesachleistungen stehen 2.095 Euro zur Verfügung, für die Tages- und Nachtpflege 1.995 Euro. Die vollstationäre Pflege ist auf 2.005 Euro begrenzt.
Demenz: Pflegegrad früh beantragen
Grundsätzlich empfiehlt es sich nach der Demenz-Diagnose möglichst früh, sprich wenn die ersten Einschränkungen im Alltag auftreten, einen Antrag auf eine Pflegebedürftigkeit zu stellen. Denn leider gilt die Krankheit noch immer als unheilbar und wird immer weiter fortschreiten. Sowohl für Betroffene als auch für Angehörige wird der gemeinsame Alltag mit der Zeit immer mehr zur Belastung. Bei Demenz einen Pflegegrad zu beantragen kann dabei unterstützen, mit der Diagnose und der neuen Lebenssituation bestmöglich umzugehen.