Beweglichkeit verbessern: Die besten Expertentipps
Die meisten Menschen merken oft erst beim Sport, wie ungelenkig sie sind. Die Zehenspitzen mit den Fingern zu berühren, ist vielen ohne Schmerzen kaum möglich. Sportmediziner Dr. Eiko Vogt spricht über die Ursachen – und wie Sie Ihre Beweglichkeit verbessern können.

„Zuerst die schlechte Nachricht: Gelenkigkeit, sprich die Beweglichkeit von Gelenken und der umgebenden Kapseln, ist anatomisch vorgegeben, also genetisch bedingt. Daran lässt sich leider nichts ändern. Die gute Nachricht ist, dass sich die Dehnfähigkeit von Muskeln, Bändern und Sehnen sehr gut trainieren lässt und man somit seine Beweglichkeit verbessern kann", erklärt Sportmediziner Dr. Vogt.
Warum bin ich ungelenkig? Die häufigsten Ursachen
Schlechte Muskeldehnbarkeit kann viele Gründe haben. Die Hauptursachen sind zu wenig oder eine einseitige Bewegung sowie zu viel und falsches Sitzen. Wir hocken nämlich meist leicht vornübergebeugt. Dies führt – abgesehen von schmerzhaften Verspannungen – zu verkürzten Muskeln. Aber auch permanente körperliche Belastung kann zu Steifheit in der Muskulatur führen. Zudem nimmt im Laufe des Lebens die Zahl der Zellen und der elastischen Fasern ab, sodass die Muskeln an Flüssigkeit verlieren. Das verringert die Beweglichkeit.
Ein weiterer Faktor ist das Geschlecht: Frauen besitzen eine bessere Flexibilität aufgrund von Anatomie und Hormonen. Nicht zuletzt ist auch die Umgebungstemperatur ausschlaggebend: Kälte reduziert die Dehnfähigkeit deutlich.
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+ = sehr flexibel, 0 = mittelmäßig, - = unterdurchschnittlich flexibel
Oberschenkel und Rücken
Aufrechter Stand. Beugen Sie den Oberkörper vorsichtig mit gestreckten Armen nach unten und checken dann, wie weit Sie mit den Händen kommen.
Auswertung: Bis zu den Knien: -, Fingerspitzen berühren den Boden: 0, Hände flach am Boden: +
Die Waden
Aufrechter Stand, Füße hüftbreit auseinander. Mit geradem Rücken möglichst tief in die Kniebeuge gehen. Ziel: Die Fersen sollen dabei am Boden bleiben.
Auswertung: Fersen gehen weit nach oben: -, Fersen gehen leicht nach oben: 0, Fersen liegen auf: +
Hüfte und Beine
Auf den Rücken legen, die Arme sind ausgestreckt neben dem Körper. Ein Bein anwinkeln, das andere Bein langsam so weit wie möglich nach oben heben.
Auswertung: Sie schaffen einen Winkel bis 45 Grad: -, 45 bis 70 Grad: 0, mehr als 70 Grad: +
Beweglichkeit verbessern: Das können Sie tun, um dehnbarer zu werden
Für mehr Gelenkigkeit rät der Experte Folgendes: „Dehnübungen machen! Und zwar täglich, am besten von Kopf bis Fuß." Dabei sollten Sie gezielt auch die stark beanspruchten Partien dehnen, um dem muskulären Ungleichgewicht entgegenzuwirken. Bei Läufern sind das zum Beispiel die Waden, bei Schwimmern die Arme oder bei Menschen, die lange vor dem Computer sitzen, die Nackenmuskulatur.
In den ersten zehn Sekunden des Dehnens erfährt der Muskel jedoch noch keinen wirklichen Stretching-Effekt. Optimale Beweglichkeit wird erst nach rund 20 Sekunden erzielt. Und: Ein Muskel kann auf etwa das Doppelte seiner Ausgangslänge gedehnt werden, Sehnen und Bänder aufgrund ihrer Gelenk-stabilisierenden Funktion dagegen nur um etwa fünf Prozent. In der Regel genügt ein sogenanntes statisches Stretchen, bei dem es nur um die eigentliche Dehnbewegung geht. Wer mag, kann aber auch dynamisch stretchen, also vorsichtig in Dehnrichtung nachwippen. Aber Achtung: Gehen Sie immer nur so weit, wie es angenehm ist bzw. so weit wie der Dehnschmerz auszuhalten ist. Wenn starke Schmerzen auftreten, sollten die Dehnübungen weniger intensiv durchgeführt werden. Ruckartiges Dehnen sollte bei einer überspannten Muskulatur vermieden werden.
Wer unsicher ist, wie genau die Muskulatur richtig gedehnt wird, sollte einen Trainer im Fitness-Studio fragen oder einen Stretchingkurs besuchen. Wichtig ist es aber, sich vorher immer aufzuwärmen, damit es nicht zu Verletzungen kommt. Dafür eignen sich Joggen, ein paar Minuten auf der Stelle hüpfen, Seilspringen oder eine Runde Fahrradfahren. Und natürlich sind Sie auch nach Ihrem Lieblingskurs oder Workout im Gym perfekt auf das Dehnen vorbereitet.
Welcher Sport hilft, um gelenkiger zu werden?
„Grundsätzlich ist jedes Workout förderlich und gesund“, so der Experte. Vor allem Yoga und Pilates sind geeignete Sportarten, um die Beweglichkeit zu verbessern, da bei diesen Sportarten Dehnübungen ein zentrales Element sind. Aber: „Wer nur Yoga macht, sollte zum Ausgleich einen Sport ausüben, der die Muskeln auch kontrahieren lässt, also kräftigt. Ein schwacher Muskel kann ein Gelenk nämlich nicht adäquat halten. Also immer auf eine sportliche Kombi aus Dehnen und Stärken achten, um das Gleichgewicht zu erhalten oder wiederherzustellen", sagt Dr. Vogt.
Welche Vorteile hat es, die Gelenkigkeit zu verbessern?
Eine bessere Gelenkigkeit ist für die sportliche Performance und die Motorik wichtig. Außerdem beugt sie Krämpfen und Verspannungen vor. Weiterer Pluspunkt: Sie sorgt für ein rundum besseres Körpergefühl. Und nicht zuletzt machen Sie bei Yoga und Pilates eine viel bessere Figur – es gibt somit viele gute Gründe, um die Beweglichkeit zu verbessern.
Unser Experte: Dr. med. Eiko Vogt, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirugie, mit Praxis in München.