Darmkrebs: Ich habe beschlossen, jetzt zu leben!

Neue Hoffnung schöpfen und Kraft tanken – Darmkrebs ist in vielen Fällen heilbar
Neue Hoffnung schöpfen und Kraft tanken – Darmkrebs ist in vielen Fällen heilbar

Jedes Jahr sterben rund 30.000 Menschen an Darmkrebs, 50.000 erkranken neu. Zwei Frauen schildern ihr Leben mit der Krankheit. Und machen Mut ...

Eine Blinddarmentzündung entpuppte sich als Krebs

„Bei Ihnen besteht keine Chance auf Heilung.” Die Worte ihres Arztes trafen Birgit Weber (43) wie ein Stich ins Herz. "Ich wäre am liebsten nach Hamburg gefahren und hätte mich vor die S-Bahn geworfen”, so sagt die Chefsekretärin aus einer norddeutschen Kleinstadt. Heute hat sie den Satz, der ihr im Frühjahr letzten Jahres monatelang das Leben zur Hölle machte, verdrängt. "Ich lebe wieder”, sagt sie lachend, "und nur das zählt.”

Wenn Birgit Weber über ihre Krankheit spricht, liegt Ruhe in ihrer Stimme – und Zuversicht. „Es begann im Dezember. Ich fühlte mich schlapp und abgeschlagen, hatte Magenkrämpfe, und mir war alles zu viel. Ich dachte an einen Magen-Darm-Infekt, weil der grassierte. Aber dann bekam ich Durchfall und Blähungen.”

Weil die Beschwerden nicht nachließen, ging sie am 3. Januar zu ihrem Gynäkologen. Der stellte freie Flüssigkeit im Bauch fest und schickte sie zum Internisten. Dort deuteten alle Untersuchungen auf eine Blinddarmentzündung hin. „Mein Blinddarm sah im Ultraschall irgendwie zerfetzt aus, und die Blutwerte zeigten eine Entzündung im Körper.“ Birgit Weber kam ins Krankenhaus. Dort wurde sie weiter untersucht, und der Arzt war sich „hundertprozentig sicher, dass es sich um eine Blinddarmentzündung handelt.“ Eine Darmspiegelung wurde nicht gemacht...

8. Januar. Operation. Während des Eingriffs entdeckten die Ärzte einen bösartigen Tumor im Dickdarm. Und das, was als angebliche Blinddarmentzündung zu sehen war, entpuppte sich als eine Metastase des Krebsgeschwürs. Birgit Weber: „Sie haben gleich alles, was möglich war, weggeschnitten, aber es musste noch eine weitere Operation geplant werden, weil niemand auf so einen großen Eingriff vorbereitet war.“

Bei der nächsten Operation am 22. Januar kam dann ein zweiter Tumor zum Vorschein. Der halbe Dickdarm wurde entfernt und mehrere befallene Lymphknoten. Anschließend wurde an der Leber auch noch eine Metastase gefunden ...

Und dann fiel der folgenschwere Satz ihres Internisten: Keine Chance auf Heilung. „Ich war wie gelähmt“, erinnert sich Birgit Weber. Die Ärzte empfahlen ihr eine Chemotherapie.

Vorher hatte die zweifache Mutter sechs Wochen Untersuchungs- und Behandlungspause. „Mir ging es sehr schlecht. Körperlich und psychisch. Ich habe mein Testament gemacht und meine Beerdigung geplant, den ganzen Tag nur geheult. Es war eine ungeheure Belastung, auch für meine Familie. Die Kinder waren so traurig.”

Am 10. April folgten weitere Untersuchungen. „Eine ergab, dass meine ganze Leber mit kleinsten Metastasen befallen war, die so ungünstig lagen, dass man nicht operieren konnte.“ Birgit Weber wechselte den Arzt. Einen, zu dem sie schnell Vertrauen fasste und in dessen Händen sie sich wohl fühlte. Und sie suchte sich eine Psychotherapeutin. „Gemeinsam mit ihr und meiner Familie habe ich beschlossen: ‚Ich fange wieder an zu leben. Ich lasse mich durch den Krebs nicht unterkriegen.’“

Mitte Mai begann die Chemotherapie. „Ich war schon am Anfang seelisch wieder etwas stabiler, bis heute habe ich die Therapie gut verkraftet.“ Und sie schlägt auch an. Bereits im August waren die Metastasen um die Hälfte zurückgegangen. Heute sind es noch viel weniger. Im Mai wird sie an der Leber operiert, und hofft, „dass alles gut aus geht“.

Warum der Darmkrebs gerade sie getroffen hat, weiß Birgit Weber nicht. „An schlechter Ernährung kann es nicht liegen, an mangelnder Bewegung auch nicht. Eine Schwester meiner Mutter hatte Darmkrebs, aber da war sie schon Mitte sechzig.“ Doch eines weiß Birgit Weber: „Mit dem Tod beschäftige ich mich nicht mehr. Ich will das Leben genießen, mache Dinge, die mir gut tun. Gehe schwimmen, lese viel, mache autogenes Training mit meiner Therapeutin. Und ich denke mehr an mich als früher, höre mehr auf meinen Bauch. Vor allem freue ich mich, dass ich meine Familie habe, die mir viel Kraft gibt.“

Ab und zu mal Blut am Toilettenpapier

Das Einzige, was ich gefühlt habe, war eine unheimliche Wut”, erinnert sich Sonja Zielinski an den Tag, als sie erfuhr, dass sie Darmkrebs hat. Hätte mein Arzt mich auf die Möglichkeit zur Vorsorge aufmerksam gemacht, wäre es nicht soweit gekommen ...”

Der Reihe nach. Im Sommer hatte die ledige Bürokauffrau aus Hamburg das Gefühl, dass sich ihr Darm nicht mehr richtig entleert. „Und ich bekam plötzlich dunkle Augenringe und so komische Einbuchtungen in den Fingernägeln.“

Sonja Tielinski ging zum Arzt. Der tippte auf eine Stoffwechselstörung, und die Darmprobleme schob er auf ihre falsch liegende Gebärmutter. Ihr Blutbild war in Ordnung, eine Stuhlprobe ergab nichts. „Auf die Idee, mich zu einer Darmspiegelung zu schicken, kam der Arzt nicht. Und ich hatte mich mit dieser Untersuchung noch nie beschäftigt. Sonst hätte ich sie natürlich sofort machen lassen.“ So ließ sie sich einfach nach Hause schicken ...

Doch die Beschwerden besserten sich nicht. Ein halbes Jahr lang ignorierte Sonja Zielinski die Symptome. Und dann hatte sie „ab und zu mal Blut am Toilettenpapier. Auch das habe ich erst mal verdrängt. Ich hatte ja keine Schmerzen“. Erst im Frühjahr des darauffolgenden Jahres ging sie erneut zum Arzt, weil sie immer häufiger Blut im Stuhl hatte. Dann wurde endlich eine Darmspiegelung gemacht. Ergebnis: „Der Arzt druckste sehr lange rum. Bis er sagte: ,Sie müssen operiert werden. Da ist was.’ Das Wort Krebs nahm er nicht in den Mund.”

Operation am 21. Juni. „Zum Glück hatte der Tumor die Darmwand noch nicht durchbrochen. Es wurden keine Lebermetastasen gefunden. Allerdings waren zwei Lymphknoten befallen. Doch die Operation ging gut. Nach zwei Wochen konnte ich entlassen werden.“

Bevor Sonja Zielinski in eine Reha-Klinik zur Chemotherapie eingeliefert wurde, fragte sie ihren Arzt, warum er sie nicht rechtzeitig auf die Vorsorgeuntersuchung aufmerksam gemacht hat. Seine unglaubliche Antwort: „Sie sehen noch so jung aus, da hat doch niemand dran gedacht!