Darminfektion: Heilung mit nur einer Tablette

Die sogenannte Stuhltransplantation ist jetzt ohne Darmspiegelung möglich – Kölner Ärzte haben das neue Verfahren erstmals in Deutschland durchgeführt. Wie es funktioniert, erfahren Sie hier.
Das Darmbakterium „Clostridium difficile“ tragen 10-15 Prozent der Menschen in sich, bei den meisten richtet es keinen Schaden an. Anders ist das, wenn die Darmflora – das bakterielle Schutzschild des Darms – durch die gehäufte Einnahme von Antibiotika gestört ist. Dann vermehrt sich C. difficile und produziert Giftstoffe, die eine lebensbedrohliche Durchfallerkrankung auslösen können. C. difficile gehört zu den sogenannten Krankenhauskeimen, weil sich häufig Patienten während eines längeren Klinikaufenthalts damit infizieren.
Bisherige Behandlung: Darmspiegelung
Um die gestörte Darmflora der Betroffenen wieder herzustellen, gibt es seit einiger Zeit die Möglichkeit der Stuhltransplantation. Dabei wird der Stuhl eines gesunden Spenders in Kochsalzlösung aufgelöst, die Bakterien werden herausgefiltert und im Rahmen einer Darmspiegelung in den Darm des Patienten überführt. Das Legen der Darmsonde und Verarbeiten und Verabreichen der Spenderflora muss einem strengen Zeitablauf folgen, der die Prozedur sehr aufwendig macht. Zusätzlich sind „manche Patienten in einem so schlechten Zustand, dass das Legen der Sonde in Kurznarkose für sie ein gewisses Behandlungsrisiko darstellt“, so Dr. Maria J.G.T. Vehreschild von der Uniklinik Köln.
Ihr und ihrem Team ist es nun erstmals in Deutschland gelungen, zwei Patienten Darmbakterien gesunder Spender in Kapselform zu verabreichen.
So kommt die Darmflora in die Kapsel
Zunächst muss dafür ein passender Darmfloraspender identifiziert werden. Dabei kommen sowohl verwandte als auch fremde Spender in Frage. „Bei ihnen müssen wir vorab ein breites Spektrum an Infektionen ausschließen – ähnlich wie bei einer Blutspende. So beugen wir einer eventuellen Ansteckung im Rahmen der Transplantation vor“, so Vehreschild.
Die gespendete Darmflora wird mit Kochsalzlösung verdünnt. Anschließend isolieren die Experten die Bakterien der Flora über ein mehrstufiges Filterverfahren, um sie anschließend in die Kapseln zu überführen. Werden die Kapseln nicht sofort gebraucht, kann ihnen Glycerol zugefügt werden – diese Substanz verhindert das Absterben der Bakterien während des Gefrierprozesses und ermöglicht ein rasches Auftauen innerhalb weniger Minuten vor der Einnahme. Auf diese Weise können die Kapseln über mehrere Monate gelagert werden, dann aber sehr kurzfristig zum Einsatz kommen. „So sind sogar ambulante Behandlungen denkbar“, erklärt Vehreschild.
Die erste Beschreibung der Darmfloraübertragung auf Basis von Kapseln wurde bereits im letzten Jahr von einer amerikanischen Forschergruppe publiziert. Bisher hatten Patienten in Deutschland jedoch keinen Zugang zu dieser Behandlung, da sie von deutschen Kliniken nicht angeboten wurde.
Das Team der Uniklinik Köln hat die Darmflorakapseln bisher nur für die Behandlung von Infektionen mit C. difficile eingesetzt. Die beiden Patienten sind aktuell beschwerdefrei. Das Team möchte nun noch andere Möglichkeiten der Anwendung erforschen.