Coronavirus: Wie soll ich es meinem Kind erklären?

Viele Eltern stehen jetzt vor der Herausforderung, Corona ihren Kindern zu erklären. Warum Schweigen über das Coronavirus nichts bringt und wie man Kindern die Angst nehmen kann, erklärt Melanie Schmidt, Psychotherapeutin aus Köln.

Mutter erklärt ihrem Kind etwas
Mit dem Kind über das Coronavirus zu sprechen, fällt vielen Eltern schwer Foto: istock_MStudioImages

Die Corona-Krise stellt Eltern vor einem ganz besonderen Problem: Soll ich mit meinen Kindern über das Virus reden oder ist es besser, alles rund um das Thema von ihnen fernzuhalten? Doch: Kitas und Schulen sind geschlossen, das Spielen mit den Nachbarskindern ist Tabu und das Händewaschen wird penibel überwacht – dadurch kommen bei Kindern zwangsläufig Fragen auf.

Coronavirus: Wie soll ich das meinem Kind erklären?

Die Hamsterkäufe, das Anlegen von Notvorräten und der Ausverkauf von Desinfektionsmitteln beweisen es eindrücklich: Das Corona-Virus löst bei Erwachsenen Angst und Panik aus. Dadurch kann bei vielen Eltern das Bedürfnis entstehen, Corona zuhause zu einem Tabu-Thema zu erklären, um ihr Kind zu schützen.

Nach Meinung der Psychotherapeutin, Melanie Schmidt, wäre es falsch, die Wahrheit zu verbergen: „Kinder verstehen alles. Man kann ihnen nichts vormachen oder irgendwas verschweigen. Man sollte es ernst nehmen, dass Kinder viel mitbekommen und feine Antennen für ihre Umgebung haben.“

Infolge der spürbaren Einschnitte in das alltägliche Leben durch Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote und Quarantäne kommen Eltern nicht darum herum, mit ihrem Kind über die Corona-Krise zu sprechen. Noch mehr als sonst gelte jetzt: „Es ist wichtig, dass man Kinder nicht anlügt.“

Auch das Alter sollte keine große Rolle bei der Frage spielen, ob man mit dem Kind über die Corona-Krise spricht: „Sowohl Schulkinder als auch kleinere Kinder sollten zumindest darüber aufgeklärt werden, dass es eine schwierige Situation ist.“

Darf ich mit meinem Kind über Corona-Tote sprechen?

Gleichzeitig sollten Kinder nicht mit Details der Corona-Krise belastet werden, die für sie zu komplex sind oder sie ängstigen könnten, erklärt die Therapeutin aus Köln. Dazu gehören die Infektions- und Todeszahlen und die leeren Regale im Supermarkt. Über Tote zu sprechen, sei für Kinder besonders bedrückend. Aber: Es lässt sich nur schwer vermeiden, dass Kinder durch Nachrichten im Fernsehen oder im Internet mit diesem Thema in Berührung kommen", so die Expertin.

Bezug zur Realität herstellen

Wenn man mit seinem Kind über die Corona-Krise und speziell über die Toten spricht, sei es laut der Melanie Schmidt ratsam, einen Bezug zur eigenen Realität herzustellen. Denn auf diese Weise könne man seinem Kind die eigene Situation verständlicher machen. Dabei sollte man jedoch nicht auf die Todeszahlen eingehen.

Aber wie lässt sich das konkret umsetzen? Schmidt gibt hier einen Tipp: „Man kann seinem Kind schon sagen, dass manche Menschen an dem Virus gestorben sind und dass es deswegen so wichtig ist, dass man für einige Zeit zuhause bleibt.“

Tipps: Wie Eltern die Ausgangsbeschränkungen für ihr Kind erträglich machen

Den ganzen Tag zuhause bleiben zu müssen, kann für Kinder schwierig werden – besonders dann, wenn eine Beschäftigung fehlt. Mit diesen Tipps von Psychotherapeutin, Melanie Schmidt, kommen schlechte Laune und Frust in Corona-Zeiten nicht auf: 

  • Planen Sie für jeden Tag im Voraus, was sie mit ihrem Kind machen möchten und sorgen Sie dabei für Abwechslung 
  • Setzen Sie spannende Familienprojekte um: Was wollten Sie schon immer machen, wofür Sie aber nie Zeit gefunden haben? 
  • Nutzen Sie Online-Angebote, um Langeweile vorzubeugen und die fehlende körperliche Belastung zu kompensieren: Kinder-Theater, virtuelle Museumsgänge und Kindersportkurse gibt es reichlich im Netz

Kind nicht mit Corona-Panik anstecken

Eltern stehen nun nicht nur vor dem Problem, ob und wie sie Dinge rund um Corona ihrem Kind erklären sollen. Der richtige Umgang mit negativen Gefühlen könne ebenso herausfordernd sein, sagt die Psychotherapeutin. Situationen, in denen Kinder Angst und Beklemmung ihrer Erwachsenen mitbekommen, sind in Corona-Zeiten keine Seltenheit. Dabei sei es wichtig, negative Gefühle zu normalisieren. Die Botschaft: "Es ist normal, dass Oma traurig ist, weil wir sie nicht besuchen können" vermittelt Kindern Sicherheit: Etwas, das für normal befunden wird, macht weniger Angst. 

Während es in solchen Situationen nicht vermeidbar sei, mit dem Kind behutsam über Gefühle, wie Angst und Trauer, zu sprechen, sollten Eltern eines vermeiden: In Gegenwart des Kindes panisch zu werden oder laut über Horrorszenarien nachzudenken. Anstatt das Kind mit seiner eigenen Angst anzustecken, rät die Therapeutin Eltern dazu, mit ruhigem Beispiel voranzugehen, wenn sie mit ihrem Kind über das Coronavirus sprechen: „Besser ist es, dem Kind zu signalisieren ‚Alles wird gut‘. Das vermittelt zusätzlich Sicherheit.“

Auch sollten Eltern ihren Kindern zugestehen, in dieser Situation negative Gefühle zu haben und diese auch rauszulassen: „Kinder dürfen wütend sein, dass sie nicht mehr mit ihren Freunden spielen oder nicht mehr auf die Schaukel dürfen.“

Quelle:

Unsere Expertin: Melanie Schmidt, Psychologische Psychotherapeutin aus Köln