Corona-Spätfolgen: Jeder Dritte leidet an psychiatrischen oder neurologischen Störungen
Es ist bereits länger bekannt, dass das Coronavirus das Gehirn angreifen kann. Während und nach einer Infektion kann es zu neurologischen und psychiatrischen Störungen kommen. Bislang fehlten systematische Daten dazu, wie häufig solche Folgeschäden auftreten. Eine britische Studie macht nun das Ausmaß deutlich.
Für das Abspielen des Videos nutzen wir den JW Player der Firma Longtail Ad Solutions, Inc.. Weitere Informationen zum JW Player findest Du in unserer Datenschutzerklärung.
Bevor wir das Video anzeigen, benötigen wir Deine Einwilligung. Die Einwilligung kannst Du jederzeit widerrufen, z.B. in unserem Datenschutzmanager.
Weitere Informationen dazu in unserer Datenschutzerklärung.
Experten bezeichnen COVID-19 als multiorganische Erkrankung, da SARS-CoV-2 nicht nur die Lunge befällt, sondern auch die Nieren, die Leber, das Herz und nicht zuletzt das Gehirn. Das macht sich durch eine Vielzahl von zum Teil schweren Symptomen bemerkbar: Stimmungsschwankungen, Aggressivität, Fieberwahn, Psychosen – all das kann eine Corona-Infektion zur Folge haben.
Wie hoch das Risiko ist, durch COVID-19 neurologische und psychiatrische Störungen zu entwickeln, hat nun eine groß angelegte britische Studie herausgefunden.
Neurologische und psychiatrische Erkrankungen bei Großteil der Corona-Patienten
Für die im Fachjournal „The Lancet Psychiatry“ veröffentlichte Studie der Universität Oxford wurden Daten von rund 236.000 Corona-Patienten ausgewertet. Im Zentrum der Analyse stand die Frage, wie häufig psychische Auffälligkeiten und Hirnschäden nach einer COVID-19-Erkrankung folgten, besonders im Vergleich zu Atemwegserkrankungen. Denn auch andere virale und bakterielle Infektionen, wie etwa die Grippe, können sich auf das Gehirn auswirken.
Einer der Autoren der Studie, Max Taquet erklärt: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Hirnerkrankungen und psychiatrische Störungen nach Covid-19 häufiger auftreten als nach der Grippe oder anderen Atemwegsinfektionen“. So sei das Risiko, infolge einer Corona-Infektion an einer Angsterkrankung oder Stimmungsschwankungen zu leiden, im Vergleich zur Grippe um 44 Prozent erhöht. Außerdem habe jeder Dritte Corona-Patient innerhalb von sechs Monaten nach der Diagnose eine neurologische oder psychiatrische Erkrankung entwickelt.
Angststörungen und Stimmungsschwankungen als häufige Corona-Spätfolgen
Mit einem Anteil von 17 Prozent sind Angststörungen am häufigsten diagnostiziert worden, dicht gefolgt von affektiven Störungen (14 Prozent). Bei 5 Prozent der analysierten Patienten kam es zu anhaltender Schlaflosigkeit (Insomnia). Schwere neurologische Corona-Folgen, Schlaganfall durch Blutgerinnsel und Hirnblutungen, traten mit 2,1 bzw. 0,6 Prozent bei einem geringen Anteil der Corona-Patienten auf. Welche Ursachen und Einflussfaktoren hinter den Corona-Folgeschäden stecken, beantworten die Wissenschaftler nicht – weitere Studien seien dafür nötig.
Gehirnschäden auch bei mildem COVID-19-Verlauf
Unbeantwortet lässt die Studie darüber hinaus die Frage, ob und wie die Schwere der Corona-Symptomatik mit dem Auftreten von neurologischen und psychiatrischen Spätfolgen korreliert. Ist das Krankheitsrisiko auch für Menschen erhöht, die einen milden Corona-Verlauf haben?
Eine im letzten Jahr durchgeführte Umfrage des University College Londons hat gezeigt, dass Menschen nach einer COVID-19-Erkrankung tatsächlich unabhängig von der Schwere ihrer Symptome Gehirnschäden davontragen können. Ob diese Schäden dauerhaft bestehen bleiben, lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.
Quellen:
Taquet, Maxime [u.a] (2021): 6-month neurological and psychiatric outcomes in 236 379 survivors of COVID-19: a retrospective cohort study using electronic health records, in: The Lancet
Varatharaj, Aravinthan [u.a] (2020): Neurological and neuropsychiatric complications of COVID-19 in 153 patients: a UK-wide surveillance study, in: The Lancet