Corona: Warum sinkt die Todesrate trotz steigender COVID-19-Neuinfektionen in Deutschland?
Wie passen die aktuell niedrige COVID-19-Todesrate und die steigenden Neuinfektionen in Deutschland zusammen? Die Gründe dafür greifen ineinander über und sind keineswegs ein Beweis dafür, dass das Coronavirus harmlos sei.
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Corona: Weniger Tote, mehr Neuinfektionen
Aktuell registriert das Robert Koch-Institut immer wieder über 1.000 Corona-Neuinfektionen in Deutschland pro Tag – am 18. August waren es sogar 1.390 neue COVID-19-Fälle. Dramatische Zahlen, die zuletzt im Mai so hoch waren. Zeitgleich sterben weniger Menschen an COVID-19. Zuletzt meistens unter 5 Personen binnen 24 Stunden. Gibt das den Corona-Leugnern recht: Ist das Virus gar nicht so tödlich wie angenommen? Mitnichten. Die Zusammenhänge zwischen der sinkenden Todesrate und den steigenden SARS-CoV-2-Infektionszahlen in Deutschland sind vollkommenen andere.
Todesrate vs. Neuinfektionen: COVID-19 im Wandel
Ende April verzeichnete das Robert Koch-Institut eine Sterberate von ingesamt sieben Prozent. Aktuell sterben noch rund 0,5 Prozent der COVID-19-Patienten an dem Virus. Dass aktuell vermeintlich weniger Menschen den Kampf gegen Corona verlieren, liegt allerdings nicht daran, dass das Virus weniger gefährlich wäre. Die Gründe hierfür lassen sich vielmehr an völlig anderen Parametern ablesen.
Zum einen hat sich das Durchschnittsalter der Corona-Erkrankten verlagert. Zu Beginn der Pandemie waren die Menschen, die sich in Deutschland mit dem Virus infizierten, durchschnittlich 52 Jahre alt. Seit Juni 2020 liegt das Durchschnittsalter bei deutlich unter 40 Jahren. Da das Coronavirus weiterhin vor allem für ältere Menschen tödlich ist, sinkt mit dem Durchschnittsalter auch die Sterberate. Aktuell liegt der Altersmedian der Sterbefälle in Deutschland bei 82 Jahren. In der Altersgruppe der 80- bis 89-Jährigen starben bisher 1.937 Frauen und 2.144 Männer.
Zum Vergleich: In der Altersgruppe der 20- bis 49-Jährigen, mit 45% der Gesamterkrankten jene Gruppe mit den derzeit höchsten Infektionszahlen, starben 31 Frauen und 81 Männer.
Mehr Corona-Tests = Mehr erkannte Neuinfektionen
Ein weiterer Zusammenhang besteht in den extrem ausgeweiteten Testkapazitäten in Deutschland. Zu Beginn der Pandemie wurden Corona-Tests lediglich bei (vermeintlich) klaren Symptomen durchgeführt. Inzwischen werden regelmäßige Testungen zum Beispiel bei Krankenhauspersonal, Urlaubsrückkehrern, Lehrern und Erziehern durchgeführt und so mehr und mehr COVID-19-Infizierte registriert.
Deutschland: Solides Gesundheitssystem
Im Vergleich zu vielen anderen Ländern, in denen das Virus scheinbar einhaltlos grassiert, kann Deutschland auf ein solides Gesundheitssystem bauen – auch während der Corona-Krise. Zweifelsohne kam vor allem das medizinische Personal hierzulande zu Beginn der Pandemie an seine Grenzen. Dennoch gab es ausreichend Fachpersonal, Intensivbetten und Beatmungsgeräte für die zahlreichen SARS-CoV-2-Patienten.
Bessere COVID-19-Behandlungsmöglichkeiten
Einen weiteren Faktor machen die weltweiten Corona-Forschungen aus, die zu einem zunehmend besseren Verständnis für die Krankheit, deren Symptome und mögliche Behandlungen führen. Erst kürzlich fanden Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) beispielsweise heraus, dass bestimmte weiße Blutkörperchen, die nach einer Corona-Infektion vom menschlichen Immunsystem gebildet werden, eine so genannte Immunthrombose auslösen und so einen schweren COVID-19-Verlauf triggern. Hemmt man bei einer Corona-Behandlung die Bildung dieser neutrophilen Granulozyten, lässt sich Schlimmeres möglicherweise verhindern.
Familienstrukturen wirken sich positiv aus
Schon zu Beginn der Pandemie – am 9. März waren die ersten beiden mit SARS-CoV-2 in Verbindung gebrachten Todesfälle in Deutschland gemeldet worden – analysierten Fachleute, warum hierzulande weniger Menschen am Coronavirus starben als beispielsweise in Italien oder Spanien. Die Antwort hat einen fahlen Beigeschmack: In Deutschland gibt es wesentlich weniger generationsübergreifendes Zusammenleben, was sich positiv auf Infektionsketten auswirkt. Vor allem in südlichen Ländern wohnen mehr erwerbstätige Menschen noch bei ihren Eltern, oft sogar in mehreren Generationen. Das führt dazu, dass sich die Risikogruppe innerhalb des Familienlebens schneller infiziert. In der Folge kommt es zu einer Kettenreaktion, die das Gesundheitssystem überlastet. "Wenn sich die arbeitende Bevölkerung in hohem Maß infiziert, dann ist das für Bevölkerungsstrukturen wie in Deutschland oder Skandinavien, wo wir weniger generationsübergreifende Formen des Zusammenlebens kennen, weniger dramatisch", erklärte Professor Moritz Kuhn von der Universität Bonn im März.
Quellen:
Warum weniger Menschen an Covid-19 sterben, in: n-tv.de
Robert Koch-Institut: COVID-19-Dashboard, in: experience.arcgis.com
Todesfälle mit Coronavirus (COVID-19) in Deutschland nach Alter und Geschlecht, in: de.statista.com
Warum die Sterblichkeit so verschieden ist, in: uni-bonn.de
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