Corona-Pandemie: Zweite Welle droht
Die Corona-Neuinfektionen gehen zurück, doch es besteht die Gefahr einer zweiten, noch aggressiver verlaufenden Welle. Warum es zu einem erneuten Anstieg der Neuinfektionen kommen kann, hat viele Gründe.
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Eine Modellrechnung der Göttinger Forschergruppe vom Max-Plank-Institut prognostiziert ein stetiges Absinken der Corona-Neuinfektionen in den nächsten Wochen und gibt damit Hoffnung – wäre da nicht die Gefahr einer zweiten Welle. Denn der Kurvenverlauf einer Epidemie folgt meist einem bestimmten Muster: Anstieg, Abflachung, Anstieg. Die Corona-Pandemie könnte genau denselben Verlauf nehmen und nach einer kurzen Pause aggressiver zurückkommen.
Corona-Verlauf: Langsamer Rückgang der Infektionszahlen
Zu Beginn der Pandemie, Anfang März, starteten die Göttinger Forschergruppe eine Modellrechnung zur Entwicklung der Infektionszahlen in Deutschland, die den Corona-Verlauf simulieren und Prognosen ermöglichen soll. Sie nutzen die dazu verfügbaren Daten und verbinden sie mit Annahmen, die von früheren Epidemien abgeleitet werden. Die zentrale Frage der Modellrechnung ist, wie die von der Regierung eingesetzten Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus die Infektionszahlen beeinflussen.
Das vorläufige Ergebnis: „Die tiefgreifenden Einschränkungen im alltäglichen Leben zeigen offenbar die erhoffte Wirkung“, wie das Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation auf seiner Webseite schreibt. Anhand der Modellrechnung könne man nämlich abschätzen, dass in zehn bis vierzehn Tagen die Fallzahlen auf wenige Hunderte neue pro Tag fallen würden.
Die am 22. März beschlossenen Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverbote haben nach Meinung der Forschergruppe einen dramatischen, exponentiellen Verlauf der Corona-Pandemie verhindert. Wäre es lediglich bei dem Verbot von Großveranstaltungen und den Schließungen von Kitas, Schulen und Universitäten geblieben, hätte es nach Schätzung der Leiterin der Forschergruppe, Viola Priesemann, bis heute 200.000 Infektionsfälle gegeben.
Keine Entwarnung: Zweite Welle möglich
Die Zuwachsrate der Corona-Neuinfektionen sinkt – also wieder zurück zur Normalität und die Einschränkungen aufheben? So einfach ist das nicht. Aus den Ergebnissen der Göttinger Forschergruppe kann keine Entwarnung abgeleitet werden.
Wie von früheren Pandemien, wie die Spanische Grippe, bekannt, folgt auf die erste Krankheitswelle nach kurzer Abflachung der Infektionszahlen eine zweite, meist schlimmer verlaufende Welle. Vor einer solchen zweiten Corona-Infektionswelle in Deutschland hat der Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der RTL-Sendung „Wie Corona unser Leben verändert“ gewarnt.
Dass eine zweite Infektionswelle möglich ist, zeigt die derzeitige Entwicklung der Corona-Fälle in Singapur. Während der Stadtstaat Ende Februar durch frühzeitig eingesetzte Maßnahmen nur etwa 100 Infektionen zählte, stieg die Zahl nun auf knapp 1400 an. Als Ursache für die erneute Ausbreitung des Coronavirus wird genannt, dass Menschen sich nicht ausreichend an den Kontaktverboten gehalten hätten.
Warum kann es zu einer zweiten Welle kommen?
Zwar wachsen die Infektionszahlen aufgrund der Beschränkungen langsamer an, auf null sind sie aber nicht. Und solange das so ist, besteht die Gefahr einer exponentiellen Verbreitung des Virus und einer zweiten Corona-Welle. Das hängt vor allem damit zusammen, dass noch nicht viele Menschen eine Immunität gegen das Virus aufbauen konnten. Die Pandemie findet jedoch erst dann ein Ende, wenn über 70 Prozent der Bevölkerung immun gegen das Coronavirus ist – entweder durch eine Infektion oder durch eine Impfung. Diese wird jedoch erst in zwölf bis achtzehn Monaten verfügbar sein, schätzen Experten.
Zweite Corona-Welle hätte verheerende Auswirkungen
Nicht nur die Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverbote helfen dabei, die weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Auch die nun steigenden Temperaturen machen es dem Virus schwer: Grippeviren können in warmer Umgebung mit hoher Luftfeuchtigkeit nicht so lange existieren wie in kalter, trockener Luft. Wenn also eine zweite Infektionswelle auf Deutschland zukommt, dann im Herbst, wie Karl Lauterbach, SPD-Gesundheitsexperte, in einem Interview mit dem Online-Kanal „vorwärts“ erklärt hat.
Eine solche zweite Welle der Corona-Epidemie wäre Lauterbach zufolge „wahrscheinlich gefährlicher als die erste“ und sowohl für die Wirtschaft als auch für das Gesundheitssystem „verheerend“. Der Grund: Bei einer zweiten Welle im Herbst wären bereits viele Ressourcen im System verbraucht.
Aufhebung der Beschränkungen vorerst nicht möglich
Die zurückgehenden Neuinfektionen hat eine Debatte darüber entzündet, wann die Ausgangsbeschränkungen und Kontaktverbote in Deutschland aufgehoben werden. Immer lauter wird die Forderung, die Schulen und Kitas nach Ostern zu öffnen. Druck kommt auch aus Österreich, wo eine Lockerung der Corona-Gegenmaßnahmen angekündigt wurde.
Der Hoffnung auf eine Aufhebung der Beschränkungen hat Jens Spahn eine Absage erteilt. Jedoch kann sich Spahn eine Lockerung der Corona-Verbote nach Ostern vorstellen, sodass eine schrittwese Wiederaufnahme des Alltags möglich ist – aber nur unter Einhaltung von bestimmten Sicherheitsvorkehrungen, wie dem Verzicht auf Händeschütteln oder einer Mundschutzpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln.
Karl Lauterbach ist hingegen der Meinung, dass die Freiheitsrechte nur dann wieder zurückgegeben werden können, „wenn wir sicher sind, dass eine zweite Welle nicht kommt.“
Quellen:
Die Kontaktsperre bringt die Wende, in: Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation
Nachgefragt…bei Karl Lauterbach, in: Redaktion vorwärts