Corona-Impfung: Zehntausende Dosen landen im Müll
Der Impffortschritt in Deutschland läuft weiter schleppend. Wie kann es da sein, dass Zehntausende Impfdosen im Müll statt in einer Spritze landen? Alle Infos!
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Allein in Hamburg: 43.000 weggeworfene Impfdosen
Laut Recherchen des „NDR“ werden in Deutschland täglich vermeintlich überschüssige Corona-Impfdosen weggeworfen. Allein im Impfzentrum Hamburg sollen so seit Beginn der Arbeit rund 35.000 potenzielle Dosen Biontech und 8.000 potenzielle Dosen AstraZeneca entsorgt worden sein. Grund dafür sind die so genannten Überschussmengen, die sich in jeder Ampulle Impfstoff befinden.
Debatte um weggeworfene Impfdosen
Die Corona-Impfstoffe werden in Ampullen geliefert, die am Tag der Impfung auf mehrere Spritzen aufgezogen werden. Nach vorschriftsmäßiger Verdünnung ergibt eine Ampulle Biontech/Pfizer aktuell sechs Einheiten, bei AstraZeneca sind es zehn.
Allerdings wird jede Ampulle mit einer so genannten Überschussmenge geliefert. Theoretisch kann Biontech/Pfizer sieben Spritzen füllen, AstraZeneca elf. Das Problem: Die Überschussmengen gehen über die Anzahl der von der EMA empfohlenen Impfeinheiten hinaus und es ist rechtlich nicht eindeutig geregelt, wer die Verantwortung für diese Impfungen übernimmt.
Überschussmengen: Impfstoffreste werden nicht verschwendet
In Deutschland ist eine Diskussion um die Überschussmengen entbrannt. Auf der einen Seite stehen jene, die entsorgte Überschussmengen als Verschwendung bezeichnen. Der Impffortschritt in Deutschland laufe so schleppend, dass jede Impfung zählt. Im aktuellen Impfmonitoring gibt das Robert Koch-Institut an, dass in Deutschland 19.854.550 Personen (23,9 Prozent) die Erstimpfung gegen COVID-19 erhalten haben; erst 6.038.063 (7,3 Prozent) sind zweifach geimpft (Stand 27. April).
Die Hamburger Ärztin Jana Husemann verimpft in ihrer Praxis stets die Überschussmenge. Sie kritisierte im Gespräch mit dem „NDR“ mit Blick auf die Impfstoffknappheit, es sei „wirklich unverantwortlich, nicht alles auszuschöpfen, was gerade möglich ist.“
Was es brauche, um die wertvollen Impfstoffreste nicht mehr entsorgen zu müssen, sei eine rechtliche Sicherheit für Impfärztinnen und Impfärzte. „Es wäre schön, wenn es auch eine offizielle Ansage dazu gäbe, dass man einfach ein bisschen Rückhalt hat, die siebte Dosis zu verimpfen.“
Sind Überschussmengen beim Corona-Impfstoff wirksam?
Es gibt allerdings auch Stimmen, die sich gegen die Verwendung der Überschussmengen aussprechen. Nicht umsonst habe die EMA mögliche Impfeinheiten festgelegt, betonen Kritiker. Es sei nicht gewährleistet, dass eine siebte Dosis Biontech bzw. eine elfte Dosis AstraZeneca genug Impfstoff beinhalten, um ausreichend Schutz vor SARS-CoV-2 zu bieten.
Hamburgs SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf verwies laut „Mopo“ darauf, dass die EMA ihre Empfehlung für Biontech bereits von fünf Impfeinheiten auf sechs erhöht habe. „Nun auch noch eine vollständige siebte Dosis aus der Sicherheitsmenge zu entnehmen, ist äußerst schwierig“, so Kienscherf.
Bundesländer verfahren unterschiedlich mit Impfstoffresten
Aktuell gibt es keine bundeseinheitliche Regelung in Sachen Überschussmengen. Die Bundesländer verfahren sehr unterschiedlich mit der Restdosis. In Rheinland-Pfalz beispielsweise liegt die rechtliche Haftung der zusätzlichen Dosis beim Land. In Bayern dagegen ist das Verwenden der Überschussmenge nicht vorgesehen. In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen darf die siebte bzw. elfte Dosis verimpft werden, in Niedersachsen soll sie es.
Um den Impffortschritt in Deutschland weiter voranzutreiben, wäre die Verwendung der Überschussmengen sicher sinnvoll – unter der Voraussetzung, dass die potentiell entsorgten Impfeinheiten ausreichend Schutz vor dem Coronavirus bieten.