Brustkrebs-Studie sorgt für Aufsehen: Tumore streuen zu bestimmten Zeitpunkten

Ein Schweizer Forschungsteam legt überraschende Studienergebnisse vor: Brustkrebs-Tumore bilden Metastasen zu bestimmten Zeitpunkten. Warum sie das tun und was das für die Krebsbehandlung bedeuten könnte.

JW Video Platzhalter
Zustimmen & weiterlesen
Um diese Story zu erzählen, hat unsere Redaktion ein Video ausgewählt, das an dieser Stelle den Artikel ergänzt.

Für das Abspielen des Videos nutzen wir den JW Player der Firma Longtail Ad Solutions, Inc.. Weitere Informationen zum JW Player findest Du in unserer Datenschutzerklärung.

Bevor wir das Video anzeigen, benötigen wir Deine Einwilligung. Die Einwilligung kannst Du jederzeit widerrufen, z.B. in unserem Datenschutzmanager.

Weitere Informationen dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Könnte sich die Brustkrebsbehandlung in Zukunft auch nach der Schlaf-Wach-Phase der Patientinnen richten? Eine neue Studie hat ergeben, dass Tumore nicht den ganzen Tag über gleich aktiv sind.

Brustkrebs-Studie: Wann streuen Tumore?

Das Team um Zellbiologin Zoi Diamantopoulou von der ETH Zürich ging der Frage nach, ob Krebstumore Metastasen tatsächlich – wie bisher angenommen – unabhängig von der Tageszeit bilden. Ihre eindeutige Antwort: Nein, auch Tumore unterliegen einer inneren Uhr.

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschafter:innen 30 Brustkrebs-Patientinnen und entnahmen ihnen zu unterschiedlichen Uhrzeiten Blutproben: einmal während der Schlafphase um 4 Uhr nachts und einmal während der Wachphase um 10 Uhr morgens.

Brustkrebs: Erhöhte Metastasenbildung im Schlaf

Ob ein Tumor streut, lässt sich unter anderem an den sogenannten CTCs (Circulating Tumor Cells) im Blut nachweisen. Diese zirkulierenden Tumorzellen lösen sich vom Primärtumor und wandern über die Blutbahn durch den Körper. So können sie an unterschiedlichen Stellen Metastasen bilden.

Diamantopoulou und ihr Team stellten bei ihren Untersuchungen fest, dass die CTCs im Blut nachts deutlich konzentrierter waren. Fast 80 Prozent aller nachgewiesenen CTCs fanden sich in den Blutproben, die während der Schlafphase um 4 Uhr nachts genommen worden waren.

Brustkrebs-Symptome - Foto: iStock/man_at_mouse
Brustkrebs in Deutschland

Laut Robert Koch-Institut (RKI) erkranken pro Jahr etwa 70.000 Frauen (und über 700 Männer) an Brustkrebs. Damit ist das Mammakarzinom die häufigste Krebsform bei Frauen – etwa eine von acht Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. "Fast drei von zehn betroffenen Frauen sind bei Diagnose­stellung jünger als 55 Jahre alt", informiert das Bundesinstitut.

Tumore streuen im Schlaf: Auch bei Mäusen

Um ihre Studienergebnisse zu stützen, führten die Schweizer Wissenschaftler:innen Tierversuche durch. Sie untersuchten Mäuse, die aufgrund einer Genmanipulation an Brustkrebs erkrankt waren oder denen man Brustkrebszellen injiziert hatte.

Die Ergebnisse deckten sich mit denen der 30 Mammakarzinom-Patientinnen: Die CTCs bildeten sich auch bei den Tieren im Schlaf. Da Mäuse nachtaktiv sind, fand dies allerdings tagsüber statt.

"Die spontane Generierung von CTCs mit hoher Metastasierungsneigung erfolgt nicht kontinuierlich, sondern konzentriert sich auf die Ruhephase des betroffenen Individuums", schlussfolgerte Diamantopoulou in ihrer Studie.

Je länger die Tiere wachgehalten wurden, desto weniger CTCs konnten in ihrem Blut nachgewiesen werden.

Zirkulierende Tumorzellen aus der Schlafphase sind aggressiver

Die Forschenden konnten einen weiteren überraschenden Fakt herausarbeiten: Die zirkulierenden Tumorzellen aus der Schlafphase bilden aggressivere Tumore als CTCs aus der Wachphase.

Um dies zu beweisen, injizierten Diamantopoulou und ihr Team die unterschiedlichen CTCs in gesunde, tumorfreie Mäuse.

Brustkrebs: Warum streuen Tumore ausgerechnet in der Schlafphase?

Es scheint paradox zu sein, dass sich Metastasen eher im Schlaf, der als gesund und wichtig gilt, bilden. Laut Diamantopoulou und ihren Kolleg:innen liegt das am Erbgut der zirkulierenden Tumorzellen. Demnach sind nachts bzw. in der Schlafphase jene Gene hochreguliert, die bei der Zellvermehrung eine Rolle spielen.

Metastasenbildung im Schlaf: Neue Therapieansätze möglich

Die Studie zu Brustkrebs und der Entstehung neuer Metastasen könnte direkten Einfluss auf Brustkrebs-Behandlungen weltweit haben. Angefangen damit, dass mögliche Therapien darauf ausgerichtet werden, ihre maximale Wirkung in den individuellen Schlafphasen zu entfalten. Ebenfalls denkbar wäre es, Blutproben in Zukunft überwiegend nachts zu nehmen, um ein aussagekräftigeres Bild zu erhalten.

Ob neben Brustkrebs auch andere, metastasenanfällige Krebsarten vermehrt im Schlaf streuen, soll noch untersucht werden.

Quellen:

The metastatic spread of breast cancer accelerates during sleep, in: nature.com

Brustkrebs: Metastasen bilden sich vor allem im Schlaf, in: spektrum.de

Brustkrebs (Mammakarzinom), in: krebsdaten.de