Borderline-Test: Bin ich emotional instabil?

Bin ich nur extrem sensibel und temperamentvoll oder leide ich unter einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung? Diese Frage stellt man sich, wenn man aufgrund starker emotionaler Reaktionen immer wieder in Konflikte mit seinen Mitmenschen gerät – mit dem Borderline-Test kommt man der Antwort ein Stück näher.

Frau sitzt verzweifelt auf dem Boden
Gefühlsausbrüche und emotionale Krisen kennen Menschen, die unter der Borderline-Störung leiden, nur zu gut Foto: iStock_ArtistGNDphotography

Die Borderline-Störung hat weitreichende Folgen für die Betroffenen: Die Instabilität, die ihre Gefühle, ihre Stimmung und ihr Selbstbild auszeichnen, schlägt sich in allen Lebensbereichen nieder. Beziehungen zerbrechen im Monatstakt, einmal eingeschlagene Karrierewege werden überworfen und Freundschaften können nur schwer gehalten werden. Um eine Chance auf ein normales Leben zu bekommen, ist eine Diagnose wichtig – je früher desto besser. Der Borderline-Test kann der erste Schritt dahin sein.

Borderline – die emotional-instabile Persönlichkeitsstörung

Die Bezeichnung „Borderline“ bedeutet, aus dem Englischen übersetzt, „Grenze“. Dass die Persönlichkeitsstörung diesen Namen bekommen hat, liegt daran, dass sie aus der Sicht der Psychoanalyse im Grenzbereich zwischen Neurose und Psychose liegt – Betroffene können sowohl starke Ängste als auch wahnhafte Ideen haben. Im Internationalen Klassifikationssystem der Krankheiten ICD-10 ist die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) als Unterform der emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung gelistet.

Kennzeichnend für die Erkrankung sind starke Gefühls- und Stimmungsschwankungen und damit einhergehende Probleme in zwischenmenschlichen Beziehungen sowie ein schwankendes Selbstbild. Man geht davon aus, dass Borderline auf der Grundlage von genetischen Faktoren in Verbindung mit traumatischen Erlebnissen entsteht. Die Kindheit vieler Betroffener ist durch emotionale Vernachlässigung und Missbrauch geprägt.

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung – Test zur Selbsteinschätzung

Borderline beginnt in der Regel im frühen Jugendalter, wobei die Symptomatik zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr am stärksten ausgeprägt ist. Die Mehrheit der Betroffenen erhält entsprechend zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr ihre Diagnose. Dabei sind es häufig die Folge- und Begleiterkrankungen der Borderline-Störung, die dazu führen, dass Betroffene psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.

Das Wissen um die Symptome kann zu einer früheren Diagnose beitragen. So weisen ständige Konflikte im Privat- und Berufsleben, regelmäßige emotionale Krisen und häufige Beziehungsabbrüche auf das Vorliegen einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung hin. Der Test basiert auf den offiziellen Diagnose-Kriterien und kann daher Aufschluss darüber geben, wie wahrscheinlich die Erkrankung im individuellen Fall ist.

Borderline-Test auch für Angehörige und Partner

Der Borderline-Selbsttest ist auf Betroffene ausgerichtet, die den Verdacht haben, emotional-instabil zu sein. Jedoch können auch Angehörige und Partner:innen den Test machen, wenn sie Anzeichen der Borderline-Erkrankung bei einem Familienmitglied bzw. dem/der Partner:in erkennen. Doch der Test sollte in keinem Fall zur Fremddiagnose genutzt werden. Deutet das Testergebnis auf die Borderline-Störung hin, ist es sinnvoll, mit dem/der Betroffenen über den Verdacht zu reden und gemeinsam über mögliche Handlungsschritte, wie den Besuch eines/einer Psychotherapeut:in, zu sprechen.

Woran erkennt man Borderline?

Eines der Symptome, das am häufigsten im Rahmen einer Borderline-Störung auftritt, ist selbstverletzendes und selbstschädigendes Verhalten. Die Selbstverletzungsrate liegt zwischen 70 und 80 Prozent. Betroffene ritzen sich mit Rasierklingen oder Messern oder fügen sich Verbrennungen zu. Fünf bis zehn Prozent der Betroffenen begehen mindestens einmal einen Suizidversuch. Dazu kommt häufig Alkohol- und Drogenmissbrauch sowie riskantes (Sexual)verhalten.

Das selbstschädigende Verhalten ist eine Folge der Gefühlsstürme, die viele Betroffene als unerträglich beschreiben. Nicht nur können ihre Emotionen extrem wechselhaft sein, sondern auch viel intensivier als bei gesunden Menschen. Jede Kleinigkeit kann Betroffene von einer auf die andere Sekunde in rasende Wut, große Verzweiflung oder tiefe Trauer stürzen. Die Gefühle sind zwar von kurzer Dauer, aber sie hinterlassen eine innere Anspannung, die Betroffene z.B. durch Selbstverletzung oder Alkohol aufzulösen versuchen. Das kurzzeitige intensive Gefühlserleben wechselt sich ab mit einem chronischen Gefühl von Leere und Langeweile, was riskantes Verhalten und eine stetige Suche nach „Adrenalinkicks“ provozieren kann.

Doch nicht nur die Gefühle, sondern auch die Gedanken, Einstellungen und Ziele können sich bei Menschen mit Borderline schlagartig ändern – denn das Handeln folgt inneren Impulsen. Das führt z.B. dazu, dass Betroffene ihre Beziehungspartner:innen im Wechsel idealisieren und abwerten, eine Freundschaft nach einer harmlosen Meinungsverschiedenheit beenden oder ihren Job kündigen, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen.

Diese Unbeständigkeit sorgt besonders in engen Beziehungen für ständige Konflikte und emotionale Krisen. Belastend für eine Beziehung sind zudem widerstreitende Ängste, unter denen Borderliner oftmals leiden: Sie haben Angst davor, verlassen zu werden, aber auch Angst vor zu viel Nähe. Darum können sie ein widersprüchliches Beziehungsverhalten an den Tag legen – sie können sowohl klammern als auch abweisend sein.

Borderline-Selbsttest: Verschiedene Borderline-Typen beachten

Damit die Diagnose Borderline gestellt werden kann, müssen gemäß ICD-10 mindestens fünf von insgesamt neun Kriterien erfüllt sein. Diese betreffen das Gefühlserleben, die Impulsivität, die Wahrnehmung und die zwischenmenschlichen Interaktionen. Trotz der klaren Diagnosekriterien ist es selbst für Fachärzt:innen oftmals nicht leicht, die Borderline-Störung zu erkennen, da sie sich mit vielen anderen Störungsbildern überschneidet, unter anderem mit der narzisstischen, selbstunsicheren, dissozialen und histrionischen Persönlichkeitsstörung.

Ähnlichkeiten bestehen auch zum Symptombild von ADHS und der Posttraumatischen Belastungsstörung. Sogenannte Komorbiditäten, also das Vorkommen mehrerer psychischer Erkrankungen, sind bei Betroffenen zudem sehr häufig anzutreffen: Die Borderline-Störung geht oft Hand in Hand mit Angst- und Panikstörungen, Depressionen und Zwangsstörungen.

Hinzu kommt, dass die Symptome unterschiedlich ausgeprägt sind und verschiedenartig in Erscheinung treten. So differenziert man zwischen dem impulsiven Typus und dem Borderline-Typus: Bei Ersterem überwiegen die Schwierigkeiten, Gefühle zu regulieren. Betroffene, die den Borderline-Typus aufweisen, zeigen hingegen mehr Beeinträchtigungen im Selbstbild und im zwischenmenschlichen Bereich.

Typische Symptome wie selbstschädigendes Verhalten können zudem gänzlich fehlen oder für andere (oder gar für die Betroffenen selbst) nicht als solche identifizierbar sein. Selbstschädigendes Verhalten kann beispielswese auch so aussehen, dass man hungert, unvernünftig viel Geld ausgibt oder ungeschützten Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partner:innen hat. Außerdem agieren nicht alle Betroffenen Gefühle von Wut oder Hass aus. Negative Gefühle können auch nach innen gerichtet sein, wenn etwa die Angst vor Ablehnung oder dem Verlassenwerden überwiegen.

Borderline-Persönlichkeitsstörung: Test dient nicht der Selbstdiagnose

Der Borderline-Test kann hilfreich sein, wenn man bei sich selbst oder bei einer nahestehenden Person die Persönlichkeitsstörung vermutet. So deutlich das Ergebnis auch scheinen mag, sollte der Test weder für eine Selbst- noch für eine Fremddiagnose genutzt werden. Stattdessen sollte ein positives Testergebnis dazu veranlassen, einen Termin bei einem/einer Psychotherapeut:in zu vereinbaren. Nur eine eingehende Anamnese kann Aufschluss darüber geben, ob bzw. welche psychische Erkrankung besteht – der Borderline-Test ist nur ein Hinweisgeber, der ohne ärztliche Beurteilung nicht genug Aussagekraft hat.

Quellen:

Borderline Persönlichkeitsstörung, in: oberbergkliniken.de

Was ist eine Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)?, in: neurologen-und-psychiater-im-netz.org