Was ist eine bipolare Störung?

Obwohl in Deutschland rund vier Millionen Menschen darunter leiden, ist das Wissen darüber, was eine bipolare Störung ist, nicht weit verbreitet. Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten – hier erfahren Sie alles über die bipolare Störung.

Eine Frau sitzt im Dunkeln mit gesenktem Kopf am Fenster
Eine bipolare Störung kann in verschiedener Ausprägung auftreten Foto: istock_kaipong
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Die bipolare Störung gehört zu den schwersten psychischen Erkrankungen. Sie geht mit einem hohen Leidensdruck einher und kann für das Leben der Betroffene gravierende Konsequenzen haben. Oft vergehen aber Jahre, bis die Störung richtig diagnostiziert wird. Denn die Symptome sind nicht immer stark ausgeprägt. Doch was ist eine bipolare Störung überhaupt und wie äußert sie sich? 

Was ist eine bipolare Störung?

Stimmungsschwankungen kennt vermutlich jeder Mensch. An manchen Tagen fühlt man sich glücklich, das Leben ist heiter und unbeschwert und alles geht einem leicht von der Hand. Dann wiederum gibt es Tage, an denen man sich bereits beim Aufwachen niedergeschlagen fühlt. Die Welt wirkt trist und grau und alles erscheint anstrengend und mühsam. Solche gelegentlichen Stimmungsschwankungen sind völlig normal und meistens eine Reaktion auf bestimmte Situationen und Lebensumstände.

Bei der bipolaren (affektiven) Störung, die einige Ärzte auch als manisch-depressive Erkrankung bezeichnen, gehen die Stimmungsschwankungen weit über dieses normale Maß hinaus. Die Stimmung pendelt unabhängig von der Lebenssituation und ohne konkreten Anlass wie bei einer Achterbahnfahrt zwischen den Extremen hin und her – von „himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt“. Phasen schwerer Depression und Schwermütigkeit und sogenannte manische Phasen mit intensivem Hochgefühl und überschäumender Euphorie lösen sich gegenseitig ab und können sich ohne Unterbrechung über viele Monate oder sogar Jahre hinziehen.

Die Betroffenen fühlen sich diesem Wechselbad der Gefühle meistens hilflos ausgeliefert und sind kaum in der Lage, ihre Stimmung selbst zu beeinflussen. Die bipolare Störung wirkt sich allerdings nicht nur auf die Stimmung aus, sie verändert auch das Denken, das Handeln und den körperlichen Zustand der betroffenen Menschen. Das geht sogar so weit, dass Betroffene Symptome einer Psychose zeigen und sich Dinge einbilden - etwa eine lebende Leiche zu sein (Cotard-Syndrom). In manchen Fällen ist die psychische und soziale Beeinträchtigung durch die Erkrankung so schwerwiegend, dass ein normaler Alltag nicht mehr möglich ist.

Vier Formen der bipolaren Störung

Die bipolare Störung ist kein einheitliches Krankheitsbild und verläuft individuell sehr unterschiedlich. Vor allem die Schwere und die Länge der einzelnen Episoden kann sehr verschieden sein. Grundsätzlich unterscheiden Ärzte vier Formen der bipolaren Störung:

  1. Bipolar-I-Erkrankungen sind durch einen Wechsel von stark ausgeprägten Manien und schweren Depressionen gekennzeichnet.
  2. Bei den Bipolar-II-Erkrankungen sind die manischen Phasen kürzer und weniger stark ausgeprägt als bei der Bipolar-I-Erkrankung. Man bezeichnet solche Episoden auch als Hypomanien. Hypomanische Episoden sind oft sehr schwer festzustellen und das Krankheitsbild ist nur schlecht von einer reinen Depression zu unterscheiden.
  3. Eine besondere Form der bipolaren Störung ist das Rapid Cycling, das viele Betroffene als extrem belastend beschreiben. Beim Rapid Cycling kommt es zu einem besonders schnellen Wechsel der Episoden. Innerhalb von 12 Monaten treten mindestens vier manische, hypomanische oder depressive Phasen auf.
  4. Bei den gemischten Episoden treten Symptome von Depression und Manie entweder in extrem schnellem Wechsel oder gleichzeitig auf. Das Krankheitsbild ist bei solchen Mischzuständen sehr variabel und schwer zu diagnostizieren.

Eine bipolare Störung wird oft spät erkannt

Die bipolare Störung ist eine relativ häufige psychische Erkrankung. Experten schätzen, dass bis zu fünf Prozent der Bevölkerung davon betroffen sind. Das entspricht alleine in Deutschland ca. vier Millionen Menschen. Die Krankheit beginnt meistens im jugendlichen bis jungen Erwachsenenalter. Zwar ist die Anfälligkeit für eine bipolare Störung angeboren, jedoch spielen auch das soziale Umfeld und belastende Lebensereignisse eine wichtige Rolle. 

Da Stimmungsschwankungen gerade in der Pubertät aber auch bei gesunden Jugendlichen nicht ungewöhnlich sind, wird die bipolare Störung zu dieser Zeit oft noch nicht als solche erkannt. Noch heute vergehen zwischen der ersten Episode und der Diagnose durchschnittlich fünf bis zehn Jahre. Die psychische und soziale Entwicklung der Betroffenen ist zum Zeitpunkt der Diagnose deshalb oft schon nachhaltig gestört. Es ist deshalb besonders wichtig, die Anzeichen einer bipolaren Störung möglichst früh zu erkennen und so schnell wie möglich medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zwar ist eine bipolare Störung derzeit noch nicht heilbar, eine angemessene Behandlung kann die Situation der Patienten aber erheblich verbessern.