Die Plazenta – ein Organ, das verbindet

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Schematische Darstellung einer Plazenta im Mutterleib
Die Plazenta – ein Organ, das verbindet Foto: iStock
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Die Plazenta – ein Organ, das verbindet

Laut Medizinern ist die Plazenta das am wenigsten wissenschaftlich untersuchte Organ des Menschen. Grund genug für PraxisVITA wissenswertes rund um die Plazenta vorzustellen.

Der Mutterkuchen, wie die Plazenta auch genannt wird, ist ein temporäres Organ, das nach der Geburt des Kindes abstirbt. Darin liegt ein Grund, weshalb es für Wissenschaftler schwer ist, das Organ zu untersuchen: Kurz nach der Geburt verliert es sämtliche seiner Funktionen. Wenn Mediziner oder Hebammen die Plazenta in den Händen halten, stellt dies eine Momentaufnahme dar. Ihre Aufgaben hat sie bereits vorher während der Schwangerschaft erfüllt. Vor einer Untersuchung der Plazenta im Mutterbauch schrecken Mediziner bisher jedoch zurück, da sie das ungeborene Kind nicht schädigen wollen.

Die Plazenta arbeitet wie eine Schranke: Nährstoffe werden zum Baby durchgelassen, viele schädliche Substanzen müssen draußen bleiben

Die Plazenta besteht aus dem Gewebe des Embryos und der Mutter. Über die Nabelschnur ist der Embryo mit der Plazenta verbunden. Für die Gesundheit des ungeborenen Kindes ist der Mutterkuchen essentiell, da er eine wichtige Schrankenfunktion erfüllt: Abfallprodukte des Kindes werden hinaus zum mütterlichen Gewebe gefiltert, wo sie abtransportiert werden. Nährstoffe, Sauerstoff und Immunglobuline werden in das Innere der Plazenta und dann über die Nabelschnur zum Baby geleitet. Allerdings gelangen auch schädliche Stoffe zum Ungeborenen, etwa Alkohol, Gifte, Drogen und Medikamente. Die Schrankenfunktion der Plazenta schafft es nicht, sämtliche gesundheitsschädigenden Stoffe vom Kind fernzuhalten. Ein Grund, weshalb Mütter während der Schwangerschaft auf keinen Fall Alkohol und Drogen konsumieren sollten.

Mediziner vermuten: Die Plazenta legt den Grundstein für die spätere Gesundheit des ungeborenen Kindes

Mediziner gehen davon aus, dass bereits in der Plazenta die Basis für Krankheiten im Erwachsenenalter gelegt wird. Dazu zählen: Diabetes (Typ II), Bluthochdruck und das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden. Inwieweit diese Hypothese tatsächlich zutrifft, müssen Wissenschaftler in Zukunft weiter erforschen. Ungeklärt ist ebenso die Frage, inwiefern Totgeburten mit einem funktionsgeschädigten Mutterkuchen zusammenhängen. Laut wissenschaftlichen Erhebungen werden jedes Jahr in Deutschland etwa 2500 Kinder tot geboren. Die Hälfte der Todesfälle bleibt ungeklärt. Mediziner gehen davon aus, dass in vielen Fällen eine Störung der Plazenta der Grund ist.

Kurz nach der Geburt löst sich die Plazenta von der Gebärmutter

Die Plazenta wird nach der Geburt des Babys als sogenannte „Nachgeburt“ abgestoßen. Dieser Vorgang dauert wenige Minuten oder etwa eine Stunde. In der Regel spürt die Mutter ein weiteres Mal Wehen, woraufhin sich die Gebärmutter zusammenzieht. Die kleinen Gefäße, die die Plazenta mit der Gebärmutter verbinden, reißen und der Mutterkuchen gleitet mit der Nabelschnur voran in die Vagina der Mutter. Hierfür ist ein leichtes Mitdrücken der schwangeren Frau erforderlich. Die Mutter hat bei dieser „zweiten Geburt“ meistens keine Schmerzen und einen geringeren Blutverlust als bei der Entbindung ihres Kindes.

In vielen Ländern wird der Plazenta eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt

Um die Plazenta hat sich in vielen Ländern ein Kult entwickelt. In Teilen Asiens und Afrikas verehrten die Menschen den Mutterkuchen als Zwilling oder Geist des geborenen Kindes. Männern wurde die Plazenta zum Verzehr empfohlen, wenn diese unter Unfruchtbarkeit oder Impotenz litten. In den USA machten vor einigen Jahren prominente Persönlichkeiten Schlagzeilen, als sie die Plazenta ihrer Kinder zu Tabletten verarbeiten ließen und diese schluckten. Eine Stärkung des Immunsystems sowie eine verbesserte Mutter-Kind-Beziehung waren nur zwei von vielen Wirkungen, die sich die Prominenten davon versprachen.

Mediziner warnen: Die Plazenta zu essen, kann Mutter und Kind schädigen

Laut Medizinern gibt es keine wissenschaftlichen Studien, die eine gesundheitsfördernde Wirkung der Plazenta belegen. Im Gegenteil: Forscher entdeckten nicht nur schädliche Bakterien, sondern auch Blei und Quecksilber in der Plazenta. Daher raten sie Müttern vom Verzehr der Plazenta ab, um sich selbst und ihr Kind nicht zu schädigen. Denn über die Muttermilch können gefährliche Erreger, die aus der Plazenta stammen, an das Kind weitergegeben werden. Quecksilber und Blei gelangen auf zwei Wegen in die Nahrung des Kindes: Beide Metalle passieren die Plazentabarriere, sodass bereits das Ungeborene im Mutterbauch über die Ernährung mit den Schadstoffen in Berührung kommt. Nach der Geburt nimmt das Baby Blei und Quecksilber über die Muttermilch  auf. Beide Metalle geraten durch die Ernährung (Meeresfrüchte, Fisch) bzw. durch Auto- und Industrieabgase in die Umwelt und damit in den mütterlichen Körper. Aktuell halten Experten die Blei- und Quecksilberbelastung allerdings für gering. In Einzelfällen könnten jedoch kritische Werte erreicht werden.

Gewöhnlich wird die Plazenta in der Geburtsklinik entsorgt

Was also tun mit der Plazenta? Nach der Geburt wird die Plazenta in der Regel automatisch in der Klinik vom Personal entsorgt oder für Forschungsprojekte weiterverwendet. Sofern Eltern angeben, dass sie die Plazenta behalten möchten, können sie diese mit nach Hause nehmen. Erlaubt ist zwar die Entsorgung im Hausmüll. Mediziner empfehlen jedoch, die Plazenta in einer Klinik abzugeben, damit diese fachmännisch entsorgt wird.  

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